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Holzbau Archiv © DI (FH) Martina Nöstler

Ein Produkt mit Reifeprüfung

Ein Artikel von Hannes Plackner | 03.07.2013 - 10:17
Der Brettsperrholzmarkt boomt weiter. Dabei entwickelt sich BSP von einem innovativen Baustoff für Pilotprojekte zunehmend zum Massenprodukt. Das massive Holzbauelement macht die ersten Phasen eines vielversprechenden Produktlebenszyklus durch. Dass sich Technologie, Verarbeitung und Marktstrukturen im Zuge dessen wandeln, ist nur logisch. Gegenwärtig gibt es drei große Trends:
    InternationalisierungStandardisierungProduktoptimierung

Sprung über die Grenzen

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Holzbau Archiv © DI (FH) Martina Nöstler

Seit Beginn der industriellen BSP-Fertigung waren stets über 60 % der Weltproduktion in Österreich beheimatet. Das könnte bald vorbei sein. Zahlreiche neue Anlagen sind in Planung, allen voran in Deutschland. Aber auch Frankreichs erste BSP-Fertigung hat unlängst ihren Betrieb aufgenommen. Und in Osteuropa wachsen mehrere Großproduzenten heran, wenn diese auch mit Verzögerungen zu kämpfen haben.
Der Grund für die Internationalisierung ist klar. Die Schweiz und Österreich haben im vergangenen Jahrzehnt bewiesen, dass BSP wirtschaftlich sinnvoll ist. Der Verkaufspreis erlaubt den Herstellern, Gewinne zu erzielen. Gleichzeitig sehen die Käufer genug Vorteile gegenüber Riegelbau, Ziegel und Beton, welche die Mehrkosten aufwiegen. Zudem ermöglicht der Baustoff bisher Ungeahntes in Holz – etwa ein 6 ha großes Shoppingcenterdach (G3, Gerasdorf bei Wien) einen 140 m hohen Windkraftturm (Timbertower, Hannover) oder zehngeschossige Wohnbauten (Forté Tower, Melbourne). Wie viel Brettsperrholz exportiert wird, lässt sich aus den Außenhandelsstatistiken leider nicht ablesen. Dabei wäre die Etablierung einer Warennummer für BSP wünschenswert, um einen transparenten Markt zu schaffen.
Auch ohne detaillierte Importzahlen stellt man sich in den Exportmärkten die (berechtigte) Frage: „Wieso muss ich das Holz aus Europa importieren?“ Antwort: „Weil es noch keinen heimischen Produzenten gibt“ – die Betonung liegt auf „noch“. Neuseeland hat im vergangenen Jahr seine erste BSP-Fertigung in Betrieb genommen. In Schottland spekuliert man schon länger über eine Großproduktion. Die britische Regierung möchte Massivholz gezielt im Sozialbau einsetzen. Der Aufbau einer lokalen Wertschöpfungskette soll ordentlich mit Subventionen gedüngt werden.

Die Norm ist endlich absehbar

Nachhaltige Auswirkungen wird die Veröffentlichung der Norm „EN 16351 Holzbauwerke – Brettsperrholz – Anforderungen“ haben. Das geschieht noch im laufenden Jahr, sofern die CEN-Mitglieder zustimmen. Dieses Dokument darf als Reifeprüfungszeugnis für das Produkt gesehen werden. Damit ist europaweit festgelegt, wovon wir sprechen, wie das Produkt geprüft wird und – in groben Zügen – welche Eigenschaften zu erfüllen sind. Zwei bedeutende Einschränkungen hat die Norm: Sie gilt nur für verleimte Produkte und vollvolumige Elemente.
Die Norm birgt aber auch Gefahren für die Hersteller. Das Produkt wird austauschbar – spätestens, wenn sich die Hersteller freiwillig auf einheitliche Lamellenstärken (2, 3, 4, 6 cm) einigen. Von den bedeutendsten Herstellern haben Stora Enso und Mayr-Melnhof Kaufmann diesen Schritt konsequent umgesetzt.
In Deutschland sind von der Studiengemeinschaft Holzleimbau erstmals Definitionen zu den BSP-Oberflächenqualitäten herausgegeben worden (s. S. 18). Das erleichtert die Unterscheidung zwischen Sicht-, Industriesicht- und Industriequalität.

Nun beginnt das Holzsparen

Systematischer Nachteil bei BSP ist der große Holzeinsatz. Das entwickelt sich bei steigenden Rund- und Schnittholzpreisen zum Wettbewerbsnachteil. Optimierungspotenzial gibt es genug. Statisch sind die Massivholzwände und -decken zumeist unterfordert. Bei Einfamilienhäusern setzen sich daher eher schwächere Aufbauten durch. Holz lässt sich auch durch teilweise hohle Elemente sparen, wobei diese von der kommenden Norm nicht abgedeckt werden. Mehrere Maschinenbauer bieten Lösungen an, um Türen, Fenster und Giebelausschnitte freizulassen. Eine erste Produktion in industriellem Maßstab ist in Österreich bereits in Betrieb gegangen. Eine weitere in Deutschland setzt das Konzept im kleineren Rahmen um. Bis zu 20 % Rohmaterial lassen sich damit einsparen, versprechen die Maschinenbauer.

Frage nach dem Vertrieb

Eine Schlüsselfrage bei BSP ist der Vertriebskanal. Lagerhaltung von Standardelementen setzte sich bislang nicht durch. Das über Händler vertriebene Volumen steigt zwar, läuft aber im Streckengeschäft. Zimmerer haben eine zwiespältige Meinung zu BSP. Beim Zusammenbau fertig abgebundener Elemente bleibt wenig Wertschöpfung. Anders ist das beim Objektbau.
„Wichtig ist der Zugang zu Großprojekten“, meint ein Manager eines international tätigen BSP-Herstellers. Das ist nachvollziehbar. Gerade bei Großbaustellen spielt BSP seine Vorzüge (schnell, trocken, hochwertig) voll aus. In dieser Hinsicht darf auch das Engagement von Züblin, Stuttgart, nicht unterschätzt werden. Im März wurde die ehemalige Merk/Finnforest/Metsä Wood-Produktion in Aichach/DE übernommen. Damit liegt die Strabag-Tochter mit einer geschätzten BSP-Produktion von 35.000 m3/J in den Top5 Europas.