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Akkurat stapelt der Industrieroboter die festigkeitssortierten Lamellen, die sich im Ziegelsteinverbund selbst stabilisieren (s. nächstes Bild) © Hannes Plackner

Per Roboter zu 50 m

Ein Artikel von Hannes Plackner | 03.09.2014 - 10:27
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Vier Binder werden im Minda-Pressbett übereinander verleimt, möglich sind bis zu sechs © Hannes Plackner

Stephan Holzbau, Gaildorf/DE, gehört seit August 2011 zum Stuttgarter Baukonzern Ed. Züblin. Damit erschloss sich die Strabag-Tochter Zugang zu qualitativ hochwertigem Ingenieurholzbau. Dass ein 73.000 Mitarbeiter-Konzern in großen Maßstäben denkt, ist seit Kurzem auch in der Produktion ablesbar. Denn seit Ende April werden in dem Baden-Württemberger Werk Leimbinder bis zu 50 m Länge erzeugt. Die Einschichtkapazität stieg auf 14.000 m³/J. 5,5 Mio. € investierte man in die Erneuerung. Das inkludierte erweiterte Hallenflächen, eine modernisierte Keilzinkung, eine Binderhobelmaschine, ein CNC-Abbundportal sowie die neue Aufgabe, die Mechanisierung und das Pressbett für Bogenbinder. Bemerkenswert ist der knallorange Industrieroboter, welcher auf engem Raum ganz neue Möglichkeiten in der Rohwarensortierung bringt. Die beiden Herzstücke der Produktion – eine halbautomatische Bogenpresse und der Roboter – stammen von Minda Industrieanlagen. Wer dort nach den Herausforderungen des kürzlich fertiggestellten Projekts fragt, erhält eine klare Antwort: der enge Platz.

Herausforderung: der Umgang mit Holz

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Hochgehoben, hinter den Längsförderer gezogen und von unten entstapelt werden die Lamellen, die anschließend zur Beleimung gelangen © Hannes Plackner

Obwohl die Produktionslänge von 44 m auf 50 m steigen sollte, mussten die Maschinen in den vorhandenen Hallen Platz finden. Die Ingenieure von Minda lösten diese Aufgabe mithilfe einer noch brandneuen Technologie und eines Kniffs. Doch der Reihe nach. Stephan Holzbau kauft getrocknete BSH-Lamellen. Während des Betriebsbesuchs wartete überwiegend feinjährige Ware aus dem Alpenraum auf ihre Verarbeitung. Nach der Vakuumentstapelung werden die bis zu 5 m langen Lamellen akribisch untersucht. Ein Viscan-Modul bestimmt die Festigkeit, eine M3Scan-Einheit die Holzfeuchte (beide von Microtec, Brixen). Die Markierung von Holzfehlern obliegt weiterhin dem menschlichen Expertenauge.

Pausenloser Arbeiter mit 3,9 m Reichweite

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Akkurat stapelt der Industrieroboter die festigkeitssortierten Lamellen, die sich im Ziegelsteinverbund selbst stabilisieren (s. nächstes Bild) © Hannes Plackner

Hinter einer Säulenreihe strömen die Bretter zum Sechsachs-Sortierroboter von ABB. Ein Anschlag stoppt die Hölzer an einer definierten Stelle. So kann der Roboterarm seine drei Vakuumkissen genau mittig absetzen. Nun fädelt er die Hölzer zwischen zwei Säulen heraus und legt sie auf einem von sechs frei programmierbaren Plätzen ab.
Aufmerksame Leser werden jetzt an die Betriebsreportage von der Schaffitzel Holzindustrie zurückdenken (s. Link). Damals integrierte Minda zum ersten Mal einen Sortierroboter. Das hat so gut funktioniert, dass die Ingenieure bei Stephan Holz sogar einen Schritt weiter gingen. Anstatt nur eine Lamellenreihe an einem definierten Anschlag aufeinanderzulegen, errichtet der Roboter in Gaildorf ganze Stapel. Die Lamellen werden dabei im Ziegelverbund geschichtet und stabilisieren sich von selbst. Die Anlage merkt sich, wie groß der Stapel ist, und ergreift die Lamellen bei Bedarf „blind“, aber millimetergenau. Vier Mal pro Minute schafft der orange Greifer einen Ein- und Auslagerzyklus. Bis zu 1000 lfm/h werden auf diese Weise festigkeitssortiert.

Erst knicken, dann entstapeln

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Das Ziegelsystem stabilisiert sich selbst © Hannes Plackner

Nach dem Sortierroboter folgen eine Dimter-Kappsäge und eine Somako-Keilzinke. Beide Maschinen konnten aus dem Bestand übernommen werden. Neuerungen gab es aber beim Aushärte-Querlager. Werden Träger mit inhomogenem Querschnitt (etwa ein Satteldachbinder) erzeugt, muss stets die längste Lamelle zuerst in die Presse. Da die Binder aber bereits am Querlager vorgeformt werden, hatte das früher die Folge, dass die langen Hölzer auf den kürzeren lagen. Eine „krumme“ Angelegenheit. Minda löste das Problem mit einer Knickentstapelung. Dabei werden die bis zu 50 m langen Binder im Querlager nach dem Prinzip „Kurz-auf-Lang“ gestapelt. Der komplette Packen wird nach Aushärtung der Keilzinken von der Knickentstapelung über den Längsförderer gehoben und von hinten abgestapelt. Nun rollen die Lamellen in der richtigen Reihenfolge durch die MUF-Vorhänge zur Vorpaketierung und dann als Paket in Richtung Binderpresse.

Der Satellit stellt die Stempel ein

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In der Pressenhalle ermöglicht eine intelligente Minda-Presse Binder bis zu 50?m Länge © Hannes Plackner

Beim Ingenieurholzbau sieht kaum ein Projekt wie das andere aus. Daher investierte Stephan in eine Bogenpresse, die sich vollautomatisch nach der Bindergeometrie justiert. Auf der Hinterseite des Pressbetts stellt ein sogenannter Satellit jeden Anschlagstempel millimetergenau auf die vom Leitrechner vorgegebene Geometrie ein. Für einen Standardbinder mit 24 m dauert das rund 20 Minuten. Während des Rundganges wurden spitz zulaufende Bogenbinder erzeugt. Nachdem die beleimten Lamellen auf der Presse lagen, wurde der Pressdruck aufgebracht. Zwei Teams arbeiteten von der Mitte aus gleichzeitig nach links und rechts. Jedes bediente einen ergonomisch abgehängten Hydraulikzylinder, welcher den Pressdruck aufbrachte. Bis zu sechs baugleiche Binder mit maximal 30 cm Stärke wurden simultan übereinander verpresst. Wenn es die Länge zulässt, haben natürlich auch mehrere Exemplare nebeneinander Platz. Die Binderhöhe kann bis zu 4 m betragen. Die um mehr als 10 m verlängerte Presse schmälerte natürlich den freien Platz in der Halle. Um das Leimholz trotzdem in den neuen Rex-Binderhobel bewegen zu können, ist das Pressbett auf den obersten 10 m statt 4 nur 3 m tief. Das reicht für so gut wie alle Aufträge und lässt gleichzeitig genug Platz für die tägliche Arbeit.

Wettbewerbsvorteile mit Qualität

Grundgedanke der Investition war die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei geht es laut Stephan Holzbau nicht nur um den Preis, sondern vor allem um die Qualität. Mit seiner modernen Fertigung sieht man sich nun „sehr gut aufgestellt“. Zweiter Vorteil ist die größere Flexibilität dank des verlängerten Pressbetts. Dies wird erst durch ein intelligentes Anlagenlayout möglich. Das gab schlussendlich auch den Ausschlag für Minda. Deren Konzept mit Bogenpresse und Roboter war laut Stephan Holzbau „kostengünstig und erfüllte alle gestellten Anforderungen“.