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Schema der Lenzing-Produkte © Lenzing

Die Bioraffinerie

Ein Artikel von Hannes Plackner (Für Timber-Online bearbeitet) | 30.06.2015 - 13:57
Wer an Holz als Hochleistungswerkstoff denkt, kommt unweigerlich auf Zellulosefasern. Welches Potenzial etwa in diesem nachwachsenden Rohstoff steckt, zeigt der Faserhersteller Lenzing aus dem gleichnamigen Städtchen in Oberösterreich. Buche wird dort für seidenweiche Stoffe und über Umwegen sogar für die Lebensmittelindustrie aufbereitet.
Der börsennotierte Konzern veredelt die im Holz enthaltene Zellulose auf chemischem Weg zu Viscose und Modal, mit physikalischen Prozessen zu Lyocell (s. Kasten). Damit gleichen die Fasern in ihrer chemischen Zusammensetzung natürlicher Baumwolle. Lenzings Fasern vereinen die natürlichen Trageeigenschaften von Naturfasern mit den Vorteilen von Kunstfasern, wie mit deren Reinheit oder konstanter Qualität.

1 Mio. t/J Holz wird verarbeitet

Verkauft werden die Fasern an die globale Textil- und Hygieneindustrie. Davor passiert einiges: Aus dem Holz entsteht Zellstoff, der in Folge zu Fasern verarbeitet wird. Diese dienen zur Herstellung von Textilien oder Vliesen, etwa für den Einsatz in Wischtüchern.
Eine Besonderheit der Produktion in Lenzing ist die eigene, ins Faserwerk integrierte Zellstoffproduktion. Verarbeitet wird fast ausschließlich Buche. Gut die Hälfte des in Lenzing eingesetzten Holzes stammt aus Österreich, der Rest aus Nachbarländern. Lenzing verfügt über einen der modernsten Holzplätze Europas, der für eine Holzaufbereitung von rund 1 Mio. t/J ausgelegt ist.

Vom Holz zum Süßstoff

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Schema der Lenzing-Produkte © Lenzing

Gebleicht wird in Lenzing mit umweltfreundlichem Sauerstoff, Ozon und Wasserstoffperoxid. Die entstehende Fasermenge beeindruckt. So erzeugt Lenzing aus einer ausgewachsenen Buche Fasern für die Produktion von rund 1500 T-Shirts.
Der Standort versteht sich aber nicht nur als Faserlieferant, sondern vielmehr als Bioraffinerie. Buche enthält Inhaltsstoffe, die als Co-Produkte vermarktet werden und so die stoffliche Wertschöpfung erhöhen. Essigsäure aus Lenzing wird etwa in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Beim Viscosefaserprozess entstehendes Natriumsulfat kommt in Waschmitteln oder in der Glasindustrie zum Einsatz. Weitere Co-Produkte, wie Furfural oder Xylose, landen in zuckerfreien Süßstoffen. Heute wird in Lenzing mehr als die Hälfte des Holzes in vermarktbare Produkte umgewandelt. Der Rest dient als biogener Energieträger für die Zellstoff- und Faserproduktion.

Mit jeder Faser nachhaltig

Lenzing hat in seiner fast 80-jährigen Unternehmensgeschichte bahnbrechende technologische Errungenschaften für die Produktion von industriell gefertigten Zellulosefasern hervorgebracht. Durch geschlossene Produktionskreisläufe und höchste Effizienz gelingt es der Lenzinger Bioraffinerie, dauerhaft das Maximum aus dem verarbeiteten Holz zu holen und dabei die Umweltbelastung zu minimieren. Schließlich ist Lenzing mit jeder Faser ein nachhaltiges Unternehmen.

Drei Fasertypen für zahlreiche Anwendungen

Die Lenzing-Gruppe ist heute der einzige Produzent, der alle drei Generationen von industriell hergestellten Zellulosefasern global anbietet: Viscose, Modal und die Lyocellfaser TENCEL®. Jeder Fasertyp weist Eigenschaften aus, die ihn für spezifische Anwendungen prädestinieren. Lenzings Viscose punktet bei Textilien als Faser in modischen Stoffen und für Hygieneprodukte als reine und saugfähige Faser in Wischtüchern, Tampons oder Wundauflagen. Lenzing Modal zeichnet sich durch seine Weichheit aus. Es eignet sich vor allem für Luxustextilien, hochwertige Wäscheprodukte und Frottierwaren.

Mit der Lyocellfaser TENCEL® (einer eingetragenen Marke der Lenzing AG) wurde in den 1990er-Jahren ein neues Kapitel in der Fasergeschichte aufgeschlagen. Sie ist besonders umweltfreundlich in der Produktion und verfügt über einzigartige Qualitätseigenschaften. Materialien aus TENCEL® werden als „saugfähiger als Baumwolle, sanfter als Seide und kühler als Leinen“ beschrieben. Dementsprechend vielseitig ist das Einsatzgebiet. Die Faser wird etwa bei Matratzen und Bettwäschen, Heimtextilen, Sportbekleidung, Hygieneanwendungen und sogar in technischen Einsatzgebieten eingesetzt.