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Bis zu 65m lange Leimbinder kann das Unternehmen herstellen und montagefertig abbinden © Günther Jauk

Ein Plus für den Holzbau

Ein Artikel von Günther Jauk | 24.05.2016 - 16:11
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Bis zu 65m lange Leimbinder kann das Unternehmen herstellen und montagefertig abbinden © Günther Jauk

Mit einer neuen Generation an Melamin-Klebstoffen ist Akzo Nobel ein wesentlicher Schritt in Richtung emissionsarme Melamin-Verklebung gelungen. Der Grip Pro Plus emittiert im Vergleich zu konventionellen Systemen nur noch rund ein Zehntel an Formaldehyd und ist damit extrem emissionsarm. Die benötigten Presszeiten bleiben dabei unverändert. Eine durchgeführte Analyse des Eco-Instituts, Köln, gemäß dem deutschen Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB-Schema) ergab eine Formaldehyd-Konzentration nach 28 Tagen von nur 11 µg/m3. Der NIK-Wert, sprich die laut AgBB „niedrigste interessierende Konzentration“, liegt bei 100 µg/ m3. Geprüft wurde verklebtes BSH nach prEN 16516. Der R-Wert – eine dimensionslose Kennzahl, errechnet aus den Quotienten der tatsächlich auftretenden Konzentrationen einzelner flüchtiger organischer Verbindungen und der dazugehörigen NIK-Werte, dürfte maximal 1 betragen. Der ermittelte R-Wert des Prüfaufbaus liegt bei 0,17. Zudem ist der Grip Pro Plus im Gegensatz zu konventionellen MUF-Systemen kein CLP-klassifizierter Klebstoff. Das bedeutet, dass das Produkt im Sinne des EU-Rechts nicht als gefährlicher Stoff eingestuft wird.

Bis zu 65 m lange BSH-Elemente

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Das Auftragssystem von Leim und Härter bleibt dasselbe © Günther Jauk

Die Ersten, die ihre Werke ganzheitlich auf den neuen Klebstoff umstellten, waren die Holzbauspezialisten der Derix-Gruppe. Seit vergangenem Herbst verleimt das nordrhein-westfälische Unternehmen seine Zinkenstöße, Leimbinder und Brettsperrholzelemente ausschließlich mit Grip Pro Plus.
1925 gegründet, hat sich Derix in den vergangenen Jahrzehnten zu einem der führenden europäischen Ingenieurholzbau-Anbieter entwickelt. Die Jahresproduktionsmenge der beiden Standorte in Niederkrüchten und Westerkappeln beträgt 60.000 m3 BSH und 10.000 m3 BSP. Das Hauptaugenmerk legt Derix auf Industriebauten, aber auch öffentliche Projekte werden realisiert. Die Maximallänge von gebogenen Trägern liegt bei 65 m. Sämtliche Elemente bindet das Unternehmen vor der Auslieferung mit mehreren Bearbeitungszentren – das größte misst 78 m in der Länge – montagefertig ab.

Ein schlagendes Argument

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Poppensieker?&?Derix-Geschäftsführer Stefan Groot im Gespräch mit Dirk Leder von Akzo Nobel (v. li.) © Günther Jauk

Herausragende, gerade in Bau befindliche Projekte sind etwa ein Terminal am Flughafen Oslo, ein neungeschossiges Hotel in Amsterdam oder eine Messehalle in Stuttgart. Der Neubau in Stuttgart, die Halle Nummer 10, lehnt sich zwar in seiner Form an die bestehenden Gebäude an, ist aber die erste Halle, deren Dach nicht in Stahl-, sondern in Holzbauweise ausgeführt wird. Für Poppensieker & Derix-Geschäftsführer Stefan Groot ein wichtiges Signal, da er nicht andere Leimholzhersteller, sondern die Beton- und Stahlindustrie als schärfste Mitbewerber identifiziert: „Und da kann der Ingenieurholzbau mit Schlagworten, wie naturnah, Wohlfühlkomfort oder Nachhaltigkeit, punkten.“
Mit dem neuen Klebstoffsystem sieht Groot nun auch das letzte Argument gegen den Melamin-Holzleimbau – die ausgasende Leimfuge – entkräftet: „Der Grip Pro Plus öffnet uns Tür und Tor.“ Bestes Beispiel dafür ist der bereits erwähnte Kindergartenbau, der mit konventionellen Leimsystemen nicht realisiert worden wäre.

Die Seiten gewechselt

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Das neue Leimsystem kommt ganzheitlich bei BSH- und BSP-Elementen sowie Keilzinkenverbindungen zum Einsatz © Günther Jauk

Implementiert wurde das neue Leimsystem nach mehreren Testläufen innerhalb von zwei Wochen. Wichtig war Groot dabei die ganzheitliche und fristgerechte Umstellung. „Wir wollten einen Melamin-Klebstoff, der für alle unsere Anwendungen zugelassen ist. Denn nur so können wir die positiven Effekte auch überzeugend kommunizieren“, erklärt Groot. Akzo Nobel hat die Anforderungen erfüllt.
Dass das Thema Wohngesundheit in Zukunft einen immer höheren Stellenwert bekommen werde, ahnte Groot bereits vor einigen Jahren. In seiner damaligen Position als Direktor von Wood Finishes und Adhesives EMEA bei Akzo Nobel trieb er das Projekt „Melamin-Leim ohne freies Formaldehyd“ maßgeblich voran. Er ist also keiner, der das System auf gut Glück testet, sondern einer, der voll und ganz davon überzeugt ist. Bereits nach wenigen Monaten kann er bestätigen, dass der Nutzen des Grip Pro Plus die Mehrkosten bei Weitem überwiegt.

Besser für die Mitarbeiter

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Für die Mitarbeiter - hier in der BSH-Presse reduziert sich die VOC-Belastung ebenfalls maßgeblich © Günther Jauk

Ein weiterer wichtiger Punkt, mit dem sich Akzo Nobel gerade aus-einandersetzt, ist die Verbesserung des Arbeitsklimas. Erste Messungen an mehreren Arbeitsplätzen bei Derix zeigten gegenüber konventionellen MUF-Systemen eine deutliche Formaldehyd-Reduktion. „Zwar sind die Werte noch sehr ungenau, aber selbst bei einer Schwankungsbreite von 20% sind die Maximalwerte immer noch hervorragend“, erklärt Akzo Nobel-Verkaufsleiter Dirk Leder und ergänzt, dass dies auch hinsichtlich der Substitutionspflicht gemäß der deutschen Gefahrstoffverordnung noch eine wichtige Rolle spielen werde.