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Weitere Laubholz-Hochleistungsanwendungen, die in Graz erforscht werden, sind Stempel aus Robinie für die Metallumformung in der Automobilindustrie © TU Graz

Ultra-Holz

Ein Artikel von Hannes Plackner | 30.06.2015 - 15:53
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Der Birken-I-Träger besteht unter anderem aus zwei C-Profilen (im Bild angedeutet), die mit einem Gesenk verpresst werden © TU Graz

Die Technische Universität Graz war und ist bei der Entwicklung von Brettsperrholz ein Epizentrum der Holzbau-Innovation. Nun forscht das Team um Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer an Holzbauprodukten der nächsten Generation. Dabei geht es um Holzwerkstoffe aus zerstreutporigen Laubhölzern, konkret Buche, Birke, Pappel und Ahorn. Als Prämisse gilt: Zukünftige Produkte sollen signifikant steifer bei Durchbiegung (E-Modul) und Schub (G-Modul) sein. Laubhölzer haben bis Faktor 2 bessere Werte als gängige Nadelholzarten. Furnierschichtholz (FSH) aus Birke schaffte in ersten Kleinversuchen im Mittel eine Zugfestigkeit von 96,8 N/mm2. Buchen-FSH erzielte 100 N/mm2. Fichte riss bei 50,9 N/mm2.
Bei der Herstellung darf der Zerlegungsgrad des Rundholzes aber nur so weit erfolgen, dass noch ein leistungsfähiges Ausgangsprodukt verfügbar ist. Geeignet wären Furniere. Das produzierte Bauprodukt muss über geringe Streumaße hinsichtlich der Werkstoffkenngrößen verfügen. Qualität und Zuverlässigkeit müssen so groß wie beim Stahlbau sein. Dann könnten die resultierenden Produkte eine dem Stahlbau ähnliche Leichtbauweise ermöglichen.

Laubholzvorräte steigen

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Der Birken-I-Träger besteht unter anderem aus zwei C-Profilen (im Bild angedeutet), die mit einem Gesenk verpresst werden © TU Graz

Jede Waldinventur der vergangenen Jahre zeigte eine Zunahme der Laubhölzer auf Kosten der Fichte. In deutschsprachigen Ländern gibt es rund 819 Mio. fm Buchenvorrat. Der Holzvorrat an Birke in Skandinavien (FI, SE, NO) ist mit rund 817 Mio. fm praktisch gleich groß. In den vergangenen Jahren wurde für beide Holzarten längs (BSH) und quer verklebtes (BSP) Leimholz entwickelt. Am weitesten sind die Forscher bei Buchen-Brettschichtholz, wofür auch bereits eine Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung vorhanden ist (s. Tabelle S. 21). Am Markt konnten sich diese „brettbasierten“ Laubholzprodukte aber kaum durchsetzen. Darum entwickeln die Grazer nun Lösungen für Furnierwerkstoffe. Am Anfang steht die effiziente Schälfurnierproduktion. Großer Vorteil dieser Technologie ist die höhere Ausbeute im Vergleich zum klassischen Einschnitt im Sägewerk. Zudem steige die Qualität. „Aus Furnieren lassen sich für die daraus produzierten Bauprodukte hohe Werkstoffkenngrößen bei gleichzeitig geringer Streuung erzielen“, erklärt Schickhofer. Bestes Beispiel aus der Praxis ist Pollmeier-Baubuche. UPM erzeugt mit dem WISA-Sperrholz aus Birke ebenfalls ein hochfestes Laubholz-Furnierprodukt.

Zerstreutporiges Laubholz ist geeignet

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Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer, TU Graz © TU Graz

Geeignet für furnierbasierte Holzbauprodukte aus Laubholz wären alle zerstreutporigen Vertreter, wie Buche, Birke, Pappel, Ahorn und ähnliche. „An der TU Graz befassen wie uns gegenwärtig im Besonderen mit den erwähnten Holzarten – auch hinsichtlich der Reihenfolge“, ergänzt der Professor.
„Wir sprechen in diesem Zusammenhang von der ‚next generation of timber building products‘ in Form von ‚ultra high performance plywood“. Vielleicht muss man sich nach BSH, BSP und so weiter also bald an die Abkürzung UHPP gewöhnen. Erst kürzlich wurden in Graz erste Masterarbeiten zum Thema fertiggestellt, etwa „Formgepresste UHPP-Leichtbauprofile für die Herstellung von Holz-Holz-Verbundbauteilen“ (Markus B. Loik, 2015). Im Zuge von Abschlussarbeiten am Institut für Holzbau und Holztechnologie wurden bereits praxisnahe UHPP-Produkte erstellt. Dazu zählen ein I-, T-, C- und L-Träger aus Birke und ein Trapezprofil aus Buche. Deren Form wird, wie bei Stahlblech, mit einem Gesenk angefertigt.

Keine neue Methode

Hochwertige Bauprofile aus Furnieren zu verpressen, klingt innovativ. Neu ist die Idee aber keineswegs. Zur Thematik passt ein Zitat, auf das Schickhofer gerne verweist: „Es muss der Tag kommen, an dem man genormte Holzwinkel, Sparbalken, T- und andere Profile aus Furnieren im Handel genauso kaufen kann wie Stahlprofile.“ Das sagte Holztechnologe Albert Fischer im Artikel zu Furnierprofilen mit dem Titel „Holzsparende Konstruktionen“ (1941). Ein Dreivierteljahrhundert später wird dies endlich Realität.
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Weitere Laubholz-Hochleistungsanwendungen, die in Graz erforscht werden, sind Stempel aus Robinie für die Metallumformung in der Automobilindustrie © TU Graz