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© Pfeifer

Oskar Pfeifer – 80 Jahre

Ein Artikel von Carlo Cappellari | 04.06.2014 - 08:38
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Oskar musste frühzeitig die Schule verlassen und begann als Junge im Betrieb der verwitweten Mutter zu arbeiten: kein Studium, kein Hochschulabschluss, kein Titel. Jeder Mensch wird bereits mit besonderen Talenten geboren. Ein Industrieller wird als solcher geboren. Nun: Oskar wurde zweifellos als Industrieller geboren – als einer, der immer Geld verdienen wollte.
Ab unserer ersten Begegnung eröffnete sich für mich eine neue Holzwelt. Mit der Pfeifer-Gruppe arbeite ich seit 1973 zusammen. Damals gab es eine beispiellose Hausse – der Rundholzspitzenpreis lag bei 1400 ATS (also rund 102 €/fm).
Im Laufe der Jahre lernte ich Oskar immer besser kennen und habe dadurch auch seine Erfolgsstory verstanden. In vielen und langen „Sitzungen“, wobei auch die Trinkfestigkeit der einzelnen Teilnehmer auf die Probe gestellt wurde, lernte ich viel Neues. Es begann eine langjährige Zusammenarbeit, basierend auf gegenseitiger Sympathie, auf Vertrauen und Korrektheit.
Der erste Besuch in Imst war insofern beeindruckend, weil dort mit anderen Geschwindigkeiten gearbeitet wurde. Eine relative Neuigkeit war auch das Bandsägewerk. Stapler fuhren um die Wette. Oskar erklärte mir, dass das Bandsägewerk für das heimische Holz und eine solide Ausbeute das Beste wäre. Das Wort „Ausbeute“ war seine Devise und immer fest in seinem Wortschatz verankert. „Die Maschinen müssen laufen, nicht stehen. Gemma, gemma. Wenn möglich, rund um die Uhr“, so seine Worte. Bei diesem „gemma, gemma“ blieb keine Zeit für Sauberkeit – entsprechend schmutzig war es im Sägewerk. Oskar meinte dazu nur kurz: „Wo Dreck, da Geld.“
Als er die Kantelproduktion im Riftschnitt erklärte und die Vorzüge des Produktes anpries, wofür ja die Bandsäge das ideale war, gab er oft den folgenden Spruch von sich: „Ein stehendes Holz und ein liegendes Weib kann man nicht umbringen.“
Als geborener Industrieller war Oskar immer auf der Suche nach neuen Produkten. Die Unternehmenschronik zeugt davon. So entstanden das Betonschalungswerk und sukzessive alle anderen Werke, bis hin zum Pelletswerk. Gemeinsam haben alle Werke Folgendes: Oskar gab den Maschinenproduzenten vor, wie gebaut und wie die Abläufe sein mussten – und nicht umgekehrt. Alles war auf den Endzweck ausgerichtet, ohne Firlefanz oder lange Wege. Alles funktionierte nach der Maxime: schnell, sparsam und noch mehr Ausbeute.
Pfeifer war das erste Sägewerk, welches die Palettenbretter als Seitenware produzierte. Ob die Idee von Oskar kam oder zusammen mit Maschinenausrüster Linck entwickelt wurde, weiß ich nicht. Jedenfalls machten Oskar und ich die erste Verkaufsreise für dieses neue Produkt nach Italien und verkauften am ersten Tag bei zwei Kunden stolze 15 Ladungen. Damit begann auch die Erfolgsstory der Palettenbretter.
Der Ausbeuteteufel schlug jedoch schnell zu. Bei den Folgeaufträgen wurde zu baumkantig geliefert und es kamen die ersten Beanstandungen. Die Qualitätsstandards waren damals einfach noch nicht so ausgereift, vieles wurde aus dem Bauch heraus entschieden. Frei nach dem Motto: „Wenn es nicht bei jeder dritten Ladung eine Beanstandung gibt, dann liefere ich zu gut.“
Im Laufe der Jahre gab es die verschiedensten Situationen: einmal zu viel Rundholz, einmal zu wenig. Einmal verdiente man viel, einmal wenig. Einmal wurde einem das Schnittholz aus der Hand gerissen, einmal musste man es losbetteln. In solch einer Situation tat Oskar einmal den Schwur: „Ich will es so weit bringen, dass ich kein loses Brett über den Brenner liefern muss.“ In seiner Zeit hat er diesen Vorsatz fast erreicht. Ich schreibe an dieser Stelle „fast“, weil Palettenbretter in Italien ihren Absatz finden müssen.
Abgesehen von seinen industriellen Fähigkeiten, gehörte zu seinem Leben auch ein gewisses Quäntchen Glück, wie der große Windwurf 1990. Pfeifer war schon in den Jahren davor Vorreiter im Import von Rundholz aus Deutschland, speziell aus dem Harz, gewesen. Alle diese Verbindungen verhalfen dem Jubilar zu einer raschen und schnellen Abwicklung im Rundholzeinkauf. Ein glücklicher Umstand war damals auch, dass die Rundholzpreise sofort sanken, die Schnittholzpreise jedoch erst eineinhalb Jahre später, was Pfeifer zur folgenden Aussage veranlasste: „Jetzt muss ich eine Maschine zum Geldzählen erfinden.“ Diese Maschine hätte er allerdings später wieder verkaufen müssen, weil jedes Glück einmal endet.
Im Laufe dieser Auf- und Abbewegungen– bei Preisen, bei Angebot und Nachfrage – gab es oft Situationen, die ein gekonntes Agieren am Markt erforderten. Auf den Vorwurf, dass zu billig verkauft wurde, antwortete Pfeifer meist: „Wer zuerst schleudert, schleudert am besten.“ Ein anderes Mal, als kein Rundholz zu bekommen war und wir um die Versorgung bangten, sagte er zu mir: „Mit Geld kann man nicht nur Gold, sondern auch Holz kaufen.“
Natürlich wurden auch oft Fehler gemacht, sowohl produktionstechnisch als auch preislich. Dafür war sein Standardspruch: „Für mein Geld kann ich blöd sein, soviel ich will.“
Oskar war und ist ein Berserker bei der Arbeit. Private Vergnügen – mit Ausnahme der Jagd – waren für ihn ein Fremdwort. Sein Sonntagsprogramm war eine Rundfahrt durch die Betriebe, meistens gemeinsam mit seiner Mutter, solange sie am Leben war. Diese Betriebskontrollen waren für ihn ein Vergnügen, weniger für andere, wenn etwas nicht passte. Die täglichen Breviere waren die verschnittenen Kubikmeter Rundholz und die gelieferten Mengen an Produkten.
Die Zeiten ändern sich ebenso wie die Größenordnungen. Unikate, wie Oskar Pfeifer eines ist, gibt es im Geschäftsleben nicht mehr. Ich bin froh, dass ich so viele Jahre mit ihm zusammenarbeiten konnte. Mir wird das gemeinsam Erlebte immer in Erinnerung bleiben.