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Lars Schmidt, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH) © DeSH

Schleichendes Sägersterben

Ein Artikel von Gerd Ebner | 03.02.2016 - 08:03
Wie lange gibt es noch deutsche Sägewerke? Diese provokante Frage muss man sich stellen, wenn man die sinkenden Unternehmenszahlen und die jüngsten Sägewerks-Betriebsergebnisse ansieht.

351 größere Sägewerke

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Rückgang der Sägewerksbetriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern von 2008 bis 2014: -19% auf nur noch 351 (rot); grün: die Entwicklung der Beschäftigung © DeSH

Die Fakten: Von 2008 bis 2014 ging die Zahl der Sägewerke, die mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigten, von 435 auf 351 (–19 %) zurück. Außerdem zeigt der Betriebsvergleich von Monika Hartmann, an dem kleine und mittlere Sägewerke teilnehmen, dass diese 2014 ein Ergebnis von mickrigen 6 Cent/m3 Nadelschnittholz aufwiesen. Das entspricht einer Umsatzrendite von einem Zehntel Promille (Annahme: 150 €/m3 Nadelschnittholz-Umsatz). Zu knabbern hat die Branche weiterhin am Horrorjahr 2012, als die erfassten Werke einen Verlust von 7 €/m3 einfuhren (s. Grafik)

Umsatzrückgang 2015

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Lars Schmidt, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH) © DeSH

Nach zwei Jahren mit steigenden Umsätzen (2013 und 2014) ging es im Vorjahr wieder bergab. Mit hochgerechneten 4,04 Mrd. € lag die deutsche Sägeindustrie um 240 Mio. € unter den 2014er-Zahlen. Zum Vergleich: Die deutsche Systemgastronomie („Kebap-Buden“) erwirtschaftet rund 5 Mrd. €/J. Entsprechend zeigt sich Lars Schmidt, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutsche Säge- und Holzindustrie (DeSH), auch nicht darüber verwundert, dass „es seit Jahren einen gewaltigen Investitionsstau in der Branche gibt“. Im Produktbereich gibt es fast keine Forschung und Entwicklung. Das Gehirnschmalz wird laut Schmidt „fast ausschließlich auf Effizienzsteigerungen gelegt“. So stark auf interne Prozessoptimierung fokussiert zu sein, nimmt der Branche die Möglichkeit, neue Produkte zu entwickeln.

Bewusst, was passiert?

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Monika Hartmann erhob die Betriebsergebnisse der deutschen Sägewerke - im Vorjahr lag das Ergebnis bei 6 Cent/m3 (Umsatzredite: 0,1 ?) © Monika Hartmann

Schmidt fragt sich, ob sich „die Waldbesitzer dieses schleichenden Säger-Niedergangs überhaupt bewusst sind“. Trotz des dem Sturm Niklas geschuldeten Preisrückgangs beklagt der DeSH in Deutschland die „höchsten Rundholzpreise der Welt“ (s. Grafik). „Deutschland liegt um 34 % über dem Weltpreis“, analysiert er. „Gegenüber nordischen Sägern liegt der Nachteil sogar bei 50 %.“

Von weniger Einschnitt leben

Ob es eine Einschnitt-Überkapazität gibt und wie hoch diese tatsächlich ist, kann Schmidt nicht beantworten. „Fakt ist: Die Säger mussten in den Vorjahren lernen, mit verminderter Produktionsauslastung positiv zu wirtschaften.“ Die Nadelschnittholz-Produktion dürfte 2015 auf 20,3 bis 20,4 Mio. m3 zurückgegangen sein (–2 %). 23,9 Mio. m3 waren es im Rekordjahr 2007.
2016 dürfte laut Schmidt zu einem „weiteren Konsolidierungsjahr“ werden. „Vom schmäleren Ende her geht es rasend schnell – kleinere Betriebe verschwinden lautlos“, bedauert Schmidt.

Schleichender Waldumbau

Heuer sei die Rundholzversorgung entspannter als in den Vorjahren, da von einem vermehrten Schadholzanfall ausgegangen werden muss. „Aber Holz wird knapper, da es als längerfristigen Trend den Waldumbau gibt. In Regionen wie dem Sauerland sind die Folgen schon real. In einem Jahrzehnt werden es wohl alle Nadelholzsäger spüren“, sagt Schmidt voraus. Nur regional kommt es noch zu Vorratsaufbau in den Wäldern (auf Steilhängen). Bei Starkholz (\>50 cm BHD) wächst der Vorrat ebenfalls.
Die Eile, für Hartholz endlich neue Produkte zu entwickeln, teilt Schmidt nur bedingt: „Man muss bedenken, dass größere Mengen erst in 40, 50 Jahren auf den Markt kommen.“ Bei der Eiche gebe es insbesondere wegen der Rundholz-Exporte Versorgungsprobleme.

Stilllegungsnutzen beweisen!

Bei den Hartholzsägern könnte der Rohstoff auch knapp werden. „Von Flächenstilllegungen sind hauptsächlich Buchenwälder betroffen. Davon erwarten sich Umweltschützer mehr Biodiversität als in bewirtschafteten Wäldern. Dafür fehlt aber jeglicher Beweis – es gibt noch kein Monitoring.“ Die Brennholznutzung knabbert das Rohstoffpotenzial zusätzlich an. „Das wird sich aber wohl bald ändern. Brennholzöfen sind keine effiziente Verbrennungsart.“
Bereits kurzfristig werden die Säger wohl am Aufschwung des Holzbaus partizipieren können. „Der Wohnbau-Bedarf wird zunehmend auch vom Holzbau gestillt. Die Bauträger haben die Vorzüge insbesondere bei Aufstockungen und im seriellen Bau schon erkannt.“ Schmidt appelliert daher an mehr Branchenselbstbewusstsein. „Wir sollten uns nicht nur über Sonderfälle und Leuchtturmprojekte definieren. Bisher gefielen wir uns in der Rolle der Sonderlinge – wir können aber deutlich mehr.“
Damit es aber zum massenhaften Holzeinsatz komme, müsse alles daran gesetzt werden, dass der Planungsaufwand dem von Stahl oder Beton entspreche, sprich: deutlich reduziert werde. „Normung, Bereitstellung, Produktunterlagen“, lautet der Word-Rap von Schmidt. „Künftig sollten wir auf die technischen Vorteile, die Produkteigenschaften, die präzise Vorfertigung und – jawohl – auch auf die Wirtschaftlichkeit verweisen.“ //