Die Sägewerksbranche sei längst globalisiert. Das kann nicht stimmen, zeigte die International Softwood Conference, welche in der Vorwoche in Berlin stattfand. Der Atlantik teilt die Branche nach wie vor, wie zwei Zitate illustrieren. Christian Provost vom kanadischen Holzgroßhändler Boscus berichtete von einem „guten Jahr“ in Nordamerika und die Aussichten für 2015 seien ebenfalls „pretty good“. Norvik Timber-CEO Sampsa Auvinen schloss dagegen seinen Marktreport mit der Erkenntnis, dass die Schnittholzpreise in Europa unter Druck bleiben, wenn die Sägewerke nicht ihrer Produktion drosseln würden. Um das Fazit vorwegzunehmen: Zum Schluss der Konferenz fragte der Moderator (der auch Autor dieser Zeilen ist), ob die Sägewerke denn wirklich ihre Einschnitte reduzieren würden? Auvinens Antwort: „Wir haben hohe Fixkosten. Eine Reduktion ist daher eine schwere Entscheidung. Ich appelliere an die Branche, Wartungs- und Weihnachtsferien zu verlängern. In unserem Unternehmen haben wir die Finger schon an der Handbremse. Wenn es noch schwieriger wird, ziehen wir sie.“
Rundholzhandel boomt
Die Frage, ob es überhaupt genügend Rundholz gebe, ist regional unteschiedlich zu beantworten:Die Nadelrundholz-Versorgung in Europa war in der ersten Jahreshälfte überraschend gut, verschärft sich aber.
Russland hat vor allem im Nordwesten (Sankt Petersburg bis Archangelsk) witterungsbedingt massive Versorgungsprobleme. Der amtliche Hiebssatz von 700 Mio. fm/J wird aufgrund fehlender Infrastruktur nur zu einem Drittel genutzt. 2013 erntete Russland 129 Mio. fm Nadelrundholz. Der erleichterte Export nach dem WTO-Beitritt kommt der EU kaum zugute. Europa nutzt die Ausfuhrquote nur zu 15 % – China dagegen zu 75 %.
In kanadischen Wäldern schlagen Ernterestriktionen aufgrund der Käferkalamität (Britisch-Kolumbien) und des reduzierten Hiebssatzes (Quebec und Ontario) durch.
Im Südwesten der USA gibt es genug Sumpfkiefer-Rundholz (Southern Yellow Pine) für 20 bis 30 Millionen-Sägewerke – gebaut wird gegenwärtig nur eines (Klausner). Nun werden erste Rundholzmengen aus dem Südwesten nach China exportiert. Die Ausfuhr nach Europa, die wegen des Preises interessant sein könnte, ist wegen phytosanitärer Auflagen unmöglich.
China hat – ähnlich wie Japan – große Teile seines Forstes unter Schutz gestellt und ist zunehmend auf Importe angewiesen.
In Europa wird der Rundholzexport nach China zunehmend kritisch gesehen. In Frankreich gab es Demonstrationen von Sägern gegen den Verkauf der Bloche nach Ostasien. Die Vereinigung der europäischen Sägewerke (EOS) reagiert auf diese Problematik mit dem Ruf nach Einhaltung der phytosanitären Vorschriften. Offenbar werden diese beim Rundholzexport zum Teil umgangen. Es gibt Länder, wo sie laxer gehandhabt werden, wogegen die Verarbeitungsindustrie protestiert.
Wo man baut, da lass‘ dich nieder
Absolut gesehen, verblassen die Baumärkte aber allesamt vor China. Im Vorjahr wurden dort 11,5 Millionen Wohnungen errichtet. Das ist vier Mal mehr als in Japan (908.000), Russland (899.000) und den USA (764.000) zusammen. Fraglich ist, wie sich China weiterhin entwickeln wird. Langen rechnet mit einer Reduktion des Wohnungsneubaus bis 2016 um 8 %.
Sanktionen machen Sägewerke lukrativ
Von einem wirtschaftlichen Paradoxon profitieren gegenwärtig Russlands Sägewerke. Das zeigte der Vortrag von Ilim-Timber-Geschäftsführungsmitglied Slava Bychkov. Die Sanktionen und der wirtschaftliche Abschwung führten aus drei Gründen zu einer Steigerung des Schnittholzexports:Der Rubel ist auf Rekordtief. Gegenüber dem US-Dollar verlor er im vergangenen Jahr um 25 % an Wert. Das macht die Exporte lukrativ.
Da es schwierig ist, Investitionen in Rubel zu stemmen, brauchen die Betriebe Exporterlöse.
Wegen konjunktureller Schwierigkeiten im Land sinkt der Schnittholzbedarf Russlands.
Erholung in USA läuft langsamer, als gedacht
Die Vereinigten Staaten waren einst wichtiger Abnehmer europäischen Schnittholzes. Man war sich einig, dass der Markt wieder zurückkommt, fraglich ist, wann. Der Wohnbau erholt sich wesentlich langsamer, als prognostiziert. Analyst Russ Taylor von der International Wood Markets Group rechnet damit, dass sich 1,5 Millionen Wohnungen pro Jahr als neues Normalniveau einpendeln werden. Heuer sollten aber gerade mal die Millionengrenze überschritten werden. Die Rückkehr zu 1,5 Millionen sollte – vorsichtig formuliert – bis 2018 dauern. Bei konjunkturellen Rückschlägen sei es unsicher, ob diese Schwelle noch in diesem Jahrzehnt erreicht werde. Was heißt das für europäische Sägewerke? Ab dem kommenden Jahr sollten die Nadelschnittholz-Exporte über den Atlantik wieder deutlich zunehmen. Heuer importieren die USA rund 800.000 m3 aus Europa (von insgesamt 20,5 Mio. m3). Diese Menge sollte 2015 auf 2,4 Mio. m3 und 2016 auf 4 Mio. m3 steigen. 2018 – also beim neuen Normalniveau von 1,5 Millionen Wohnbauten pro Jahr – müssten die USA dann 4,8 Mio. m3 aus Europa importieren, um ihren Nadelschnittholz-Bedarf zu decken. Das klingt nicht negativ. Eine Schnittholz-Megakonjunktur, die Taylor „Super-Cycle“ taufte, scheint aber zusehends unwahrscheinlicher (s. Interview Holzkurier Heft 37, S. 6–7).Maghreb wird weiterwachsen
Ägypten werde aufgrund seiner Demografie ebenfalls ein immer wichtigerer Holzkäufer werden, sagte Jan-Gustaf Roempke vom Handelshaus ARA Timber mit Niederlassungen in Schweden und Dubai. 2013 baute Ägypten 363.000 Wohnungen. Das könnte bis 2020 auf 572.000 steigen.
EPD: Das wird alles sehr kompliziert
Kopfschütteln löste ein (fachlich ausgezeichnet vorbereiteter) Vortrag über die Environmental Product Declaration (EPD) von Stefan Diederichs aus. Der Mitarbeiter des Hamburger Thünen-Instituts zeigte, anhand welcher Werkzeuge die Umweltfreundlichkeit von Holz künftig bemessen wird. Das Frustrierende dabei: Allein in der EU hat man es mit 18 Standards und Berechnungsschemen zu tun. Sägewerke müssen daher – je nach Markt – unterschiedliche Zertifikate und Labels bereitstellen können. Die heißen mitunter ähnlich, werden aber von Land zu Land unterschiedlich berechnet. Noch dazu sind sie nicht überall mit der gleichen Verbindlichkeit vorgeschrieben. In Deutschland werden Sägewerke vermutlich bei allen Investitionen der öffentlichen Hand eine EPD (laut deutscher Berechnung) nachweisen müssen.Mittelfristig nicht so schlecht
Steffen Rathke lobte als Präsident des Veranstalters DeSH die Offenheit der Teilnehmer und die Aussagekraft der Vortragenden: „Es wurde deutlich gezeigt, welche Korrekturen Währungsschwankungen und politische Krisen haben können.“ Fachverbandspräsident Christoph Kulterer zog als Vertreter der österreichischen Delegation ein ambivalentes Fazit. Die mittelfristigen Ansichten seien nicht so übel. In den kommenden sechs Monaten sieht Kulterer aber „eine größere Konjunkturdelle“ auf uns zukommen. Langfristig wird sich Österreich zunehmend in der Weiterverarbeitung stärken und auf neuen Exportmärkten umsehen müssen. „Nur Deutschland und Italien sind zu wenig.“Wie die Sägeindustrie der EOS-Länder auf die Rahmenbedingungen reagiert und welche Produktionsmengen vorhergesagt werden, analysiert der Holzkurier in seiner kommenden Ausgabe.