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Univ.-Prof. Andreas Krause über die Einsatzmöglichkeiten von WPC: „Vieles würde funktionieren, aber niemand fragt nach.“ © Andreas Krause

Wenn das Rezept stimmt, ...

Ein Artikel von Dinah Urban | 26.02.2015 - 10:32
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Langzeitstudien zur Performance von WPC-Terrassendielen im Vergleich zu Vollholz lassen Letzteres manchmal alt aussehen © Dinah Urban

Für die Herstellung von Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffen (Wood Plastic Composites, WPC) dienen die Holzreste anderer Produktionsketten als Rohstoff. Fichte ist folglich neben dem Kunststoff die Hauptzutat dieses vielförmigen Produkts. Univ.-Prof. Andreas Krause, Werkstoffforscher an der Universität Hamburg, ist aber überzeugt, dass auch jede andere Holzart bei entsprechender Anpassung der Gesamtrezeptur einsetzbar sei. Die Erhöhung des Buchenanteils in deutschen Wäldern macht ihm daher keine Sorgen. Vielmehr hofft der WPC-Experte bei heimischen Herstellern auf einen vergleichbaren Elan, wie ihn chinesische Anbieter an den Tag legen.

China gibt Vollgas

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Kaum von Massivholz zu unterscheiden, sind einige WPC-Produkte echte Alternativen © Dinah Urban

Seitdem die neue WPC-Norm EN 15534 vor einem Jahr in Kraft getreten ist, nutzen auch die Mitbewerber aus Fernost diese, um auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Teil 5 des Regelwerks legt die relevanten Tests fest, nach deren Bestehen ein Produkt damit beworben werden darf. Es hat sich gezeigt: „In China werden ebenfalls gute WPC hergestellt“, weiß Krause und ergänzt: „Die WPC-Branche wird dort staatlich gefördert. Garantierte Abnahmemengen fördern die Investition in die Entwicklung.“ China produziere mittlerweile etwa 1 Mio. t/J. Das sind so viele WPC, wie in den USA erzeugt werden. Dabei haben die Amerikaner dem Wettbewerber mehr als zehn Jahre Forschung voraus. Entwicklungstätigkeiten nehmen im Erfinderland jedoch langsam ab.

Ungenutzte Vielseitigkeit

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Univ.-Prof. Andreas Krause über die Einsatzmöglichkeiten von WPC: „Vieles würde funktionieren, aber niemand fragt nach.“ © Andreas Krause

„Wenn Endverbraucher WPC sagen, meinen sie in der Regel Deckings“, verdeutlicht Krause die Einseitigkeit der Branche. Eine verstärkte Aufklärung über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten könnte die Nachfrage steigern. Sicherlich sei der Terrassenmarkt noch immer die bedeutendste Sparte im WPC-Repertoire. Die Zukunft sieht der Forscher aber auch in der Konsumgüterherstellung. Deckings entstehen mittels Extrusion. Für die Produktion von etwa Zahnbürsten müsste das Spritzgussverfahren vorangetrieben werden.

Doch die kleine Branche sei zu separiert. Es bedürfe vieler spezialisierter Unternehmen, bis ein fertiges Produkt entsteht. Produzenten, die in der Regel hauptsächlich Kunststoffteile herstellen, hätten es schwer, Zulieferer für das benötigte Granulat zu finden, um experimentieren zu können. Industrielle Weiterentwicklung gebe es deshalb häufig nur dann, wenn ein konkreter Auftrag dahintersteckt und sich die Mühe auch lohnt.

Terrassen und Fassaden bleiben Trend

Deckings werden 2015 das Zugpferd der Branche bleiben. Die Volldiele laufe dabei den Hohlkammerprofilen bald den Rang ab, informiert Krause. Man erreiche zwar mit Hohlkammerprofilen eine Materialersparnis um etwa 20 bis 30 %. Das führe aber zu keinem Kostenvorteil, da die Produktionsgeschwindigkeit geringer und die Fehlerquellen mehr sind. Die Volldiele biete Feuchtigkeit zudem weniger Angriffsfläche. Fassaden erfreuen sich außerdem eines größeren Interesses.

Die Coextrusion, also die Erzeugung eines Endlosstrangs aus zwei Materialien, wie etwa einer Recycling-Innenschicht und einer hochwertigeren Außenschicht, werde derzeit stark vorangetrieben. Fortschritte seien ebenfalls in der Oberflächenfunktionalisierung zu beobachten. Merkmale, wie Rutschfestigkeit, erfahren dadurch eine Verbesserung.

WPC ursprünglich kein Holzersatz

Anfang der 1990er-Jahre wurde WPC in den USA entwickelt, als man mit recyceltem Kunststoff experimentierte. Das Ergebnis sollte dessen Einsatz für etwa Spritzgussteile in der Automobilbranche senken, um Kosten zu sparen. Nach und nach zeigten sich aber auch die Vorteile des vergleichsweise homogenen Werkstoffs gegenüber Massivholz. Als Terrassenbelag überzeugen WPC etwa mit ihrer Splitterfreiheit.