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In den USA geht"s wieder bergauf, Chinas Importe stagnieren © Holzkurier (Datenquelle: Russ Taylor, International Wood Markets Group)

Spät, aber doch

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 13.05.2014 - 17:56
Der globale Holzverbrauch wird weiter steigen. Das wird aber keine stetige Entwicklung nach oben sein. Volatile Preise und externe Effekte werden die Märkte der kommenden Jahre prägen. Das zeigte die 4th Global Softwood Log & Lumber Conference vergangene Woche in Vancouver.
China und der US-Hausbau waren die meistdiskutierten Entwicklungen. Beide zeigen nach oben, wenngleich spürbar langsamer, als die Prognosen noch im Vorjahr erwarten ließen.

Im Süden der USA fehlen 30 Sägewerke

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In den USA geht"s wieder bergauf, Chinas Importe stagnieren © Holzkurier (Datenquelle: Russ Taylor, International Wood Markets Group)

Nach wie vor ist die Jahres-Hausbaurate in den USA nicht über die 1 Millionen-Einheiten-Schwelle gesprungen. Trotzdem verdienten die Schnittholzkonzerne im Vorjahr glänzend. Ein harter Winter und Logistikprobleme sorgten für Ernüchterung und fallende Preise im I. Quartal. Trotzdem ist unwidersprochen, dass die USA auf mindestens 1,3 bis 1,8 Millionen Wohnungen pro Jahr zusteuern. Selbst bei konservativen Schätzungen kann der Holzverbrauch der USA nicht mehr lange von bestehenden Sägewerken erfüllt werden. Laut Russ Taylor, Geschäftsführer des Konferenzveranstalters International Wood Markets Group, könnte die US-Sägeindustrie bis 2018 Kapazitäten im Ausmaß von gut 10 Mio. m3/J Nadelschnittholz dazubekommen. Das entspricht nach der US-Rechnung 30 neuen Sägewerken, die allesamt dreischichtig laufen müssten. Doch selbst wer wollte, könnte kurzfristig kaum ein neues Sägewerk bauen. Bei nordamerikanischen Anlagenbauern hört man schon von zweijährigen Wartezeiten.
Mit einem Neubau traut sich aber ohnehin kaum wer auf die grüne Wiese. Die großen Sägewerkskonzerne (West Fraser, Weyerhaeuser, Canfor, Interfor) übernehmen dagegen zahlreiche Sägewerke, primär im Südosten der USA. Die dortigen Southern Yellow Pine-Plantagen versprechen ein reichliches Rundholzangebot in den kommenden Jahren bis Jahrzehnten.
Das Sägewerk der Klausner-Gruppe in Florida liegt da goldrichtig. Sein Engagement wird mit größtem Interesse verfolgt. Klausner ist mit mitteleuropäischer Technik (Springer-Linck-Anlagen) eine unbekannte Größe. Sollte die Linie ihr volles Potenzial abrufen und 1,2 bis 1,5 Mio. fm/J einschneiden, würde das alles in den Schatten stellen, was in den USA auf einer Linie geschnitten wurde (es gibt eine Reihe von leistungsfähigeren Standorten, die arbeiten aber mit drei oder mehr Linien).
Ilim Timber hat seine US-Sägewerke (Tolleson Lumber in Georgia) nach nur zwei Jahren wieder verkauft. Neuer Eigentümer ist Interfor. Der operative Rückzug aus den USA war aber ein lukrativer. Dem Vernehmen nach wurden die beiden Sägewerke um doppelt so viel abgestoßen, als sie zwei Jahre zuvor gekostet hatten. Ganz weg aus den USA ist Ilim außerdem keineswegs. Mit knapp 5 % beteiligten sich die Russen am Tolleson-Käufer Interfor. Ein „global marketing loop“, also ein weltumspannendes Vertriebsnetz soll aus dieser Kooperation entstehen, verriet Ilim-Vorstandssprecher Slava Bychkov auf der Konferenz.

Bürokratie bei Russlands Quote

Bychkov, der in erster Linie die Lage in Russland darstellte, berichtete von verbesserten Exportmöglichkeiten der russischen Sägerwerke aufgrund des schwachen Rubels. Der verlor im Zuge der Ukrainekrise 15 % an Wert.
Wirtschaftspolitisch will Putin die Holzverarbeitung im Land stärken. Trotz WTO-Beitritts reguliert Russland daher den Rundholzexport. Das System sei aber dermaßen kompliziert, dass die EU-Staaten gegenwärtig nur 12 % der Quote abrufen. China ist wesentlich aktiver. Immer mehr sibirische Lärche gehe nach Osten anstatt in die EU, berichtete Bychkov.
Erweiterungen in der Sägewerkskapazität erwartet der Ilim Timber-Manager in Sibirien. Diese würden auf den Export nach China und die Levante abzielen.

China kauft in Frankreich ein

Das größte Fragezeichen am Weltmarkt ist China. In der Vergangenheit wurde zu viel gebaut. Nun versucht Peking, Druck aus der Immobilienblase abzulassen, ohne dass ihr die Luft ausgeht. Die Wirtschaft wächst heuer „nur“ um 7,4 %. Der Bausektor wird für die nächsten drei bis vier Jahre als leicht schrumpfend oder stagnierend beschrieben, wobei sich die Vortragenden diesbezüglich nicht sonderlich einig waren.
Nach einer Dekade mit extremem Wachstum haben sich der Rund- und Schnittholzimport Chinas stabilisiert. Das Riesenreich führte im Vorjahr 33 Mio. fm Nadelrundholz und 15 Mio. m3 Nadelschnittholz ein. Chinas Holzhunger hat unterschiedliche Auswirkungen. Positiv: Er rettete die kanadische Sägeindustrie in der Subprimekrise. Aber schlecht für Neuseeland: Mehr als die Hälfte der Nadelholzernte verlässt das Land. Rund 12 Mio. fm Pinus radiata-Bloche dampften 2013 gen China. Gleichzeitig schlossen in der vergangenen Dekade mehr als die Hälfte aller neuseeländischen Sägewerke, vorwiegend kleinere.
Das Beispiel Neuseeland zeigt: Wenn China beginnt, große Rundholzmengen aus einem Land aufzukaufen, kann das die lokalen Sägewerke in Bedrängnis bringen. Chinesische Rundholzkäufer haben auch Europa im Visier. Aus der Ukra­ine wurden im Vorjahr 1,36 Mio. fm Nadelrundholz nach China verkauft (+223 % binnen einem Jahr). Frankreich lieferte schon 365.000 fm (+93 %). Droht Europas Nadelholzsägewerken damit eine neue Rohstoffkonkurrenz? Man sollte die Entwicklung jedenfalls im Auge behalten. Auf der Konferenz hörte man, dass in China gegenwärtig 200 neue Sägewerke gebaut werden, oft massiv subventioniert. Da China kaum lokale Holzressourcen hat, muss das Rundholz importiert werden. Chinesische Sägewerke sind aber offenbar in der Lage, so billig zu produzieren, dass sich der Rundholztransport über den Pazifik auszahlt.

Für 36 /fm nach China schiffen

Im Zuge der Konferenz wurde auch der Verladung eines Rundholzschiffes beigewohnt. Es fasst 30.000 bis 35.000 fm. Der Transport kostet (inklusive Be- und Entladung phytosanitärer Behandlung mit Methylbromid in China) rund 50 US-$/fm (36 €/fm). Im Schnitt verlässt jeden dritten Tag ein solches Schiff die kanadische in Küste Richtung China. Es mehren sich aber auch die Anzeichen eine Überhitzung. Die Nadelrundholzlager in den Häfen waren Ende des I. Quartals mit 4,5 Mio. fm fast doppelt so voll wie noch vor einem Jahr (aber noch nicht auf dem Rekordlevel von 2012). Zudem stockt der Geldfluss. Henry Lin von Superchain Logistics berichtete von Zahlungszielen zwischen 90 und 180 Tagen nach Lieferung.
Bemerkenswert an China ist seine extreme Dynamik. Wenn es weniger Nadelrundholz gibt, wird eben
Schnittholz importiert, und zwar mit atemberaubenden Wachstumsraten. Verglichen mit dem Jahr 2000, hat sich Schnittholzimport des Landes verdreißigfacht.
Chinas Schnitt- und Rundholzimport sollten heuer kombiniert um 3,7 % zurückgehen, prognostizierte John Langley von Tolko Industries. Gleichzeitig wies er aber auch auf Chinas rigorosen Waldschutz hin. Im April stoppte die Regierung etwa den Einschlag in Heilongjiang. Die Provinz lieferte vor zehn Jahren noch 10 Mio. fm.

Indien muss umdenken

Ein nicht viel kleineres Land ist Indien. Dessen 1,2 Milliarden Einwohner seien zu über 50 % jünger als 25 Jahre, berichtete Brian Leslie, der für die kanadische Regierung den Holzexport in Indien betreut. Die Anzahl der Mittelklasseangehörigen soll sich bis 2025 auf 580 Millionen verdoppeln. Dieses Wachstum wird den Holzverbrauch steigern, aber das stellt die 26.000 indischen Sägewerke vor große Aufgaben. Geringe Mechanisierung, veraltete Technik und hoher Arbeitskrafteinsatz prägen die Branche.
Gegenwärtig importiert Indien 7,5 Mio. fm Rundholz. Zwei Drittel davon sind Laubhölzer und stammten vorwiegend aus Myanmar und Malaysia. Die Vergangenheitsform ist wichtig, weil Myanmar am 1. April – unter Einsatz seines Militärs – den Rundholzeinsatz stoppte. So soll die Holzernte kontrolliert werden. Konsequenter Waldschutz könnte die Mengen aus Malaysia ebenfalls massiv drücken. Indien ändert daher seinen Einkaufsmix zugunsten von Nadelholz. Lag dessen Importanteil (Rund- und Schnittholz) im April 2013 nur bei 8 %, waren es ein Jahr später schon 28 %. Größter Nadelschnittholzlieferant ist übrigens Deutschland.
Hier will Kanada aufholen und finanziert mittlerweile Holzforschung und Produktentwicklung in Indien. Ziel ist es, Alternativen zu Teak anzubieten. Hemlock, Douglasie oder Western Red Cedar haben Potenzial, sich in Indien durchzusetzen, attestierte Leslie. Aber er warnte auch vor dem Markt: „Korruption ist in Indien ein nicht zu leugnender Faktor.“

Beton ist teuer in Japan

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Kanadische Bloche für Asien: Neun Tage dauert es, bis die 30.000?fm vom Wasser auf das Schiff gehievt sind - 100 solcher Ladungen werden jährlich nach China entsandt © Johannes Plackner

In Japan wird heuer ein 10 bis 15 %iger Rückgang am Bau pro­gnostiziert. Allerdings könnte der Holzbauanteil steigen. Beton und Stahl verteuerten sich aufgrund der Infrastrukturausgaben nach dem T?hoku-Erdbeben um 30 bis 40 % gegenüber dem Vorjahr. Noch leben viele Geschädigte in Notunterkünften. Der Wiederaufbau werde erst 2015 sein volles Ausmaß erreichen und bis 2020 andauern, sagte Shawn Taylor, der die kanadische Holzwerbung in Japan leitet.

Wohin mit 5 Mio. m3 aus Europa?

5 % mehr Schnittholzproduktion in Europa prognostizierte EOS-Präsident Måns Johansson für das laufende Jahr. Die Erholung wird von Österreich angeführt, welches um 10 % mehr produzieren will. In Summer ergibt das 5 Mio. m3 mehr Nadelschnittholz am alten Kontinent. Allerdings ist fraglich, wer die Mehrmenge braucht.
Preislich sind die USA noch nicht attraktiv genug, dass sich der Export in größerem Ausmaß rentieren würde. Günstigere Sortimente haben mit Ägypten (Rotholz) und China (Weißholz) aber schon Kanäle gefunden.

Fazit: bewölkt, aber wärmer

200 neue Sägewerke, aber Rückgang am Bau – die Lage in China ist nicht einfach einzuschätzen. Die Voraussagen zum US-Hausbau schwanken zwischen 1,17 und 1,55 Millionen Einheiten für 2015. Erstere wären wohl noch mit lokalen Sägewerken zu bedienen. Letztere würden massive Importe (wohl auch aus Europa) und damit auch steigende Schnittholzpreise bringen. „Die Märkte bleiben volatil“, brachte es Taylor in seiner Markteinschätzung auf den Punkt.