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Renaissance der Schwalbenschwänze © Plackner

Rückkehr der Schwalben

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 27.08.2014 - 14:35
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Renaissance der Schwalbenschwänze © Plackner

Die Schwalbe ist im Alpenvorland seit jeher ein Glückssymbol. Im Herbst flüchtet der Zugvogel vor den kalten Temperaturen. Bei der Rückkehr wird er als Frühjahrsbote freudig willkommen geheißen. Das bietet eine schöne Analogie zu der althergebrachten Holzbautechnik des Schwalbenschwanzes. Händisch ist diese optisch schöne Einhangverbindung aufwändig herzustellen. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwar traditionell in den Berufsschulen gelehrt, war in der Praxis aber immer seltener anzutreffen.
Das ändert sich gerade. Denn mit modernen fünfachsigen Abbundmaschinen wird der konisch zulaufende Schwalbenschwanz sogar bei angewinkelten Verbindungen präzise aufgefräst. So eine Maschine – genauer gesagt, eine Hundegger K2i – arbeitet seit Juli bei der Zimmerei Schwangler im bayerischen Petting. Zimmerermeister Andreas Schwangler verwendet die traditionelle Verbindungsmethode dank seiner modernen CNC-Anlage nun immer häufiger. Das freut den Holzbaukenner – die Schwalbe ist zurück.

„Gar nichts mehr“ mit der Hand

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In der Bearbeitungszone sind unter anderem die Stellbrettfräse, das schwenkbare Bohraggregat, der Horizonalbohrer und das Schlitzaggregat © Dominik Fritz

Althergebrachtes Holzbauwissen und Hightech-Abbund gehen also Hand-in-Hand. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter der blaugelben Maschine mit der Typenbezeichnung Hundegger K2i? Es handelt sich um die modernste Version der Einzelstab-Abbundanlage des Hawanger Weltmarktführers.
Zwei Greifarme holen die Hölzer von der Aufgabe ab und begleiten sie durch die Bearbeitungszone. Vielfältige Aggregate (Bohren, Fräsen, Kappen, Markieren, …) bewerkstelligen die im CAD-Plan vorgesehenen Bearbeitungen. Menschliches Zutun ist dabei nicht nötig.
Großer Vorteil des weltweit meistverkauften Abbundanlagentyps ist seine Flexibilität. Dank aufeinander abgestimmter Modulbauweisen lässt sie sich exakt auf die Anforderungen des Kunden aufrüsten.
Schwanglers Anlage hatte hohe Automation zum Ziel. „Wir machen beim Abbund gar nichts mehr mit der Hand“, erklärt der Oberbayer. Neben der standardmäßigen Untertischkappsäge orderte er die K2i mit folgenden Aggregaten:
Fünfachsfräser
zwei Vertikalfräsen
drei Bohraggregate (horizontal, vertikal, horizontal schwenkbar)
Schlitzaggregat
Stellbrettfräse
drei Markieraggregate
Zusätzlich wurde schon im Vorjahr ein Hund­egger-Vierseitenhobel angeschafft. Dieser perfektioniert die Oberfläche der abgebundenen Stäbe.

Zuerst fräsen, bohren – dann hobeln

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Die Greifarme führen die Holzstäbe sicher auf ihrem Weg durch die Abbundanlage © Dominik Fritz

Begleiten wir nun einen fiktiven Holzbalken durch die K2i. Es handelt sich um einen Nebenträger einer Holzdecke mit sichtbarer Unterseite. Schwangler verwendet dafür hochwertiges Brettschichtholz. Der Rohbalken wird per Stapler auf die Aufgabe gelegt. Ein Querförderer bringt ihn nach hinten an den Anschlag, welcher der Maschinennulllinie entspricht. Dort übernehmen ihn die zwei Greifarme. Die CAD/CAM-Daten für die Bearbeitung wurden im Zuge der Arbeitsvorbereitung in die Hundegger-Steuerung eingespielt. Schwangler plant mit der Software von Nussreiner, welche problemlos mit der Maschine kommuniziert.
Sobald der Bediener den Arbeitszyklus an der Steuerung startet, beginnt die Bearbeitung. Zunächst wird per Untertisch-Kappsäge eine plane Stirnseite angefertigt. Dann folgt die Schwalbenschwanzverbindung. Den Umriss des Spunds schneidet zunächst ein Walzenfräser ins Holz. Die flachen Schneiden des Werkzeuges hinterlassen dabei eine makellose Oberfläche. Leicht geriffelt ist dagegen die Seitenfläche des Spunds. Das aufgeraute Fräswerkzeug verhindert Ausrisse von Holzfasern, wird aber mit einer Genauigkeit von Zehntelmillimetern durchs Holz geführt.
Für den Anschluss einer Stiege werden noch Bohrungen für eine Gewindestange benötigt. Das übernimmt ein schwenkbares Bohraggregat. Der Fingerfräser erzeugt eine Tasche, worin der Schraubenkopf verschwinden kann. Nun wird auch auf der Rückseite der Schwalbenschwanzspund angefertigt. Während der Fräser die konisch-schräge Kontur erzeugt, bringt ein Förderband alle Abschnitte vollautomatisch zu einem Hacker.
Der Abbund an sich ist fertig, doch die Oberfläche funkelt noch nicht perfekt. Das übernimmt vollautomatisch der Hundegger-Vierseitenhobler. Die wenigen Millimeter Hobelzugabe wurden bei der CNC-Bearbeitung davor bereits berücksichtigt. Wenn der Stab also aus der Maschine kommt, ist er bereit für den Einbau. Manuelle Nachbearbeitung ist so gut wie nie nötig. „Vorausgesetzt, die CAD-Pläne wurden korrekt angefertigt“, ergänzt Schwangler. Er und sein Team haben darin genug Erfahrung. Lohnabbund-Aufträge müssen aber mitunter auf Plausibilität geprüft werden. „Sonst kommen eckige Zapfen und runde Zapfenlöcher aus der Anlage“, meint der Zimmerermeister augenzwinkernd.
Bei Lohnaufträgen sei die Schwalbe übrigens ebenfalls beliebt. Immerhin handle es sich um eine günstige Verbindung, die außer einer Vollgewindeschraube keiner weiteren technischen Hilfsmittel bedürfe. (Anm.: Das hängt auch von den jeweiligen Holzbauvorschriften ab.)

Meist Dachstühle, manchmal ganze Häuser

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Fräswerkzeug für Schwalbenschwänze © Dominik Fritz

Schwangler beschäftigt fünf Zimmerergesellen. Mit seinem kleinen Team ist er regional tätig – meist im Umkreis von 15 km. Sein Hauptgeschäft sind Dachstühle bei Einfamilienhäusern, größeren Objekten oder landwirtschaftlichen Bauten. Mit einem möglichen Querschnitt von 30 mal 62,5 cm und Längen von 20 m ist die Abbundanlage auch dafür problemlos geeignet. Manchmal errichtet Schwangler auch komplette Holzhäuser in MHM-Bauweise. Er kooperiert dafür mit dem Ainringer Holzbaubetrieb Koch (s. Holzkurier Heft 35/12, S. 30–31), welcher die leimfreien Massivholzwandelemente, millimetergenau abgebunden, vorfertigt.

Gute Erfahrungen mit der „Alten“

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Der Betriebsinhaber, Zimmermann Andreas Schwangler, sitzt auf frisch abgebundenem Leimholz vor seiner neuen Hundegger © Plackner

Zu tun gibt es für den Holzbauunternehmer genug. „Die Auftragslage ist gut“, freut sich Schwangler über die positiven Rahmenbedingungen, Stichwort: „niedrige Zinsen“. Da macht eine Investition in den eigenen Maschinenpark gleich viel mehr Sinn. Dass es eine Abbundanlage von Hundegger werden sollte, war übrigens unstrittig. Vor zwölf Jahren hat bereits sein Vater eine Hundegger-Anlage angeschafft. Damals handelte es sich um das Vorgängermodell K2. Die wurde von Hundegger zurückgenommen, wieder in die Allgäuer Werkshallen gebracht und dort überholt. Die Gebraucht-anlagen des CNC-Abbund-Weltmarktführers sind gefragt und entsprechend schnell verkauft. In Petting tut dagegen die neueste Technik zuverlässig ihren Dienst. Zwei Wochen dauerten der Abbau der alten und die Inbetriebnahme der neuen Anlage am selben Platz. Mit Ausnahme der automatischen Entsorgung waren keine Zusatzinvestitionen nötig.
Zwischen 1000 und 2000 m3/J wird die Anlage künftig abzubinden haben. Die Menge schwankt zwar, soll aber konstant bleiben. Wachsen will Schwangler nicht, aber unbedingt am Stand der Technik bleiben. Da fühlt er sich bei Hundegger gut aufgehoben. „Wir waren vorher zufrieden und sind es jetzt auch“, lobt er. Auf diese Weise ist der Zimmerer für die Zukunft gut gerüstet. Die unternehmerische Fortune wird ihm wohl auch gewogen bleiben. Denn die Schwalben(schwänze) werden Schwangler auf absehbarer Zeit nicht mehr verlassen.

Maschine live in Klagenfurt

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Ein Zimmerergeselle des bayerischen Holzbaubetriebs steuert die K2i per robusten Bedienpult mit Flachbildschirm © Dominik Fritz

Wer die Möglichkeiten des modernen Abbunds selbst in Augenschein nehmen möchte, sollte bald nach Klagenfurt fahren. Von 4. bis 7. September präsentiert Hundegger sein Abbundsortiment. Ausgestellt wird dort die kompakte Anlage Robot-Drive (s. Holzkurier Heft 41/13, S. 16–17).
Zimmerei Schwangler
Gründung: 1970
Betriebsinhaber: Zimmerermeister Andreas Schwangler
Standort: Petting (Oberbayern)
Sortiment: Lohnabbund, Dachstühle, Balkone, Hütten, Blockhäuschen, Häuser nach System Massiv-Holz-Mauer, Innenausbau, Bautischlerei
Verbreitung: Großteil der Aufträge im Umkreis von 15 km
Mitarbeiter: 5