1448435562959.jpg

Die Herzstücke von Pfeifers BSH-Produktion sind die beiden Hochfrequenz-Pressen (nur eine im Bild) © Holzkurier Archiv

Urige Gemütlichkeitunter 1944 t Schnee

Ein Artikel von Hannes Plackner | 25.11.2015 - 08:23
14484353790645.jpg

Werksplanung des Bergrestaurants von AT Thurner Bau © AT Thurner Bau

Urig-gemütliche Skihütten sind Meisterleistungen der Bautechnik. Gute Exemplare verbinden hohe Funktionalität mit einem angenehmen Ambiente. Gleichzeitig müssen Brandschutz- und Hygienevorschriften eingehalten werden. Nicht zuletzt ist die alpine Witterung eine Herausforderung für die Konstruktion. In St. Anton am Arlberg wird gegenwärtig auf 1850 m Seehöhe eines der größten Bergrestaurants in einem der beliebtesten Skigebiete Österreichs erneuert. Bei der Bergstation „Gampen“ empfängt ab Anfang Dezember ein beeindruckender Neubau die hungrigen Gäste. Wer im Inneren den Blick nach oben richtet, dem offenbart sich eine Holzkonstruktion, die zwar rustikal aussieht – aber in dieser Form nur mit modernem Leimholz möglich ist.
Das Bau- und Zimmereiunternehmen AT Thurner Bau hat das BSH von Pfeifer Holz bezogen. Beide Betriebe stammen aus dem 40 km entfernten Imst. Doch die Wahl des Lieferanten war keineswegs nur geografisch naheliegend. Pfeifers moderne Produktion mit Oberflächenscanner war der ideale Ursprung für Hunderte Sparren in Sichtqualität.

Wenn die 14 m-Pfette nur 12 m lang sein darf …

1448435373276.jpg

Kurz vor Fertigstellung wird deutlich, wie gut das beschindelte Giebeldach zur Landschaft passt © AT Thurner Bau

Selbst für die im Alpinbau erfahrenen Zimmermeister von AT Thurner Bau war das Bergrestaurant eine Herausforderung. Das Gebäude bietet unter 2700 m2 Dachfläche Platz für drei Restaurants und eine Bar. Das Architekturbüro Jäger aus der Landeshauptstadt Innsbruck entwarf ein großzügiges Gebäude im typisch alpenländischen Giebelstil. Aufgrund der Größe wurden insgesamt neun Giebel verwirklicht. Das begrenzt die Höhe auf 14,5 m – und gibt dem Gebäude eine Silhouette, die den Bergen im Hintergrund nicht unähnlich ist. Die bis zu 12 m hohen Wände sind aus Stahlbeton.
Die Arbeiter von AT Thurner Bau errichteten sie nach Abriss des Bestandbaus im Frühjahr. Dann übernahm das Team der Zimmerei. Das Dach liegt auf einer klassischen Pfetten-Sparren-Konstruktion. Die Pfetten sind in den Wänden verankert und werden – etwa im Gastraum – von BSH-Stützen getragen. Die größte Spannweite der Pfetten beträgt 14 m – was durchaus eine Herausforderung darstellte. „Mit dem Lkw war nämlich nur der Transport maximal 12 m langer Elemente möglich“, erklärt Bauleiter Alfred Jeitner. Die Ingenieure lösten das mit Gerberträgern.
Herausforderung Nr. 2 war die Schneelast. Diese muss im Wintersportmekka Arlberg mit 720 kg/m2 berücksichtigt werden. (Zum Vergleich: In München wird mit 115 kg/m2 gerechnet.) Multipliziert mit der Dachfläche, ergibt sich eine Berechnungslast von insgesamt 1944 t Schnee. Das resultiert in einer Menge Holz.
1448435370943.jpg

Alfred Jeitner © AT Thurner Bau

„Eine der größten Herausforderungen war die Länge. Der Transport war mit 12 m begrenzt.“

Alfred Jeitner, AT Thurner Bau

Sparren mit 12 mal 28 cm oder 12 mal 32 cm

14484353833775.jpg

Die in Stahlbetonwände und auf Stützen gebetteten Pfetten sind bis zu 1,2 m hoch © AT Thurner Bau

Beim ersten Blick auf den Architektenentwurf war Jeitner klar, dass da ein „etwas größeres“ Projekt auf das 50-köpfige Zimmereiteam zukam. Der 3D-Plan wurde im CAD-Programm Sema aufbereitet. Die Holzliste schickte man zum Haus-und-Hof-Leimholzausstatter Pfeifer. „Ich bin seit 17 Jahren im Betrieb. Wir kaufen unser Leimholz meist bei Pfeifer. Da gibt es überhaupt keine Probleme“, erklärt Jeitner. Im Gegenteil: Ansprüche an und Qualität von BSH stiegen in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten kontinuierlich.
Ein optischer Scanner, erfahrene Mitarbeiter und der Binderhobel sorgten im Pfeifer-Werk für die nötige Sichtqualität. 500 m weiter östlich wurden die nach Liste produzierten BSH-Elemente in Thurners Abbundanlage millimetergenau zugeschnitten. Die gängigsten Sparrenquerschnitte waren 12 mal 28 cm und 12 mal 32 cm. Die Pfetten maßen von 24 mal 40 cm bis zu 24 mal 112 cm.
Auf metallische Verbindungsmittel verzichteten die Ingenieure weitgehend. „Die Sparren-Pfetten-Verbindung stellten wir mit Schwalbenschwänzen her. Die Gerberträger sind ebenfalls reine Holz-Holz-Verbindungen“, erklärt Jeitner, der auch für die statische Vorbemessung des Daches verantwortlich war.
Stets achteten die Mitarbeiter auf die pflegliche Behandlung der Holzoberflächen. In der Wintersaison sollten keine Druckstellen oder Kratzer im hochwertigen Leimholz sichtbar sein. Paketweise wurden Sparren, Pfetten, Stützen und kleinere Teile in Folie verpackt. Ein Dreiachs-Lkw brachte diese in über 25 Fahrten über Autobahn, Bundesstraße und Forststraße auf 1850 m Seehöhe. Das Material wurde auch auf der Baustelle zwischengelagert. „Bei uns im Werk wäre dazu einfach kein Platz gewesen“, beschreibt Jeitner.

Auch die Schindeln sind aus Holz

14484353808513.jpg

Schindeln © AT Thurner Bau

Über die Sparren brachten die Zimmerleute eine gehobelte Fichten-Kleinfasenschalung auf. Gedämmt wurde mit PU-Platten. Darauf liegt eine OSB-Platte, welche mit Bitumen wasserdicht abgeflämmt worden ist. Damit entsteht ein Warmdach, welches mit seiner Untersicht das alpin so beliebte Holz zeigt.
Dass auch von außen Holz präsentiert werden muss, versteht sich fast von selbst. Das Dach wurde mit Holzschindeln des Tiroler Herstellers Astner, Münster, gedeckt.

Den Blick nach oben richten

14484353691326.jpg

Innen wird das Dach von schon fast filigran wirkenden BSH-Stützen getragen © AT Thurner Bau

Fazit: Wer einen Skitag am Arlberg verbringt, sollte einen Einkehrschwung an der Gampen-Bergstation einplanen. Aber nicht nur, um sich aufzuwärmen, sondern um die Verbindung von Ästhetik, Leistungsfähigkeit und Qualität des konstruktiven Leimholzes aufzunehmen. Vier Tiroler Unternehmen – Pfeifer Holz, AT Thurner Bau, Architekt Jäger und die Arlberger Bergbahnen als Bauherr – machten es möglich.

Brettschichtholz aus der Tiroler Bergstadt

1448435562959.jpg

Die Herzstücke von Pfeifers BSH-Produktion sind die beiden Hochfrequenz-Pressen (nur eine im Bild) © Holzkurier Archiv

Die Produktion von Brettschichtholz in Tirol hat Tradition. Pfeifer Holz begann damit in Imst schon 1988. Die Rohware stammt aus dem eigenen Sägewerk Kundl im Tiroler Unterland.

2013 wurde das BSH-Werk umfassend modernisiert. Neue Herzstücke der Produktion sind zwei Hochfrequenzpressen. Diese Technologie erlaubt es, schnell von einer Dimension auf die nächste zu wechseln. Damit kann Pfeifer Holz flexibel und stückgenau die Bestellungen abarbeiten und Kommissionen nach Kundenwunsch zusammenstellen. Alle Lamellen werden nach Festigkeit sortiert. Das erlaubt die Produktion hochfester BSH-Binder. Standardmäßig erzeugt Pfeifer GL24, GL28 und GL32.

Nach Sortierung und Keilzinkung in einer Durchlaufpresse werden die Lamellen mit einem MUF-Klebstoff beleimt. Dieser härtet unsichtbar aus, was für eine ebenmäßige Oberfläche beim Leimbinder sorgt.

Die Qualitätsansprüche steigen ständig – auch, weil immer mehr BSH sichtbar verbaut wird. Nach wie vor Handarbeit ist die Ausbesserung von Holzfehlern. Ausfalläste und Harzgallen werden von geübten Mitarbeitern ausgefräst und von Holzflicken ersetzt. Für die fertige Ware ließ Pfeifer eigens einen Scanner verbauen, welcher jeden Quadratzentimeter vierseitig überwacht.