Jetzt durchhalten

Ein Artikel von DI Gerd Ebner | 26.07.2012 - 18:04
Ein Teil der Wertschöpfungskette Holz hat es schon geschafft. Er hat in einem Verkäufermarkt einen Preis umgesetzt, der als auskömmlich gilt: die Forstwirtschaft. Während in anderen Sparten die Urproduktion eher als letzte drankommt, war es bei uns eben umgekehrt. Es sei den Waldbesitzern vergönnt, gab es doch in den vergangenen Jahren sturmbedingt ganz andere Zeiten. 

In Normaljahren wird sich das Rundholzpreis-Niveau wohl immer auf ein Level wie das derzeitige einpendeln. Diese Richtung gibt die installierte Einschnittskapazität vor. Damit gilt es für Rundholzkäufer, eines zu schaffen, was derzeit einer Herkules-Aufgabe gleichkommt. Die Säger zahlen als Faustformel 10 €/fm „zu viel“ oder bekommen zumindest 15 €/m3 „zu wenig“. Das heißt: Ein Millionensägewerk, das an 210 Tagen im Jahr schneidet, macht derzeit im Extremfall 50.000 € Verlust – pro Tag. Bei 100.000 fm Jahreseinschnitt sind es täglich 5000 €.

„Endprodukt-Preise rauf“ oder „Einschnitt runter“ seien die logischen Antworten, möchte man meinen. 
Für „Preise rauf“ ist derzeit die Nachfrage einfach nicht da. Teilweise wird mit unterschiedlichen Waffen – sprich: Rundholzpreisen – gekämpft. Skandinavische oder rumänische Anbieter haben gegenüber mitteleuropäischen Sägern Vorteile. Das merkt man in der Levante, in Italien, in …

 Noch schlimmer ist das Nachfragepro-blem. Es scheint jetzt so, dass nach Jahren der Finanzkrise nun erstmals die Realwirtschaft voll betroffen ist. Und nicht nur in Italien, wo der Liquiditätsmangel alle wirtschaftlichen Aktivitäten abzuwürgen droht, sondern selbst in der bisher unerschütterlichen Bastion Deutschland werden die Zeiten härter. 

Doch kurz- bis langfristig spricht alles für Holz. Noch bis September sollen in der Erdbebenregion Emilia-Romagna mehrere Schulen und Kindergärten errichtet werden. Als Baumaterial wird erstmals auch XLAM (= Brettsperrholz) angeführt (s. Link). In dieser kurzen Zeitspanne spricht alles für Holz – wie soll man sonst so schnell reagieren können? 

Hält man die Augen offen, sieht man überall, wohin die Reise geht: leichte Aufstockungen, Sanierungen, Mehrgeschosser – Holz ist im Kommen. Ein Baukonzern kauft ein Holzunternehmen. Warum? Weil es nur im Holzbau in den kommenden Jahren Steigerungen geben wird. 
 Die Branche hat zwar nicht die Lobbying-Millionen einer Stahl- und Betonbranche. Ihr hilft aber der gesunde Menschenverstand: Ein nachwachsendes Material, das zum Wachsen Kohlendioxid auf- und Sauerstoff abgibt, hat alle Trümpfe auf seiner Seite.  Es sollte sich also auch in den der Forstwirtschaft nachgelagerten Branchen auszahlen, jetzt Durchhaltevermögen zu beweisen. Dann wird vielleicht über längere Zeiträume gelten, was jetzt bei der Ausschreibung der Emilia-Romagna passieren könnte: Wie sollen wir das alles erzeugen können, was die Welt an Holzprodukten verlangt?