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170 m3 Brettsperrholz, teils in Sicht- und Industriequalität, wurden verbaut © Günther Jauk

„„Nur eine Renovierung“

Ein Artikel von Günther Jauk | 25.10.2016 - 15:22
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Eine weit auskragende Ebene in BSP forderte die beteiligten Holzbau-Experten © Günther Jauk

Eigentlich ist das Bauvorhaben in Leonding „nur“ eine Renovierung, die Jungreithmayr in enger Zusammenarbeit mit der Bauherrin plante. Die Grundmauern des ursprünglichen Gebäudes blieben erhalten, weiterer Wohnraum wurde auf selber Ebene dazugebaut und auf das Ganze dann eine zusätzliche auskragende Ebene aufgesetzt. Neben der Größe des Zubaus sind es die vielen Detaillösungen, die das Projekt zu etwas Besonderem machen. Genau dort konnte Frischeis seine Kompetenzen als Schnittstelle zwischen Architekt, Holzbaubetrieb und Industrie ausspielen.

Musterhaus überzeugt

Keine zwei Jahre ist es her, seit die Bauherrin zum ersten Mal an Jungreithmayr herantrat und ihm von ihren Zubauplänen erzählte. Damals war noch alles offen, selbst die Wahl des Baustoffes stand noch nicht fest. Geändert hat das der Besuch eines Musterhauses. Geplant hat und bewohnt wird es von Jungreithmayr selbst. Immer wieder bemerkt der Diplomingenieur für Architektur dasselbe Phänomen: „Zeigt man den Leuten eine verleimte Platte, kann sich niemand etwas darunter vorstellen. Wenn sie aber ein BSP-Haus betreten, spüren sie sofort die Vorteile dieser Bauweise.“

Nachdem die Entscheidung für BSP gefallen und ein erster Entwurf gezeichnet war, trat Jungreithmayr mit dem Baumeister- und Zimmereibetrieb Simader in Kontakt. Das in diesem Fall ausführende Unternehmen bestätigte ihm die statische Machbarkeit des Bauvorhabens in BSP. „Bei Aufstockungen auf einen bestehenden Baukörper hat Holz aufgrund des geringen Gewichts einen klaren Vorteil“, erklärt Roland Höfer von Simader.

Für jedes Projekt das optimale BSP

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Zufriedene Projektpartner: Roland Höfer, Joachim Jungreithmayr und Andreas Lexmüller (v. li.) © Günther Jauk

Mit der Suche nach dem passendem Brettsperrholz-Anbieter begann die Zusammenarbeit mit J. u. A. Frischeis. Bereits vor zehn Jahren erkannte Mitteleuropas führender Holzhändler das BSP-Potenzial und begann Kompetenzen, Mitarbeiter, Softwareinfrastruktur und Lieferantenbeziehungen aufzubauen. Der Service reicht von der statischen Vorbemessung über die Elementierung bis hin zur Bauphysik und zum Schallschutz. „Jeder BSP-Anbieter hat gewisse Vorzüge, aber nicht jedes Brettsperrholz ist für ein bestimmtes Bauvorhaben optimal“, erklärt der Linzer Holzbauverantwortliche, Andreas Lexmüller. Deshalb arbeitet Frischeis mit mehreren Lieferanten zusammen. In diesem Fall fiel die Entscheidung auf Binderholz. Ausschlaggebend waren letztendlich die größtmöglichen Plattenformate mit 3,5 mal 22 m. „Ein 3,2 m hohes und über die gesamte Rückwand verlaufendes Element konnten wir nur mit einer BBS XL-Platte von Binderholz realisieren“, begründet Lexmüller die Entscheidung. In Summe waren 170 m3 BSP nötig.

Mit Liebe zum Detail

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170 m3 Brettsperrholz, teils in Sicht- und Industriequalität, wurden verbaut © Günther Jauk

Die Herausforderung bei diesem Projekt lag für alle Beteiligten in einer Vielzahl an außergewöhnlichen Detaillösungen. Hier konnte Simader aufgrund langjähriger Erfahrung im Holzhausbau fachgerechte und normkonforme Lösungen anbieten und ausführen. So verschwinden großformatige, dreiteilige Hebeschiebetüren beim Öffnen vollständig in der Wand. Ein Detail am Rande: Die Fenster wurden zeitgleich mit den Wänden bestellt – eine Praxis, die in der Regel nur bei Massivholzbauten zur Anwendung kommt. Das gesamte Entwässerungssystem wurde innen liegend montiert, wodurch Dachrinnen nicht mehr zu sehen sind. Ebenfalls unsichtbar sind statisch aussteifende Elemente. Weder Unterzüge noch Stahlträger sind im Rohbau zu sehen. Ein weiterer, bei Einfamilienhäusern eher unüblicher Schritt war die Entkoppelung der Bauteile – eine Schallschutzmaßnahme, entwickelt von Getzner Wertstoffe, Bürs, bei der die Flanken der BSP-Elemente auf Sylodynstreifen aufliegen. Je nach zulässiger Linienlast (von 7,5 kN/m bis 150 kN/m) kommen unterschiedliche, farblich gekennzeichnete Streifen zum Einsatz. Trägt eine Flanke auf der Länge unterschiedliche Linienlasten, wechselt auch die Farbe des Bands. „Das erklärt die vielen bunten Streifen im Haus“, berichtet Lexmüller. Jungreithmayr fasst es, wie folgt, zusammen: „Es ist zwar kein Pilotprojekt, aber die Dichte an Sonderlösungen erforderte eine besonders enge Zusammenarbeit aller Beteiligten.“

Frischeis übernahm die zentrale Kommunikations- und Koordinationsarbeit. Nachdem mithilfe von hsbcad ein Detailplan erstellt wurde, erhielt Simader ein erstes Angebot. Frischeis setzt auf eine möglichst ehrliche Preisgestaltung. „Die Kosten rein nach Quadratmetern auszuweisen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, befindet Lexmüller. Hsbcad ermöglicht es Frischeis, jede Platte mit allen relevanten Informationen zu versehen und so die Kosten realistisch darzustellen. Da Frischeis diese Datenbank bei jeder Detailänderung aktualisiert, sind alle Beteiligten immer auf demselben Wissensstand.

Fristgerechte Lieferung

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Zur Schalldämmung liegen die Flanken des BSP auf Sylodynstreifen von Getzner auf © Günther Jauk

Die Planfreigabe für Binderholz erledigte ebenfalls Frischeis. Nachdem Planer und Zimmerer ihre Freigaben erteilten, kontrollierte das Frischeis-Holzbauteam nochmals die rund 200 Einzelteilzeichnungen und gab das Okay an Binderholz. Die Lieferung erfolgte fristgerecht im Sommer. Die Versetzung der Elemente dauerte zwei Wochen. „Hier war ebenfalls höchste Präzision gefordert“, erinnert sich Höfer. Durch den Anschluss und das Aufsetzen auf eine bestehende Bausub- stanz musste einfach alles genau passen. Da man am Ende keine statischen Träger sehen sollte, errichtete Simader für die Verbindung von Trägern und Elementen aufwendige Hilfskonstruktionen. Eine auskragende Platte muss beispielsweise seitliche Lasten von 18 t aufnehmen, ohne dass man es von außen sieht. Für die sichere Lösung derart kniffliger Probleme wurde zusätzlich noch das Innsbrucker Statikbüro Tragwerkspartner zt hinzugezogen.

Der Aufwand lohnt sich

Jetzt, am Ende des gemeinsamen Projektes, sind die Beteiligten stolz auf das Ergebnis. Für jedes Problem wurde eine passende Lösung gefunden und durch die Erfahrung und Professionalität der Unternehmen alle Vorgaben zeitgerecht erfüllt. „Es war zwar nicht immer einfach, aber genau solche He-rausforderungen machen unsere Arbeit interessant“, so die Projektpartner abschließend.