14623605607140.jpg

Die beiden Geschäftsführer: Alfred Hanger und Stefan Fritz (v. li.) © Retrotimber

Statisch berechenbares Bauholz in Altholzoptik

Ein Artikel von Lorenz Pfungen | 04.05.2016 - 13:23
14623605607140.jpg

Die beiden Geschäftsführer: Alfred Hanger und Stefan Fritz (v. li.) © Retrotimber

Bauholz, Brettschichtholz, Duo-/Triobalken sowie Profilhölzer, Schalungen und Dreischichtplatten in Fichte und Lärche sind von Retrotimber in Altholzoptik erhältlich.
Gegenüber Altholz weist Retrotimber die Vorteile auf, dass das Holz in statische Festigkeitsklassen eingeteilt werden kann und keine Fremdkörper oder chemischen Stoffe enthält. Die mechanischen Eigenschaften sind annähernd gleich wie die von unbehandeltem Holz. Die hohe Maßhaltigkeit ermöglicht zudem die Bearbeitung mit Abbundanlagen „Bei Altholz weiß der Verarbeiter nie, wie hoch der Verschnitt ist. Das erhöht die Kosten. Der Kunde erhält von uns die Menge, die er benötigt und Bauteile nach Maß“, erklärt Stefan Fritz, Vertriebsleiter von Retrotimber.

Produktion auf Kundenwunsch

14623605572614.jpg

Bei Privatgebäuden sind das konstruktive Bauholz und die Schalung in Altholzoptik beliebt © Retrotimber

Das Unternehmen arbeitet eng mit Partnerunternehmen zusammen. Je nach Spezialisierung übernehmen die Partner verschiedene Arbeitsschritte in der Produktion. Nach der Bestellung wird das Holz gemäß Kundenwunsch eingeschnitten, behandelt, getrocknet und oberflächenbehandelt. Bei der Trocknung setzt man auf Vakuum-Trockenkammern. Dadurch erreicht man eine kurze Trocknungszeit und ein gleichmäßiges Trocknungsergebnis. Bei den Kammern arbeitet Retrotimber eng mit Eberl Trocknungsanlagen aus Bodenkirchen/DE zusammen.
 
14623605460431.jpg

Im neuen Unternehmenssitz können sich Kunden einen Überblick über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verschaffen © Retrotimber

Die Behandlung erfolgt in einer sogenannten Retrokammer, die gemeinsam mit dem Maschinenhersteller entwickelt wurde. Die erste Kammer dieser Art ist seit Anfang April beim Partnerbetrieb Ortner-Holz in Tragwein in Betrieb. In den kommenden Jahren sind vier weitere Retrokammern an den diversen Standorten geplant. Nach dem Dämpfen wird die Oberfläche je nach Kundenwunsch gehobelt, gehackt und/oder gebürstet. Das Bauholz erreicht die Festigkeitsklasse C20, BSH die Klasse GL20. Derzeit arbeitet das Unternehmen an der Europäischen Technischen Bewertung (ETA) für seine Bauprodukte. Sie dient als Nachweis der technischen Brauchbarkeit im Sinne der EU-Bauproduktenverordnung.

Dämpfkapazitäten nutzen

14623605498198.jpg

Retrotimber-BSH kann sowohl für konstruktive als auch für dekorative Elemente im modernen Wohnbau eingesetzt werden © Retrotimber

Alles begann mit der Idee von Alfred Hanger, die vorhandenen Dämpfkapazitäten in den Betrieben seines Bruders und seines Cousins zu nutzen. Man versuchte zunächst, die für die Laubholzverarbeitung ausgelegten Anlagen für Nadelholz zu nutzen. Die Anwendung bei Schalungen gab es schon, weshalb sich Hanger und Fritz auf die Nische des konstruktiven Bereichs spezialisierten. Bei den ersten Versuchen musste man allerdings feststellen, dass ein einfaches Dämpfen nicht zum gewünschten Ergebnis führte. „Die charakteristischen Festigkeiten nahmen extrem stark ab. Wir rechneten zwar mit einer reduzierten Festigkeit, jedoch war die Variabilität viel höher, als erwartet“, berichtet Fritz. Da eine große Schwankungsbreite schlecht für charakteristische Festigkeitswerte ist, machte man sich an die Prozessoptimierung. Am Ende entwickelte man ein Verfahren, das mit Wasser, Temperatur und Zeit zum gewünschten Ergebnis führte. In Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck lief ein Projekt zur Bestimmung der jeweiligen Festigkeitsklasse. „Ziel war eine saubere Einordnung der Produkte in die Festigkeitsklassen, um Statikern eine Rechengrundlage zu bieten“, so Fritz weiter.
 
1462360567934.jpg

Retrotimber kann für rustikale Zwecke eingesetzt werden ... © Retrotimber

Dies war der Startschuss für die Gründung von Retrotimber. Mit der neuen Retrokammer reduzierte man die Lieferzeiten noch einmal deutlich. Vom Auftragseingang bis zur Lieferung vergehen mit der Retrokammer rund fünf bis sechs Wochen. Für kurzfristige Lieferungen hat man die gängigsten Dimensionen auf Lager. Diese Ware muss nur noch fertig getrocknet und oberflächenbehandelt werden. Dadurch erreicht man eine Lieferzeit von zwei bis drei Wochen. Das ist auch die Zeit, die für Leimbinder benötigt wird, da die Lamellen fertig behandelt auf Lager liegen und der BSH-Träger nur mehr verklebt werden muss. „Für Retrotimber ist die eingesetzte Qualität der Lärchenstämme entscheidend. Viele glauben, da das Holz gedämpft wird, ist die Qualität nicht wichtig. Genau das Gegenteil ist der Fall“, erklärt Rudolf Ortner jun. die Bedeutung der Stammqualität für das Endprodukt.

Zahlreiche Referenzen

14623605645712.jpg

... sowie für Akzente in modernen Gebäuden sorgen © Retrotimber

Neben schon vielen umgesetzten Projekten baute man kürzlich die Unternehmenszentrale mit den eigenen Produkten. Dabei kamen tragende und dekorative Bauteile zum Einsatz. So setzte man auf der Wand die unterschiedlichen Schalungsarten ein und bei der Decke Dreischichtplatten. Die Tischplatten bestehen aus aufgetrenntem BSH. Trotz der vorrangigen Verwendung als konstruktives Element lassen sich so gestalterische Akzente setzen.

Überzeugungsarbeit notwendig

14623605546732.jpg

Die gehackte und gebürstete Oberfläche sorgt für rustikale Altholzoptik © Retrotimber

„Zu Beginn sind unsere Kunden skeptisch und wollen nur echtes Altholz. Wenn sie unser Produkt das erste Mal in Händen halten, verwechseln sie es oft mit Altholz“, erzählt Fritz. So berichtete der Vertriebsleiter von einem Projekt in Südtirol, bei dem mehrere Chalets mit Altholz gebaut werden sollten. Nachdem der Zimmerer ein Chalet mit Produkten von Retrotimber testweise errichtete, entschied sich die Bauherrin, die restlichen Gebäude ebenfalls mit dem Material zu errichten. Dort, wo die Bauherren nicht auf Altholz verzichten wollen, wird häufig das behandelte Holz für statische Bauteile und Altholz für Schalungen eingesetzt. Das Bauholz setzt man neben rustikalen Gebäuden auch in modernen Häusern ein. Architekten und Planer können so Akzente setzen, erklärt der Vertriebsleiter. Weitere Referenzprojekte sind ein Chaletdorf in der Schweiz oder die Therme Bad Schallerbach. Hauptmärkte sind der Alpenraum in Österreich, Deutschland, Italien, die Schweiz und Frankreich.

Retrotimber

14623610402398.jpg

Produktreihe:  Bauholz der Festigkeitsklasse C20 (A), BSH der Festigkeitsklasse GL20 (B), Kantholz (C), Schalung (D) (auch mit Nut und Feder erhältlich), Dreischichtplatte in Altholzoptik (E); die Oberflächen gibt es gehobelt, gehackt und/oder gebürstet © Retrotimber

Gründung: 2013
Standort: Zirl
Geschäftsführer: Alfred Hanger (Produktion) und Stefan Fritz (Vertrieb)
Mitarbeiter: 5 (Vertrieb und Organisation)
Produkte: statisch berechenbare, konstruktive und dekorative Holzbauwerkstoffe in Altholzoptik in Fichte und Lärche