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Entwicklung der Schnittholzzölle von Kanada in die USA © Hannes Plackner

US-Holzpreise unter Druck

Ein Artikel von Hannes Plackner | 30.04.2015 - 13:43
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Russ Taylor, Geschäftsführer der International Wood Markets Group, ist anerkannter Experte für Asiens Holzmärkte © International Wood Markets Group

Im Januar waren die nordamerikanischen Sägewerke noch optimistisch. Die Bautätigkeit sollte sich weiter erholen, das Exportgeschäft auf hohem Niveau stagnieren. Drei Monate später ist vieles anders. Anhaltendes Winterwetter an der bevölkerungsreichen Ostküste hemmte den Inlandsverbrauch. In China sind die Lager voll. Auch nach dem chinesischen Neujahr (19. Februar) blieb die gewohnte Ordertätigkeit aus. „Der US-Schnittholzmarkt ist überversorgt“, analysiert Unternehmensberater Russ Taylor im Holzkurier-Interview. Die unabdingbare Konsequenz sind fallende Preise.

Deutlich unter den Prognosen

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Bauholzpreise an der US-Ostküste © Holzkurier

Im November erzielten Sägewerke in Britisch-Kolumbien ab Werk 335 US-$/1000 bft. Die meisten Prognosen sagten für das Frühjahr eine Erhöhung auf 350 US-$/1000 bft voraus. Eingetreten ist das Gegenheil. Ende April waren nur mehr 250 US-$/1000 bft zu erzielen. Statt leichter Zugewinne rutschte der 2-by-4-Preis (Western SPF) um 25 % ab. Franko Ostküste verbilligte sich das verbreitete Bauholzsortiment um 19 % (s. Tabelle im Infokasten re.). Den Ausgang nahm diese Talfahrt in China. Die Hausverkäufe sanken dort im Vorjahr um 7,6 %, schreibt etwa das Blog timberprocessing.com. Das trifft die amerikanische Sägeindustrie hart. China hat 55 % Marktanteil an den Rund- und Schnittholzexporten der USA. Ob das rapide Wachstum der Vorjahre (+17 % allein 2014) weitergeführt werden kann, ist fraglich. Übervolle Lager und Ruhe auf den Baustellen haben den Export überraschend einbrechen lassen. Die Mengen strömten daraufhin in die USA. Dort trafen sie im Nordosten auf meterhohe Schneedecken und deutlich gebremste Bautätigkeit. „Das lief schlechter, als irgendjemand gedacht hätte“, fast Taylor zusammen. Ein 15 %-Wertverlust des Kanadischen Dollars gegenüber dem US-Pendant federte den Sturz für Kanadas Sägewerke ab. Doch die US-Schnittholzproduzenten wurden mit voller Wucht getroffen. Europäer können ihre Exportfantasien vorerst aber wohl ebenfalls begraben. Bei dieser Preislage ist der Transatlantiktransport nicht profitabel.

Weiter kein Supercycle

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Nadelschnittholzpreisentwicklung in den USA seit 2006 © Hannes Plackner

Die Anzahl der Baubeginne bestimmen die Schnittholznachfrage. Leider zeichnet sich weiterhin keine Erholung auf ein demografisch nötiges Normalniveau ab, welches meist mit 1,5 Millionen Baustarts pro Jahr angegeben wird. „Es geht nur langsam hinauf. Vielleicht schaffen wir in diesem Jahr 1,1 Millionen“, gibt sich Taylor vorsichtig.
Der einst erhoffte Softwood Lumber Supercycle (massiv höhere Schnittholzpreise, weil Nachfrage das Angebot überschreitet) lässt auf sich warten. Zwar sei die Rundholzversorgung, wie prognostiziert, zurückgegangen. In Britisch-Kolumbien führte die 900 Mio. fm-Käferkalamität zu einem Ernterückgang von 20 %. Quebecs Wälder liefern primär aufgrund restriktiverer Gesetze gar um 35 % weniger Nadelrundholz. Doch weder in China noch in den USA habe der Holzverbrauch mit den optimistischen Prognosen mithalten können. Erst bei zumindest 1,3 Millionen Baubeginnen pro Jahr könne eine Schnittholzunterversorgung zu deutlich höheren Preisen führen, denkt Taylor heute.

Softwood Lumber Agreement 2.0 „won‘t be nice“

Auf absehbare Zeit bleiben die Schnittholzpreise so niedrig, dass sogar die Schwellwerte gemäß den Softwood Lumber Agreements (SLA) wieder unterschritten werden. Seit 1. April fallen 5 % Ausfuhrzoll für kanadische Sägewerke an.
Sinn des Abkommens ist es, die US-Sägeindustrie vor kanadischer Konkurrenz zu schützen. Der sogenannte „Canada – United States Softwood Lumber Dispute“ ist rechtlich heikel. Mehrfach wurden die WTO oder internationale Schiedsgerichte angerufen. Die Thematik erhält nun neue Brisanz, weil das aktuell gültige Abkommen Mitte Oktober ausläuft. Wie es weitergeht, ist laut Taylor noch nicht absehbar. Idealvorstellung der Kanadier ist ein Auslaufen. Aber mit einer Verlängerung der gegenwärtigen Regel könnte man wohl auch leben. Doch Taylor befürchtet, dass die USA bei der Nachfolgeregelung größere Einfuhrbeschränkungen durchsetzen wollen. „It won‘t be nice“, warnt der kanadische Branchenexperte.
Europäischen Exporteuren droht übrigens kein Zoll. Ausfuhrbeschränkungen können in den USA erst ausgesprochen werden, wenn ein Wirtschaftsraum mit seinen Lieferungen mindestens 5 % Marktanteil erreicht. Das schaffte die EU nicht mal in den Spitzenjahren 2005 oder 2006.

Hintergrund

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Entwicklung der Schnittholzzölle von Kanada in die USA © Hannes Plackner

Seit 1986 wird um Holzexportzölle gerungen.  Gegenwärtig ist das vierte Abkommen zum Nadelschnittholz-Handel zwischen Kanada und den USA in Kraft. Das erste - Lumber I – wurde 1982 als Kompensationsabgabe entwickelt. Es gab aber Uneinigkeit, ob die kanadischen Stockverkäufe eine solche Einflussnahme rechtfertigen. 1986 wurde mit Lumber II aber ein entsprechender Zoll eingeführt. Von 1996 bis 2001 war Lumber III in Kraft, welcher den kanadischen Schnittholzexport in dieser Periode auf 34,7 Mio. m³/J begrenzte. Nach Auslaufen von Lumber III setzten die USA einseitig 27,22 % Einfuhrzoll fest. Das hatte katastrophale Auswirkungen auf Kanadas Sägeindustrie. 15.000 Arbeitsplätze gingen verloren, der Großteil davon in Britisch-Kolumbien. Klagen vor der WTO und der NAFTA waren die Folge. Es dauerte bis 2006, bevor eine Nachfolgeregelung gefunden wurde.

Beim aktuell gültigen Softwood Lumber Agreement „Lumber IV“ hängen die Zölle vom Schnittholzpreis ab. Um Dumping zu verhindern, werden Abgaben fällig, sobald der Mixpreis – „Framing Lumber Composite Price“ – bestimmte Schwellen unterschreitet. Unter 355 US-$/1000 bft sind 5 % Zoll fällig, unter 335 US-$/1000 bft 10 %, unter 315 US-$/1000 bft 15%. Seit Einführung wurde 66 Mal die Höchstabgabe eingehoben. Seit Anfang 2013 war aufgrund der Preiserholung – mit einer Unterbrechung – kein Zoll mehr fällig. Das änderte sich im April. Seit damals werden wieder 5 % eingehoben.

Übernahmewelle der Kanadier ist vorbei

Während am grünen Tisch über Wettbewerbsbeschränkungen verhandelt wird, schaffen die kanadischen Sägewerkskonzerne längst neue Realitäten. In der vergangenen Dekade haben sie ihre Cashreserven für massive Zukäufe in den USA genutzt. Taylor zeigt dies anhand der drei größten: West Fraser, Canfor und Interfor, alle mit Sitz in Vancouver, besaßen 2004 erst zwei Sägewerke in den USA. Heute sind es in Summe 35. Das ist mehr als im Heimatland, wo die Anzahl der Werke versorgungsbedingt leicht auf 30 abnahm. Zugekauft wurde primär im Südosten der USA. Die großen Vorräte an Sumpfkiefer (Southern Yellow Pine) weckten strategische Begehrlichkeiten.
Die große Akquisitionswelle ist wohl aber vorbei. „Was verfügbar war, ist mittlerweile verkauft“, sagt Taylor. Im US-Südosten befinden sich neben Kiefernwäldern aber auch die ersten beiden Klausner-Sägewerke. Deren Markteintritte werden in den USA interessiert beobachtet, obwohl der Großteil der Produktion wohl noch exportiert werde, wie es heißt. Das erste Werk in Florida ist in Betrieb. Ein zweites in North Carolina nimmt im II. oder III. Quartal seinen Betrieb auf.
Klausners Engagement wird auch deswegen beobachtet, weil damit erstmals Linck-Springer-Linien in Nordamerika arbeiten. Denen werden geringere Einschnittkosten als bei der verbreiteten Sägewerkstechnik zugetraut.
Anfang April wurde nun sogar die erste Neuinstallation des deutschen Unternehmens in Nordamerika seit den 1980er-Jahren bekannt (s. Infokasten). Die Übernahme des schwedischen Sägemaschinenherstellers Söderhamn Eriksson durch den Marktführer USNR zeigt ebenfalls, dass die USA zunehmend an europäischer Technik interessiert sind. Die verstärkte Marktpräsenz von Springer, Microtec oder schon traditionell Veisto passt ebenfalls ins Bild.

Drei CLT-Investitionen bis 2016

Brettsperrholz (englisch: Cross Laminated Timber, CLT) könnte ebenfalls den Sprung über den Atlantik schaffen. Laut Taylor sind gegenwärtig bei drei Werken Ausbau- oder Neuinvestitionspläne bekannt. Dazu zählt Smartlam, welches in Montana den weltgrößten Einzelstandort mit einer Kapazität von 115.000 m3/J errichten möchte (der Holzkurier berichtete). Der Unternehmensberater gibt allerdings zu bedenken, dass CLT gegenwärtig einen überproportionalen Anteil an Aufmerksamkeit erhalte. Es werden eine Menge Projekte und Promotion gemacht. Tatsächlich realisierte Vorhaben – insbesondere beim Hochbau – gebe es noch wenige. Trotzdem ist das Inte-resse groß. Taylor organisiert im Juni die erste „Vienna International Wood Products/Markets Conference“ am 17. Juni. Ein Vortragsteil widmet sich den in Nordamerika weiterhin kaum verbreiteten BSH und BSP. In der anschließenden Exkursion werden unter anderem ostösterreichische Leimholzhersteller besucht.