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Sichtlich Freude mit den Anlagen haben Working Process-Marketingleiter Filippo Schegginetti und Area Manager Oliver Rihl © Martina Nöstler

Pionier mit Perfektionsgeist

Ein Artikel von Martina Nöstler | 13.09.2016 - 08:05
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Sichtlich Freude mit den Anlagen haben Working Process-Marketingleiter Filippo Schegginetti und Area Manager Oliver Rihl © Martina Nöstler

Als Massimo Schiavetta 1999 mit Working Process (WP), Niviano di Rivergaro/IT, startete, war er ein Newcomer in der Maschinenbaubranche. Sein Ziel war und ist es, die Fensterherstellung zu revolutionieren. Mit enormem Engagement, Unternehmergeist und Herzblut entwickelte sich der Hersteller zu einem der führenden Fenstermaschinenproduzenten. Heute beschäftigt Working Process 70 Mitarbeiter und installiert seine CNC-Anlagen weltweit.
Im Gespräch mit Schiavetta sticht eines besonders ins Auge: Der Geschäftsführer will bei den Kunden nicht nur mit Technologie und Leistung punkten, sondern beim Maschinenverkauf Emotionen und ein Verständnis für die Anlagen wecken. Er ist sich bewusst, dass er mit seinem vergleichsweise jungen Unternehmen, was die Tradition betrifft, nicht mit vergleichbaren Herstellern mithalten kann – umso mehr aber mit konzentriertem Know-how. Schiavetta betont: „Wir beschäftigen uns ausschließlich mit dem Bau von CNC-Anlagen für die Fenstererzeugung.“ Er stellt fest, dass sich die Kunden von der WP-Technologie mitreißen lassen: „80 % der Personen, die unsere Maschinen und unseren Spirit live erlebt haben, entscheiden sich für Working Process. Neben der Qualität unserer Anlagen schätzen die Kunden den persönlichen Kontakt mit uns.“ Working Process zu besuchen, ist eine Reise wert: Anders, speziell und kreativ wie die italienische Küche ist auch der Zugang zum Maschinenbau und zu technischen Lösungen. Am besten, man macht sich selbst ein Bild.

Immer einen Schritt voraus

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Eine riesige Fensteranlage mit 120 m Länge liefert Working Process demnächst nach Frankreich © Martina Nöstler

Die Entwicklungsmannschaft bei WP ist laufend am Tüfteln und Probieren, wie man die Maschinen noch weiter vorantreiben kann. Den größten Schritt gab es vor zwei Jahren: Aufbauend auf erfolgreiche, aber teils sehr individuelle Lösungen der vergangenen Jahre, brachte die italienische Maschinenschmiede die CNC-Anlage Logos Life Evo auf den Markt. Bisher waren die Anlagen in zwei Stationen für die Längs- und Stirnseitenbearbeitung getrennt. Mit der Logos Life Evo „schrumpfte“ die Anlage hinsichtlich des Platzbedarfs deutlich. Sie vereint jetzt alle Bearbeitungsschritte unter einer Haube und kann je nach Kundenwunsch und Leistungsprofil mit ein bis drei Portalen und mehreren vertikalen, neigbaren und fünfachsigen CNC-Spindeln ausgestattet werden. Damit sind verschiedenen Bearbeitungen keine Grenzen gesetzt.
Als weiteres Highlight sieht Filippo Schegginetti, Marketingleiter von WP, die besondere Zangenform: „Um Ausrisse an der Stirnseite zu vermeiden, muss das Werkzeug um die Ecke eines Werkstücks „einrollen“. Gleichzeitig sollte die Spannzange nahe am Teileende sitzen, um Vibrationen zu vermeiden. Bei den meisten Zangen ist dies aufgrund ihrer Form nicht möglich“, erklärt er beim Betriebsrundgang. Working Process hat darum die Zange mit einem Ausschnitt versehen, sodass sämtliche Werkzeuge die Stirnseite entlang der Einrollkontur anfahren können. Eine saubere Bearbeitung ohne Ausrisse ist die Folge – nicht zuletzt aufgrund einer vibrationfreien Einspannung in die massiven Spannzangen. Um die Teile beziehungsweise die Aufträge in der Anlage verfolgen zu können, lassen sich Werkstücke zum Beispiel mit einem QR-Code und/oder einer Auftragsnummer versehen. Dies geschieht bei Working Process aber nicht klassisch mit Etiketten, sondern die Bezeichnung wird in das Holz gelasert.

Für Gewerbe und Industrie

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Eine Besonderheit: Die Spannzangen haben eine Ausnehmung, damit eine saubere Stirnseitenbearbeitung möglich ist © Martina Nöstler

Die Wirtschaftskrise 2009 stellte den relativ kleinen Betrieb Working Process zunächst vor große Herausforderungen. Anstatt sich aber der sinkenden Nachfrage anzupassen, entschloss sich Schiavetta, das von der Krise gebeutelte Unternehmen CML zu kaufen. Während Working Process Spezialist für die kleineren, flexibleren Maschinen ist, hatte sich CML auf die Herstellung von Fensteranlagen im oberen Leistungsbereich konzentriert. Gemeinsam kann man nun unter der Dachmarke Working Process sämtliche Kundenanforderungen erfüllen. Beispielhaft dafür sei eine Fensteranlage für einen französischen Hersteller genannt, welche kurz vor der Auslieferung steht. Die Länge der gesamten Anlage mit Hobel- und Kappmaschine sowie mehreren Bohr- und Profilierstationen beziffert Schegginetti mit 120 m. Die Leistung liegt im Schnitt bei „echten“ fünf Teilen pro Minute (oder 300 Fenstern pro Schicht). Kompakte Working Process-CNC-Anlagen produzieren je nach Ausführung bis zu 70 Fenstereinheiten pro Schicht.
Die umfangreichen Lösungen umschreibt der italienische Hersteller, wie folgt: vier Produktlinien, sechs Marktsegmente, 18 Maschinenmodelle, 69 Konfigurationen und fünf Automatisierungslösungen.
„Wir finden für jeden Kunden die richtige Lösung. Die einzelnen Komponenten lassen sich dabei ähnlich eines Baukastenprinzips zusammensetzen“, erläutert Schiavetta. Für den wirtschaftlichen Erfolg sei allerdings nicht eine möglichst große Stückzahl eines bestimmten Maschinentyps entscheidend. „Wir verfügen über ausgereifte Module, die oft in Zusammenarbeit mit Kunden oder Werkzeugherstellern entwickelt wurden. Wir achten schon heute darauf, wie die Fenster der Zukunft aussehen und unsere Maschinen auf diese Anforderungen eingehen können. Immerhin hat jeder Kunde eine Working Process zumindest zehn bis 15 Jahre in Betrieb“, verdeutlicht Schiavetta.
Besonders stolz ist er auf die hohe Qualität seiner Maschinen, denn WP setzt auf namhafte Zulieferer, wie Siemens, Bosch Rexroth oder Festo. Damit will man nicht nur die Langlebigkeit garantieren, sondern auch die Ersatzteilversorgung. Scherzhaft mein Schiavetta: „Wir müssen deutscher sein als die Deutschen“, und führt seinen Gedanken weiter: „Denkt eine Person, die uns nicht kennt, an eine italienische Automarke, fällt ihr wahrscheinlich zuerst ein Fiat Panda ein. Bei einer deutschen Marke ist es der Mercedes. Beide Marken sprechen für sich.“ Der Geschäftsführer möchte aber weder in die eine noch die andere Schublade gesteckt werden und sieht seine Maschinen aber auch nicht unbedingt als Ferraris. Er vergleicht seine Logos Life Evo und deren Zukunft eher als Mischung eines Premiumwagens mit Rotorblättern eines Hubschraubers.

Keine sprachlichen Barrieren

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Saubere Fensterkanteln sind die Ergebnisse © Martina Nöstler

Verständnisschwierigkeiten – ein den Italienern gern nachgesagtes Manko – sind für Working Process kein Thema: Schegginetti spricht fließend Englisch, im Servicebüro sind darüber hinaus Deutsch und Französisch gängige Praxis. Und seit 1. Juli ist Oliver Rihl, selbstständiger Holztechniker, Berater und Spezialist für die CNC-Fenstertechnik aus Linz, für den deutschsprachigen Raum sowie Tschechien für Working Process zuständig. Er bringt die technische Kompetenz für die Projektabwicklung mit und steht als Berater und Projektmanager von der Entwicklung des Anforderungsprofils bis zur Inbetriebnahme zur Verfügung.

Working Process

Standort: Niviano di Rivergaro/IT
Geschäftsführer: Massimo Schiavetta
Mitarbeiter: 70
Produkte: CNC-Anlagen für die Fenstererzeugung
Absatz: weltweit