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Stefan Ottrubay, Chef des Hauses, begrüßt die Gäste im feierlich gestalteten ehemaligen Getreidespeicher des Hansaghofes © Robert Spannlang

Vorreiter mit Strahlkraft

Ein Artikel von Robert Spannlang | 28.06.2016 - 09:36
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Stefan Ottrubay, Chef des Hauses, begrüßt die Gäste im feierlich gestalteten ehemaligen Getreidespeicher des Hansaghofes © Robert Spannlang

Wer die Abzweigung zum Hansaghof (sprich „Hanschaghof“) von der Wallerner Bundesstraße sucht, braucht ortskundige Direktiven und ein gutes Auge. Allzu leicht fährt man an dieser baumbesäumten Kiesstraße vorbei. Am Weg zur Präsentation des Nachhaltigkeitsberichtes 2013–15 der Esterhazy Betriebe GmbH begegnen dem Besucher Tafeln, die mit bunten Darstellungen jeweils einen Aspekt der Vielfalt des Unternehmens thematisieren.
Esterhazy hat seinen Weg der Nachhaltigkeit gefunden. Darauf deuten die behutsame Entwicklung des Biolandbaus und sozial verträgliche Tourismusprojekte hin, die seit 15 Jahren vorangetrieben werden. Ein paar Stunden später wird Michael Haas als Vertreter der Landesregierung Burgenland im festlich drapierten und in blaues Scheinwerferlicht getauchten Getreidespeicher des Hansaghofes von Esterhazy als „Vorreiter mit Strahlkraft“ sprechen. Klar, denke ich mir, das bedeutet angewandtes forstliches Denken in den vielfältigen Bereichen Esterhazy‘schen Wirtschaftens. Immerhin ist die Forstwirtschaft eine der tragenden Säulen des im Burgenland ansässigen Unternehmens.
„Ein Drittel der Esterhazy-Flächen dient primär der Bewahrung von Lebensräumen für Mensch und Tier.“
Matthias Grün, Esterhazy, Direktor für Forst- und Naturmanagement
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Exkursion in den Feuchtwiesen: Sogar das Fernsehen war dabei © Robert Spannlang

Doch noch vor dem offiziellen Teil im Speicher fährt eine Exkursionsgruppe in von Traktoren gezogenen Sitzanhängern tief hinein in die umliegende Feuchtgebietslandschaft mit ihren seltenen Moorbirkenhainen und artenreichen Wiesenflächen. „Hier lebt die seltene Großtrappe wieder und auf dem Baum dort vorne brütet sogar ein Kaiseradler. Dass diese beiden weltweit bedrohten Vogelarten hier gemeinsam wieder vorkommen, spricht für die Art der Bewirtschaftung.“ Dem Geschäftsführer des WWF, Dr. Bernhard Koller, ist die Freude bei diesen Worten ins Gesicht geschrieben.
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Auf der Strohballenbühne: Ottrubay, Grün, Köstinger, Haas, Koller, Strigl und Bösmüller (v. li.) © Robert Spannlang

„Ein Drittel der Esterhazy-Flächen wird wirtschaftlich übrigens nicht oder nur gering genutzt und dient in erster Linie der Bewahrung von Lebensräumen für Mensch und Tier“, so Matthias Grün, zuständig für Forst und Naturmanagement. Bei der Vorstellung des Nachhaltigkeitsberichtes auf der Bretterbühne, die auf gepressten Strohballen ruht, hat er – der „Spiritus Rector“ der letzten beiden Nachhaltigkeitsberichte – jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden. Für diesen Augenblick waren die rund 150 Besucher in den letzten Winkel des Burgenlandes gereist – am bisher heißesten Tag heuer. Trotzdem trägt Grün Sakko und Krawatte. Man weiß schließlich, was man diesem Augenblick nach der aufwendigen Berichtserstellung und den hochkarätigen Gästen schuldig ist.
Bernhard Koller – nach der Exkursion trägt er ebenso das schweißtreibende Livree der Vortragenden – ist nicht um lobende Worte verlegen. „Früher hat man den landwirtschaftlichen Flächen Erträge abgepresst. Heute zeigt Esterhazy, wie Landbau im großen Stil auch biologisch geht. Das Unternehmen ist auf einem guten Weg – gemeinsam mit dem Naturschutz. Das tut kaum ein anderes.“
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Auf einem Bauernhof aufgewachsen, heute im EU-Parlament: Elisabeth Köstinger © Robert Spannlang

Und dann hat sie ihren Auftritt, gerade aus Brüssel eingeflogen: Die Präsidentin des Ökosozialen Forums Europa, Elisabeth Köstinger, war vom Generaldirektor der Esterhazy-Betriebe, Stefan Ottrubay, schon bei der Begrüßung freudig angekündigt worden. Im Stil einer guten Rednerin sucht die ganz in Schwarz gekleidete Kärntnerin immer wieder den Augenkontakt zu einzelnen Personen in ihrer Zuhörerschaft: „Die Kluft zwischen den landwirtschaftlichen Produzenten und den Konsumenten wird immer größer.“ Diese Entfremdung führe dann oft zu Phänomenen, wie den Forderungen nach Gluten- oder Laktosefreiheit bei Getreide- und Milchprodukten, fügt sie hinzu. Was hat das noch mit Bio zu tun? „Österreich erbringt eine weltmeisterliche Bioleistung pro Flächeneinheit. Wir können in unserem kleinen Land nicht über die Fläche ein Mehr erwirtschaften, sondern nur durch Qualität.“
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Im Schatten großer Erntemaschinen plaudern die Besucher an Palettentischchen ungezwungen nach der Präsentation © Robert Spannlang

Als dann Dr. Alfred Strigl auf die Bühne gerufen wird, fällt jenes Wort, das an diesem Abend als Bonmot immer wieder aufgegriffen wird: „Brösel“. Der Uni-Lektor, der die Einhaltung der Nachhaltigkeitsstandards für den Bericht geprüft hat, verwendet es im Zusammenhang mit den künftigen Nachhaltigkeitsberichten: „In der Forstwirtschaft geht es oft hart zu. Ähnlich hart habe ich manchmal mit Direktor Grün verhandelt. Herausgekommen ist aber etwas wirklich Schönes – es ist fast zu schön! Ich wünsche mir, dass die nachfolgenden Berichte auch mal die ehrlichen Brösel enthalten, die man als Betrieb dieser Größe mit sich und der Gesellschaft hat.“ Was Esterhazy bisher freiwillig gemacht habe, werde schon bald verpflichtend werden, verrät Strigl: „Es gibt eine EU-Gesetzesvorlage, wonach ab kommendem Jahr Betriebe ab 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 40 Mio. € nachhaltiges Wirtschaften werden belegen müssen.“ Indes stellt Vorreiter Esterhazy mit Pannatura eine neue Marke für ökologische Produktion in der Land- und Forstwirtschaft vor.
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Stillleben mit Hut: In einer Nische des Speichers präsentiert Esterhazy seinen Forstbereich © Robert Spannlang

Als ich nach dem Event auf der Schotterstraße wieder zurückfahre, werde ich an einer Straßensperre aus Strohballen angehalten. „Ich wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt“, lächelt eine junge Dame und reicht mir einen papierenen Sack mit Esterhazy-Logo durchs Fenster. Er enthält neben Bioprodukten des Hauses auch den originalen Nachhaltigkeitsbericht. Charmant, denke ich mir, als ich in die Wallerner Straße einbiege. Auch ein Lächeln kann nachhaltig sein.