Simulation zum Quadrat
Auf der Suche nach der nächsten Stufe des technisierten Holzbaus ist die Redaktion des Fachmagazins Holzbau Austria auf einen bislang unbekannten jungen Mann gestoßen, der uns seine Vorstellung der Holzarchitektur von morgen gezeigt hat: Der 27-jährige Architekt Thomas Pachner ist Profi auf dem Gebiet des Computational Designs. Computational Design bezeichnet eine Entwurfsmethode, wobei der Output – ein architektonisches Modell oder fertige Gebäudeteile – von einem Algorithmus erzeugt, also mithilfe einer Software programmiert wird. Die Technologie eignet sich, um komplexe Geometrien umzusetzen. Der Entwurfsprozess bis hin zur fixfertigen Erstellung der Maschinendaten (etwa für eine CNC-Anlage) entsteht am Computer. Das macht eine eigenständige Arbeitsvorbereitung quasi überflüssig. Wer sich jetzt fragt, wo hier noch Platz für den Menschen oder den Handwerker bleibt: Zum einen ist es schon jetzt unbestritten, dass sich handwerkliche Berufe immer stärker hin zum Büro und weiter weg von der Werkstatt entwickeln. Zum anderen ist die vorgestellte Thematik noch fernab von einer Massenproduktion. Bis dahin bedarf es noch einiger Weiterentwicklungen, aber vor allem einer Vermarktung.Es handelt sich hierbei um eine Form der Gebäudeplanung, die nur in äußerst ausgeklügelten architektonischen Freiformentwürfen Anwendung findet. Wie bei dem Projekt von „Smart Guy“ Pachner: Sein „Papillon“ ist ein öffentlich zugänglicher Pavillon aus Holz, der schnell auf- und wieder abgebaut werden kann. In gewisser Weise stellt der Papillon ein Kunstobjekt dar, wovon jedes Teil einzigartig ist. Allerdings handelt es sich um nutzbare Kunst – der Papillon kann Sitzgelegenheit, Ruhezone oder Ort des Dialogs sein. Die einzigen Bleistiftstriche, die der aus Grieskirchen stammende Architekt dafür aufs Papier gebracht hat, waren zwei geschlossene Leitkurven. Diese Geometrie hat er in seinen Computer übertragen, wo das endgültige Design mit dem gezielten Setzen von Parametern festgelegt wurde. Herstellung und Montage spielten dabei von Beginn an essenzielle Rollen. Am Computer kann in Echtzeit verfolgt werden, wie sich die Gestalt des Basisentwurfs durch das Abändern der Parameter ändert.
Der Kraft der Ameise auf der Spur
Physikgenie Känguru
Für den Entwurfsprozess verwendete der Ingenieur sechs Softwarelösungen: Es fallen animalische Namen, wie Rhinoceros, Grasshopper, Kangaroo, Rhino Script, Rhino Nest und Evolute Tools Pro. Je nach Anwendungsfall sind die Programme mächtige Werkzeuge in ihren Bereichen. Während sich Rhinoceros um die 3D-Modellierung kümmert, lassen sich im Add-on-Kangaroo physikalische Kräfte simulieren und direkt in die Modellierung einbinden. Mit Rhino Script hat Pachner insgesamt 7000 Zeilen Text in der Programmiersprache Visual Basic geschrieben, womit er das Design parameterbasiert optimieren konnte. Um die verwendeten Materialien so verschnittfrei wie möglich zu nutzen, kam sogenanntes Nesting zum Einsatz.Rhino Nest sorgte für einen hohen Materialausnutzungsgrad und optimale Kosteneffizienz. Evolute Tools Pro half, die Freiformgeometrien der Sperrholzwände insofern zu optimieren, dass deren perfekte Abwicklung und reibungslose Fertigung vonstattengehen können.
Holzbekenntnis
Partner gesucht
Pachners Papillon existiert derzeit nur als mehrere Gigabyte umfassende Designstudie am Computer. Sein Ziel ist es aber, die monatelange Programmierarbeit in ein fassbares Objekt umzusetzen, weshalb er die Redaktion gebeten hat, einen Aufruf zu starten: Wenn sich ein innovatives Unternehmen finden würde, das über die Möglichkeit einer dreiachsigen CNC-Bearbeitung verfügt und Thomas Pachner unterstützen möchte, geht der Traum des im Wiener Museumsquartier stehenden Holzpavillon vielleicht noch in Erfüllung. Pachner kann die an Ihre Maschine angepassten Produktionsdaten fertig liefern.Kontakt: tompach@hotmail.com
Der Beitrag ist in der Fachzeitschrift Holzbau Austria 4/2014 erschienen.