14556380958439.jpg

Der Pelletsexperte Rudolf Huber im Holzkurier-Interview © Günther Jauk

Zenit noch nicht erreicht

Ein Artikel von Günther Jauk | 18.02.2016 - 08:15
14556380958439.jpg

Der Pelletsexperte Rudolf Huber im Holzkurier-Interview © Günther Jauk

In den vergangenen 20 Jahren legte die mitteleuropäische Pelletsbranche eine beachtliche Entwicklung hin. Mit einem Anteil von 74 % (18,8 Mio. t/J) am globalen Holzpelletsverbrauch ist die EU bei Weitem der größte Verbraucher. 2014 ist der Konsum deutlich weniger als die Produktionskapazität gewachsen. In Österreich lag das mögliche Produktionsvolumen mit rund 1,5 Mio. t um ein Drittel über der produzierten Menge. Ist der Pelletsboom zu Ende?
Nein, der Zenit ist noch nicht überschritten. Wir haben ein Rad in Bewegung gesetzt, das sich so leicht nicht mehr aufhalten lässt. Wir verzeichneten bisher jährliche Zuwächse von über 10 %. Welche Branche kann das schon vorweisen? Es war absehbar, dass solche Expansionsraten nicht auf Dauer zu halten sind. Dazu kommen die äußerst warmen Witterungsverhältnisse. In Österreich werden nicht mehr allzu viele Werke hinzukommen. Großes Potenzial sehe ich in den osteuropäischen Ländern sowie in Frankreich.

Nach zwei besonders warmen Wintern hatten wir in Österreich 2015 laut ZAMG das zweitwärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn – nur 1768 war es noch wärmer. Der Preisvorteil gegenüber Heizöl schwindet angesichts eines Ölpreises von rund 30 US-$ zusehends. Sind das Probleme, welche sich von selber lösen, oder muss diesbezüglich etwas unternommen werden?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Festzuhalten ist, dass die Branche auf soliden Beinen steht und bereits einiges überstanden hat. Da einige Hersteller nicht marktgerecht produzieren und nicht über genügend Lagerkapazität verfügen, sind Preise oft schwer zu halten. Hier müsste etwas geändert werden. Gemeinschaftliche Mietlager wurden bereits diskutiert, sind bis jetzt aber noch nicht zustande gekommen. Marktpotenzial sehe ich beim Verkauf von mittelgroßen Pelletskesseln zwischen 100 und 300 kW an Hotels und Gewerbebetriebe. Da diese nicht billig sind, kann ich mir den Wärmeverkauf über Contractingunternehmen vorstellen. Diese installieren und betreuen die Kessel vor Ort und verkaufen die Wärme an den Hotelier oder Gewerbetreibenden. Gefordert sind hier Interessenvertretungen und Politik.

Sie erwähnten das große Potenzial im Osten Europas. Wie wird sich das entwickeln und welche Einflüsse wird es auf den heimischen Markt geben?
Derzeit haben Pellets aus dem Osten keine große Bedeutung auf dem mitteleuropä ischen Markt. Oft scheitert es bereits an mangelnden Rohstoffqualitäten. Ausgenommen sind hier natürlich mitteleuropäische Unternehmen, die in Osteuropa produzieren. Ich gehe davon aus, dass diese Länder beginnen werden, eigene Märkte aufzubauen. Ein gutes Beispiel dafür ist Tschechien. Dort wurden der Pellets- und Brikettmarkt bis hin zur Kesselproduktion in den vergangenen Jahren massiv angekurbelt.

Dr. Elisabeth Berger von der Vereinigung Österreichischer Kessellieferanten betonte im Holzkurier-Interview, dass Pellets gegenüber Heizöl ein noch wenig standardisierter Brennstoff seien, und schlug vor, die ENplus–Grenzen enger zu stecken. Was halten Sie davon?
Das halte ich für wenig sinnvoll. Die Grenzwerte wurden erst im vergangenen Jahr verschärft. Noch engere Grenzen sind jetzt fast nicht mehr möglich.

Um Umweltziele zu erreichen, ersetzen große Industrienationen, wie etwa Großbritannien, in der Stromproduktion Braunkohle durch Holzpellets. Ein Großteil der in solchen Kraftwerken verheizten Pellets stammt aus Übersee. Wie beurteilen Sie diese Art der CO2-Reduktion?
Sinnvoll ist das nur bei einer perfekt organisierten Logistikkette, sprich kurzen Transportwegen zum Hafen und einfachem, raschem Löschen der Ladung. Wenn es sich unterm Strich rechnet, spricht nichts dagegen, denke ich. Mit mitteleuropäischen Pellets würde sich das niemals ausgehen.

Sie beschäftigen sich seit über 30 Jahren mit Holzbriketts und Pellets. Würden Sie 2016 noch jemandem raten, in die Pelletsproduktion einzusteigen?
In Österreich rate ich grundsätzlich davon ab. Ein paar Werke sind derzeit noch in Planung, aber sonst würde ich sagen, ist das Land gut mit Pelletswerken überzogen. Maximal nordöstlich von Wien könnte ich mir noch eine Anlage vorstellen. Ansonsten sehe ich vor allem, wie bereits erwähnt, in Osteuropa großes Potenzial.