Wer in den kommenden Monaten zwischen Inari und Rovaniemi fährt, hat Chancen, Europas schwerstes Lkw-Gespann in Aktion zu sehen. Vor Kurzem wurde dort ein Rundholztransporter mit 104 t höchstzulässigem Gesamtgewicht auf die Strecke geschickt. Seine Aufgabe ist es, Rundholzmengen vom finnischen Staatsforst Metsähallitus zwischen den beiden Städten im infrastrukturschwachen Lappland zu transportieren. Weil dieses Gewicht selbst für skandinavische Verhältnisse außergewöhnlich ist, werden seine Fahrten wissenschaftlich begleitet. Analysiert werden ökonomische und ökologische Aspekte, Folgen auf die Verkehrssicherheit und die Verfügbarkeit. Projektpartner sind das Forschungsinstitut Metsäteho, die Universitäten Oulu, Helsinki (Aalto), und Tampere sowie der Reifenhersteller Nokian.
Die Erwartungen sind groß. Dieselverbrauch und CO2-Ausstoß sollen gegenüber üblichen 60 bis 76 t Fahrzeugen um ein Fünftel sinken. Überraschenderweise argumentieren die Projektbeteiligten auch mit einer höheren Sicherheit im Straßenverkehr.
Die Erwartungen sind groß. Dieselverbrauch und CO2-Ausstoß sollen gegenüber üblichen 60 bis 76 t Fahrzeugen um ein Fünftel sinken. Überraschenderweise argumentieren die Projektbeteiligten auch mit einer höheren Sicherheit im Straßenverkehr.
Der „Große“ mit 104 t
Sechs Unternehmen besitzen die Lizenz, um Lkw mit bis zu 110 t zu testen. Das hier gezeigte Fahrzeug, welches als erstes die 100 t-Grenze überschritt, wird von Frächter Ketosen Kuljetus betrieben. Das 104 t schwere und 33 m lange Gespann besteht aus einer Sattelschlepper-Zugmaschine (Scania R730), einem Auflieger und einem nachfolgenden Anhänger.
Die Zugmaschine und der Auflieger haben je vier Achsen, der Anhänger fünf. Bis auf drei sind alle Achsen vierfach bereift. Das soll die Straßenbelastung reduzieren. Das Sattelschlepper-Gespann bringt bis zu 62 t auf die Waage, der nachfolgende Anhänger weitere 42 t. Je nach Länge der Abschnitte passen vier bis sechs Stapel auf das Fahrzeug.
Die Nutzlast beträgt 77 t, was laut ersten Erfahrungen knapp 100 fm entspricht. Über die Transportkosten je Festmeter und Kilometer wurden noch keine Angaben gemacht. Wer sich aber vor Augen hält, dass der finnische Staatsforst jährlich 13 Mio. l Treibstoff verbraucht, versteht das Interesse an möglichst effizientem Transport.
Im Wald haben diese Lkw nichts verloren. Man muss sie sich eher als Ersatz für die Bahn vorstellen, die es in weiten Teilen Lapplands nicht gibt. Der Transport zu Umladeplätzen muss mit wendigeren und geländegängigen Fahrzeugen geschehen.
Es geht auch eine Nummer kleiner
Bald sind Neunachser die Regel
Mehr als doppelt so hohe Gesamtgewichte als in Mitteleuropa gibt es noch gar nicht so lange. Bis Mitte der 1980er-Jahre limitierte Finnland das Gesamtgewicht mit 42 t. Dann zogen die Nordeuropäer aber davon. Binnen zehn Jahren stieg diese Grenze schrittweise auf 60 t. Seit 1. Oktober 2013 sind neunachsige Gespanne mit maximal 76 t im Regelverkehr erlaubt. In der Wirtschaft verbreiten sich diese Transportfahrzeuge rasch. Kurz nach Anhebung des Gewichtslimits wurden vorwiegend Siebenachser (60 bis 64 t) verkauft. Der Anteil der schweren Neunachser steigt aber stetig – und wird sich wohl binnen wenigen Jahren durchsetzen (s. Grafik).Noch müssen die finnischen Frächter mit ihren 68 und 76 t schweren Geräten im Land bleiben. Es gibt aber bereits Gespräche mit Schweden, den internationalen Transport zu erlauben.