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Ein außergewöhnlich internationales Publikum fand sich am 17. Juni zur ersten Vienna Wood Products and Markets Conference in Österreichs Hauptstadt ein © Hannes Plackner

Rubel, LVL und Brettsperrholz

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 24.06.2015 - 13:19
Wien war in der vergangenen Woche der Nabel der internationalen Holzwelt. Am Tag nach der Schweighofer Prize-Verleihung fand am 17. Juni die erste Vienna International Wood Products and Markets Conference statt.

Österreich beherbergte 1955 über 5400 Sägewerke. Heute sind es nur mehr rund 1000. Allein seit Ende der 1980er-Jahre hat jeder zweite Betrieb geschlossen. Mit diesen Zahlen begrüßte Christoph Kulterer, CEO der Hasslacher-Gruppe, die Teilnehmer. Dass Österreich trotzdem zu einer Macht der Holzbranche wurde, lag an Großinvestitionen und der Entwicklung der Leimholzindustrie. Zuletzt machten zwar Rundholzknappheit und -preise sowie die Italienkrise Probleme. Für den Aufbau eines von BSH und BSP getragenen Leimholzmarktes wird Österreich aber Respekt gezollt.

Deutschland und Schweden wachsen

Zahlen zu Europas Schnittholzproduktion präsentierte Carsten Doehring, CEO von Ilim Timber Europe, für die Europäische Sägewerksorganisation (EOS). Deutschland erzeugte im Vorjahr 21 Mio. m3 Nadelschnittholz und peilt heuer 21,5 Mio. m3 an. Die Bauwirtschaft boomt, allerdings vor allem im mehrgeschossigen Wohnbau, bei dem der Holzanteil traditionell gering ist.

Schwedens Schnittholzproduktion wuchs 2014 um 9 %. Das führte Doehring auf die hohe Nachfrage in zwei Hauptmärkten (Großbritannien und Ägypten) zurück. Das Land blieb im Vorjahr mit 12,3 Mio. m3 Nadelschnittholzausfuhren (+6%) unangefochtener Exporteuropameister (ohne Russland). Interessant ist die mehrjährige Exportentwicklung. Im Vergleich von 2009 mit den prognostizierten 2015-Zahlen gibt es unter den Großen Vier folgende Entwicklung:
    Schweden: +6,1 % auf 13 Mio. m3Finnland: +43 % auf 7,58 Mio. m3Deutschland: +6,9 % auf 7 Mio. m3Österreich: –13 % auf 4,95 Mio. m3
Hinterfragt wurde in Wien aber, ob intereuropäische Lieferungen überhaupt als Exporte gelten sollen. Einem Nordamerikaner mutet es befremdlich an, eine Fuhre von Bayern nach Tirol als Export anzusehen. Tatsächlich bleiben 85 % der EOS-Produktion in Europa, berichtet Doehring. Der Rest teilt sich heuer auf 10 % Levante, 3 % Japan und je (nur) 1 % China und Nordamerika auf.

Das Nadelrundholzangebot ist europaweit bestenfalls moderat. Am schwierigsten ist und bleibt die Versorgungslage in Deutschland und Österreich.
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Entwicklung des Nadelschnittholzexports der vier größten EOS-Mitglieder © Hannes Plackner

Deutschland peilt heuer 21,5 Mio. m3 Nadelschnittholz an. Schweden kommt auf 17,9 Mio. m3, gefolgt von Finnland (10,7 Mio. m3) und Österreich (8,3 Mio. m3).
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Entwicklung der Nadelschnittholzprodjktion der vier größten EOS-Mitglieder © Hannes Plackner

73 % von Schwedens Nadelschnittholz werden exportiert. Das sind heuer 13 Mio. m3 – mehr als Deutschland (7 Mio. m3) und Österreich (4,95 Mio. m3) zusammen. Finnland hat seine Exporte seit 2009 um 43 % auf 7,58 Mio. m3 gesteigert.
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Marktanteil an Europas Nadelschnittholzexport © Hannes Plackner

Von Europas Nadelschnittholzproduktion bleiben 85 % am Kontinent. Mit Abstand wichtigste Exportmärkte sind die Levanteländer, gefolgt von Japan. In die USA oder nach China geht nur 1 % der Produktion.

Zwei bis drei Buchen-LVL-Werke

Mit zwei bis drei Investitionen in Laubholz-Furnierschichtholz rechnet Anlagenbauer Siempelkamp in den kommenden Jahren. Bei Pollmeier in Creuzburg/DE habe sich die Technologie bewährt, berichtete Dr. Michael Schöler, Forschungs- und Entwicklungsleiter von Siempelkamp. Grundsätzlich werde der Anteil von plattenbasierten Werkstoffen (OSB und LVL) am Holzbau steigen, denkt man bei Siempelkamp. Weitere Trends sind deutlich niedrigere Dichten oder alternative Holzarten. Neben Buche könnte sich auch die Birke für Furnierschichtholz eignen, verriet Schöler.

Nächstes BSP-Werk in Südschweden?

Heikki Vidgren vom Beratungsunternehmen Pöyry eröffnete die Diskussion um Brettsperrholz. Nach Jahren massiven Wachstums im Alpenraum stellt sich die Frage, wo weitere Brettsperrholz-Werke sinnvoll sind. Laut Vidgren habe der eigentliche Ausbau „noch nicht einmal begonnen“. Hohen Rohstoffkosten könnte man entgehen, indem der nächste Standort „nicht in der teuersten Versorgungsregion der Welt gebaut wird“ (gemeint waren Österreich und Deutschland). Seiner Einschätzung nach wäre Südschweden eine geeignete Region. Schnittholz sei dort spürbar günstiger. Die norddeutschen Ballungsräume wären über die Straße gut erreichbar.

Wo Stora Enso ein weiteres BSP-Werk in Betracht ziehen könnte, beantwortete Herbert Jöbstl am Podium nicht konkret. Man müsse dem Markt folgen. Im finnischen Varkaus investiert Stora Enso etwa 43 Mio. € in ein LVL-Werk für Bauelemente, welches binnen Jahresfrist in Betrieb gehen soll. Um von den hohen Rohstoffkosten wegzukommen, wird BSP zunehmend mit anderen Materialien kombiniert.
Dass bei Brettsperrholz neben Rohstoffkosten auch die Anlagen-Fixkosten einen großen Teil der Produktionskosten ausmachen, merkte Mario Wagner an. Laut dem Geschäftsführer des BSP-Pioniers KLH gibt es aus zahlreichen Ländern Interesse an einer eigenen Produktion. Doch die kleinteilige Erzeugung zahle sich nicht aus. „Dann sind die Kosten zu hoch.“ Die Investitionen sollten zudem nicht nur in den Maschinenpark laufen, sondern in technische Expertise, warnte er Interessenten im Auditorium vor. Vernachlässigung des Kompetenzaufbaus sei ein „Hauptproblem“ der BSP-Branche. Jöbstl pflichtete bei. Es gebe weiterhin nur wenige Architekten, die mit BSP bauen könnten.

Russland: um 20 % mehr Marge nur wegen des Rubel

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Ein außergewöhnlich internationales Publikum fand sich am 17. Juni zur ersten Vienna Wood Products and Markets Conference in Österreichs Hauptstadt ein © Hannes Plackner

Zentrales Thema war Russland. Eine „Einführung in die Realität“ betitelte Martin Hermansson vom Moskauer Investor RFI Consortium seine Präsentation. Der schwedische Unternehmer hat vor Kurzem ein Säge- und Pelletswerk in Krasnojarsk erworben, das nun mit europäischer Technik (Springer, EWD) zu einem Millionenstandort aufgerüstet wird. Seiner Einschätzung nach ist die Rundholzbeschaffung das größte Problem. Die Wälder sind oft in desolatem Zustand. Bei den Förstern fehle Wissen über richtige Durchforstung. Betrügereien und Korruption erschweren die Lage.

Aufgrund der Rubelabwertung sind im Vorjahr aber plötzlich gute Zeiten in der Holzverarbeitung angebrochen. Laut Hermanssons Rechnung sind die Produktionskosten für einen Kubikmeter Nadelschnittholz im Vergleich zum Vorjahr von 53 auf 35 US-$ (46,7 auf 30,1 €) gesunken. Die Frachtkosten von Sibirien an einen Hafen sanken von 43 auf 27 US-$/m3 (37,9 auf 23,8 €/m3). Die Folge: „Wer im Vorjahr gerade mit null ausstieg, macht heute 20 % Gewinn.“

Gute Margen im Südosten der USA

Wesentlich gemächlicher, als gedacht, erholt sich die Baubranche in den USA. Ähnlich wie in Deutschland sind es vor allem mehrgeschossige Wohnbauten, die boomen. In diesem Segment sei das Vorkrisenniveau bereits erreicht, berichtete der Kanadier Kevin Mason von ERA Forest Products Research. Die fast ausschließlich aus Holz gebauten Einfamilienhäuser hinken weiter hinterher.
Der Südosten der USA bleibt indes ein goldener Boden für die Sägeindustrie. Seit 2009 erholt sich die Schnittholzproduktion in dieser Region deutlich schneller als an der Westküste. Die Preise von Southern Yellow Pine-Schnittholz (Sumpfkiefer) sind zudem stabiler als von Western SPF (Fichte, Kiefer und Tanne von der Westküste). Zweiter Vorteil für die Südsäger: Während sich Westküstenrundholz von 2008 bis 2014 preislich verdoppelte (etwa Douglas fir von 300 auf 600 US-$/1000 bft), stieg Sumpkiefern-Rundholz nur von 300 auf 340 US-$/1000 bft.
Die weitere Entwicklung der US-Sägeindustrie ist laut Mason schwierig abzuschätzen. Marktrelevante Unbekannte seien Wechselkurse und das Softwood Lumber Agreement, welches im Oktober ausläuft (s. Holzkurier Heft 18, S. 3).

Europa könnte wieder Millionen in die USA verschiffen

Die Jahre, in denen Chinas Holzimport aus Nordamerika dreistellig stieg, sind vorbei. Von Kanadas Westküste wurden von 2010 bis 2014 konstant zwischen 7 und 8 Mio. m3/J Nadelschnittholz nach China geliefert, berichtete Unternehmensberater und Konferenzorganisator Russ Taylor. China bezieht seine Schnittholzmengen zunehmend aus Russland und Chile.

Die USA werden wi eder vermehrt in Europa einkaufen. Laut einer Prognose von Taylors Beratungsunternehmen Wood Markets könnten sich die Nadelschnittholz-Lieferungen von Europa binnen fünf Jahren auf 3 Mrd. bft (rund 4,8 Mio. m3) verzehnfachen und damit ein Volumen wie zu Rekordzeiten 2005 erreichen. Aber Taylor schränkte ein: „Die Hausbauzahlen sind unmöglich zu prognostizieren.“

In diesem globalisierten Markt ist es interessant, welche Länder die höchsten Schnittholzproduktionskosten haben. Laut einer Erhebung Taylors gibt es die geringsten Einschnittkosten (in US-Dollar pro Kubikmeter) im Baltikum, in Deutschland, Österreich und Tschechien. Die größten Gewinnmargen fahren Werke im Süden der USA ein.

Chinas „New Normal“: nur mehr 7 % jährliches Wachstum

In China muss sich die Holzbranche an eine neue Realität gewöhnen. Die Konjunktur werde „nur mehr“ um jährlich 7 % wachsen, berichtete Holzhändler Will Zhang. Zudem sind die Rundholzlager voll. 3,9 Mio. fm lagerten Ende Mai in chinesischen Häfen – um 80 % mehr als 2013. Die Nadelrundholz-Importmenge sank von Januar bis April gegenüber dem Vorjahr um 22 % auf 9,8 Mio. fm. Gleichzeitig sind die Arbeitskosten in China massiv angestiegen. Zhang berichtete von +15% in zwei Jahren. Das hatte zur Folge, dass er in seinem Handelsunternehmen statt 30 nur mehr 18 Verkäufer beschäftigt.

Besser sieht die Lage bei Nadelschnittholz aus. Hier stieg Chinas Import in den ersten vier Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 % auf 5,33 Mio. m3. Vor allem Schweden (+31% auf 161.000 m3) und Finnland (+57 % auf 184.000 m3) lieferten mehr. „Hochwertiges skandinavisches Holz gehe vor allem in den Möbelbau und sei weiterhin gut nachgefragt“, erklärte der Chinese. Innenausbau aus Massivholz wird als Zeichen des Wohlstands gesehen und boomt selbst dann, wenn der Neubau schwächelt.

Logistisch ist das Riesenreich immer besser angebunden. Im Vorjahr gab es sieben Güterzugverbindungen nach Europa. Heute sind es schon 19. Ein Containertransport dauere damit nur mehr zehn Tage, betonte Zhang. Chinas Regierung setzt zudem Initiativen für nachhaltigen Bau. Wer ein zertifiziertes Green-Building errichtet, bekommt 14 bis 28 €/m2 Grundfläche zurückerstattet.