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Michael Bauer:"Derzeit ist der Holzbau sehr detailverliebt. Wir arbeiten daran, dass Bauen mit Holz standardisierter wird."

Zukunft Holzbau – BIM und CNC, wenig VOC

Ein Artikel von Gerd Ebner | 22.10.2015 - 11:05
Vorsitzender Michael Bauer, Graf Holztechnik, Horn, konnte in Wien gleich acht neue Verbandsmitglieder begrüßen:
    Haas Fertigbau, GroßwilfersdorfHasslacher Norica Timber, SachsenburgKaufmann Bausysteme, ReutheBrüder Resch, UlrichsbergSchmid Holzbau, FrankenburgStora Enso, YbbsHolzbau Strobl, WeizWeißhaidinger, Taufkirchen an der Pram

Broschüre für einfaches Planen

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Michael Bauer:"Derzeit ist der Holzbau sehr detailverliebt. Wir arbeiten daran, dass Bauen mit Holz standardisierter wird."

„Fast alle der führenden Holzbaubetriebe ist nun bei uns dabei“, verkündete Bauer in Wien. „Eine Schlüsselaufgabe des Verbandes ist künftig, den Planern die Arbeit im Holzbau zu erleichtern. Marktanteile können wir nur gewinnen, wenn der Holzbau leichter zu rechnen ist. Derzeit sind alle noch zu sehr detailverliebt. Das behindert uns.“ Eine neu zu entwickelnde Bemessungsbroschüre soll helfen und vor allem aus Tabellen, Bemessungsformeln, Materialeigenschaften für eine Bemessung von Holzbauteilen (inklusive Verbindungsmittel) bestehen. Der ambitionierte Name: Holzbau komplett. Weiters kündigte Bauer an, Qualitätskriterien für die Verbandsmitglieder definieren zu wollen. „Das sind Mindeststandards, die wir zu erfüllen haben“, erklärt Bauer.
Der Verband engagiert sich auch mit einem Projekt „RooFit4PV: Modellierung und Lösungen flachgeneigter hölzerner Dächer mit PV-Anlagen und Teilbeschattung“, das von der Holzforschung Austria betreut wird. Es hat die Analyse Verschattungssituationen auf Flachdächern, die Analyse Klimabedingungen unter PV-Anlagen und das Verhalten von teilgedämmten, -beschatteten Elementen zum Inhalt.

Grenzwerte tendieren in Richtung null

Als engagierter Kämpfer für realitätsnahe, sinnvolle Emissionsgrenzwerte auf nationaler und internationaler Ebene präsentierte sich Dr. Karl Dobianer, Wien. Er verwies darauf, dass mit modernen analytischen Instrumenten „alles messbar ist“. „Doch selbstverständlich ist nicht alles, was nachgewiesen werden kann, automatisch gefährlich“, betonte Dobianer. Er erkennt in vielen Bereichen der Gesetzgebung einen Wettlauf um immer tiefere Grenzwerte – vielfach ohne Rücksicht auf die Sinnhaftigkeit. „So entstehen immer brutalere Rahmenbedingungen.“
Harzhaltige Hölzer könnten aufgrund ihrer natürlichen Emissionen bald massiv unter Druck kommen. „Holz kann in der derzeitigen Regelung in Frankreich nie den Status A+ erhalten, weil es etwa zu viel Formaldehyd freisetzt.“ Gefahr für die Holzverwendung könnte auch „wegen realitätsfremder Versuchsanordnungen“ entstehen. In der neuen EN 16516 läuft der Versuch bis zu 28 Tagen.
„In diesem Zeitraum hat sich die Emission von Holz noch nicht stabilisiert. Das wäre erst nach 60 oder 90 Tagen der Fall“, kritisierte Dobianer. „Reelle Risiken werden so überbewertet. Harzreiche Hölzer sind bei längerer Lagerung sicher kein Problem – und nicht gesundheitsschädlich.“ Da in der EN 16516 keine Kammergröße definiert ist, lassen sich die Ergebnisse in verschiedenen Labors kaum vergleichen und korrelieren. „Grenzwertige Fälle können bei Holz eigentlich nur bei unrealistischen Oberflächen-/Volumenverhältnissen oder zu geringer Lüftung zu Problemen führen“, betonte der Chemiker.

E0 könnte kommen

„Kommt die EN 16516, wird die Verwendung einiger Hölzer unmöglich“, sagt Dobianer voraus. Bei Formaldehyd nach der E1 der Trend in Richtung eine E0,5 und möglicherweise sogar E0 weitergehen. Dobianer: „Wir leben in einer absoluten Vorsichtsgesellschaft – alles muss gesetzlich limitiert werden. Der menschliche Körper selbst emittiert täglich 50 g Formaldehyd. In der Luft diskutieren wir aber im Mikrogrammbereich.“
„Bestimmte Klebstoffe könnten bald verboten sein“, deutet er in Richtung Harnstoff-Formaldehyd-Harze (UF) an. Alle diese Verordnungen erschweren zunächst kleinen, mittleren Unternehmen das wirtschaftliche Überleben. Für diese sind Adaptierungsmaßnahmen mitunter schlicht zu teuer – beispielsweise mussten kleinere Tischlereien, die entsprechende Absauganlagen nicht mehr finanzieren konnten, die Produktion einstellen.

Universelle Bausprache Vorteil für Holz

Eine universelle Sprache beziehungsweise vereinheitlichte Informationsweitergabe für alle Baubeteiligten stellt Christoph Eichler, BEHF Architects, Wien, vor: Building Information Modeling. Wikipedia dazu: Der Begriff Building Information Modeling (kurz BIM; deutsch: Gebäudedatenmodellierung) beschreibt eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mithilfe von Software. Österreich ist bei der Einführung dieser Art, Häuser zu planen, Vorreiter: Seit 1. Juli ist BIM als Önorm publiziert worden. „Noch gibt es eine Schonfrist, bis alle die Anforderungen umsetzen können. Aber bitte, beschäftigen Sie sich alsbald damit“, appellierte Eichler. Die Önorm soll in weiterer Folge auf EN-Ebene übernommen werden, so Eichler. In Österreich ist die Universität Innsbruck mit Univ.-Prof. Dr. Arnold Trautschnig führend.

Von BIM per CNC zum Kompletthaus

Holzbau ist für BIM besonders prädestiniert. „Aus den Modellen lassen sich die Daten für eine automatische Fertigung auslesen“, erläutert Eichler. „Wer faktisch per CNC ein Haus bauen kann, hat logischerweise Vorteile. Die Holzindustrie war zu Recht am euphorischsten über BIM.“
Wien wird bis 2030 um 300.000 Einwohner auf über zwei Millionen Einwohner anwachsen. Das erfordert unter anderem sehr viele neue Schulen. Die neuen Klassen werden zu einem Gutteil in Holz ausgeführt: „Weil das schneller, leiser und aufgrund von Vorfertigung in hoher Qualität vonstattengeht“, argumentierte Rainer Loos vom Wiener Infrastruktur Projekt (WIP). „Beim Massivbau bin ich an die schulfreie Zeit gebunden – mit Holz kann ich ganzjährig an Schulen bauen.“ In Wien gibt es ein 500 Mio. €-Schulsanierungsprogramm.

Bauen wie mit Lego

„Im Februar erfolgt die Vergabe, im August ist die Schule bereits fertig“, skizzierte Loos einen möglichen Arbeitsfortschritt. Die BSP-Raumzellen sind mit Fenstern, Spiegeln und der Verrohrung versehen. „Sie passen wie Legosteine spielfrei zusammen – mit konstant hoher Qualität.“ Aus Schallschutzgründen ist es beim Raumzellenbau zudem von Vorteil, wenn zwei Wände zueinanderkommen. Auch die Verschraubungen werden so minimiert.
Eine Erschwernis hat der Holzbau in Wien: Die Oberfläche muss mit Gipskartonplatten beplankt werden.