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Thomas Göritzer, Partner, Financial Advisory/Deloitte Wien © Deloitte

Rentabilität auf dem Prüfstand

Ein Artikel von Thomas Göritzer, Albert Hannak, Maximilian Henn, Ferdinand Waldstein-Wartenberg | 10.09.2014 - 13:54
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Thomas Göritzer, Partner, Financial Advisory/Deloitte Wien © Deloitte

Die Stimmung innerhalb der Holzbranche Zentral- und Nordeuropas bleibt weiterhin angespannt. Wie Deloitte, Wien, bereits vor knapp zwei Jahren darlegte (s. Link), erhöhen strukturell schwierige Beschaffungsverhältnisse bei einem gleichzeitig wenig angepassten Schnittholzpreis den Druck auf den Rohertrag der europäischen Sägewerke. Zwar gab es in Teilbereichen des Marktes temporäre Rückgänge der Rohstoffpreise zu verzeichnen. Eine kurzfristige Entspannung ist aus heutiger Sicht aber nicht absehbar.

Schwierige Rahmenbedingungen

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Albert Hannak, Partner, Financial Advisory/Deloitte Wien © Deloitte

Die handelspolitischen Spannungen mit Russland sowie die seit 2012 stagnierende Bauindustrie in Kombination mit dem kontinuierlichen Nachfragerückgang aus dem Hauptexportland Italien gehören zu den Herausforderungen, denen sich zentraleuropäische Holzverarbeiter stellen müssen. Nachdem Rundholz zu einem wesentlichen Anteil nach Zentraleuropa importiert wird, schlägt die Abhängigkeit von Weltmarktpreisen des Rohstoffs sowohl einkaufs- als auch verkaufsseitig ergebniswirksam durch.
Vorhandene Überkapazitäten verschärfen zusätzlich die ohnehin schon schwierigen Bedingungen auf den Absatzmärkten der heimischen Sägeindustrie. Einzig Nischenbereiche erwirtschaften durch eine gezielte Sortimentsauswahl attraktive Ertragszahlen. Brancheninsidern zufolge, könnten in Zukunft Innovationen, wie etwa die 3D-Drucktechnologie, neue Möglichkeiten im Holzdesign erschließen.

Rohertragsmarge bleibt stabil

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Die Analyse von Deloitte Wien zeigt eine annähernd stabile Rohertragsmarge der europäischen Sägeindustrie in Höhe von etwa 40% © Deloitte

Die Marktsituation innerhalb der Sägeindustrie kann anhand der Branchenkennzahlen europäischer Holzverarbeiter dargestellt werden. Als Datenquelle dient dabei eine Finanzanalyse von zehn europäischen Holzverarbeitern mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von rund 600 Mio. €.
Trotz der seit 2011 stagnierenden Absatzzahlen sowie einer steigenden Materialintensität1) ist erkennbar, dass sich die europäische Sägeindustrie über den Betrachtungszeitraum 2010 bis heute nach anfänglichen Rückgängen mit einer mittlerweile annähernd stabilen Rohertragsmarge2) in der Höhe von rund 40 % wacker schlägt.
Ein Blick auf die übrigen Ertragsmargen unterstreicht jedoch rückläufige Kennzahlen auf EBITDA3)- und Jahresergebnisebene. Letztere rutschte aus Branchensicht sowohl 2012 als auch 2013 in den roten Bereich. Um die dünne Ertragslage wieder in einen positiven Bereich zu drehen, ist der Hebel auf der Beschaffungsseite ein probates Mittel. Eine gute Liquiditätssituation und ein professionelles Working Capital4) Management schaffen Spielraum für eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Lieferanten und bieten zudem die Möglichkeit, Rundholzpreisspitzen am Beschaffungsmarkt zu überbrücken.
Die Abschreibungsintensität5) bleibt über den Betrachtungszeitraum annähernd stabil. Rückläufige Investitionstätigkeiten bestätigen die Überkapazitäten, wodurch lediglich Ersatz- und Instandhaltungsinvestitionen verfolgt werden.

Produktivität als Erfolgsfaktor

Zentraleuropa plagen im Vergleich zur skandinavischen Konkurrenz neben den hohen Rundholzpreisen auch die deutlich geringeren Umsatzerlöse pro Mitarbeiter. Dieser Produktivitätsnachteil lässt sich teilweise auf eine Unterauslastung der zentraleuropäischen Sägewerke zurückführen. Verstärkend wirkt zudem der Umstand, dass Umsatzrückgängen nicht sofort (beispielsweise durch Personalabbau) gegengesteuert werden kann. Die logische Konsequenz sind hohe Produktionskosten mit erheblichem Fixkostenanteil. Die Personalumstellung auf Leiharbeiter und Hilfskräfte kann bei der flexiblen Gestaltung der absatzseitigen Produktionskosten mitwirken. Ein weiterer Weg, eine variable Kostenstruktur zu fördern, wäre eine absatzbezogene Produktionsgestaltung (Production on Demand). Durch die genaue Analyse der vorhandenen Prozesse kann somit die Lieferkette optimiert werden.

Nordische Konkurrenz im Kommen

Im geografischen Vergleich spielt vor allem der skandinavische Markt eine gewichtige Rolle. Dabei bestehen insbesondere in Schweden angebotsseitige Vorteile, nachdem die Schere zwischen Rundholz- und Schnittholzpreisen über alle Holzklassen hinweg attraktiver erscheint. Erste Verschiebungen der Exportanteile in den asiatischen Raum unterstreichen diesen Trend.
Um im absatzseitigen Wettbewerb bestehen zu können, wird es für heimische Sägewerke immer entscheidender, anhand eines global aufgestellten Vertriebsnetzes die vorhandene Volatilität der Preisentwicklung flexibel wahrnehmen zu können. Für den weltweiten Handel empfiehlt sich eine durchdachte Sortimentsgestaltung.

Nur Bares ist Wahres

Ebenfalls durchdacht ist sicherlich auch das neue Anspruchsniveau der Rohstoffzulieferer, die versuchen, dem Risiko von Zahlungsverzögerungen oder gar -ausfällen vermehrt mit verkürzten Zahlungszielen entgegenzuwirken.
In den Genuss der im Gegenzug gebotenen Beschaffungskonditionen kommen jedoch nur jene Abnehmer, die anhand ausreichender Liquidität in eine entsprechende Vorleistung gehen können. Vor dem Hintergrund des niedrigen Zinsniveaus ist dies in der Regel ein attraktives Geschäft. Der erhöhte Liquiditätsbedarf innerhalb der Branche findet sich daher auch bilanziell in der Zunahme des Verschuldungsgrades6) wieder.
Erfahrungsgemäß unterstützt ein hoher Eigenkapitalanteil die Bemühungen, eine ausreichende Betriebsmittelfinanzierung im Rahmen von Bankengesprächen sicherzustellen. Wahlweise wird auch die Einbeziehung von alternativen Finanzierungsformen empfohlen. So verdeutlicht der Brancheneinstieg des amerikanischen Finanzinvestors Carlyle7) (Übernahme von Klenk Holz 2013, s. Link) die weitere Internationalisierung und Professionalisierung der fragmentierten Sägeindustrie.

Neuausrichtung der Branche

Zusammengefasst deuten die anhaltend schwierigen Branchenverhältnisse auf Strukturprobleme innerhalb der Sägeindustrie hin. Eine langfristige Konsolidierung wird vermutlich vorrangig nicht nur durch Übernahmen, sondern wohl auch durch Werksschließungen, beispielsweise im Rahmen von gerichtlichen oder außergerichtlichen Sanierungsverfahren, erfolgen. Professionell geführte Sanierungsverfahren können dabei dazu beitragen, dass die betroffenen Marktteilnehmer diese Konsolidierung langfristig als Chance wahrnehmen können.
Alternativ zu etwaigen Sanierungskonzepten bieten Transaktionen sowie unternehmensübergreifende Partnerschaften eine strategische Basis, um Skaleneffekte8) zu generieren und verbesserte Beschaffungskonditionen zu nutzen.

Begriffserklärungen

1) Materialintensität zeigt das Verhältnis zwischen dem Materialaufwand und der Betriebsleistung
2) Rohertragsmarge sind Umsatzerlöse abzüglich Materialaufwand und Aufwand für bezogenen Leistungen in Prozent der Umsatzerlöse
3) EBITDA ist das Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern, und Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände
4) Working Capital ist die Differenz von Umlaufvermögen und kurzfristigem Fremdkapital
5) Abschreibungsintensität zeigt das Verhältnis zwischen den Abschreibungen und der Betriebsleistung
6) Verschuldungsgrad zeigt die Relation von Fremdkapital zu Eigenkapital
7) Die Carlyle Group ist eine der größten US-amerikanischen Private Equity-Gesellschaften
8) Skaleneffekte sind Kostenersparnisse aufgrund der Stückkostendegression