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Dr. Christian Rakos © proPellets Austria

ORF auf dem Holzweg?

Ein Artikel von Günther Jauk | 01.07.2015 - 11:29
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Dr. Christian Rakos © proPellets Austria

Um den Klimawandel zu stoppen, will die EU den Anteil an erneuerbaren Energien auf 20 % anheben. Besonders beliebt: Holz in Form von Pellets oder Hackschnitzel als Brennstoff. Dafür wurden aber ganze Wälder abgeholzt.“ So lautete die Kurzbeschreibung der Reportage „Europa auf dem Holzweg“. Herr Dr. Rakos, was sagen Sie dazu?
Das ist eine absurde Behauptung, die jedem, der etwas mit Forstwirtschaft zu tun hat, die Haare zu Berge stehen lässt. Nirgends auf der Welt wird sägefähiges Blochholz zu Biomasse verarbeitet. Das würde sich niemals rechnen. Den Großteil des Rohstoffes machen nach wie vor Sägenebenprodukte aus.

Ein Teil der Reportage beschäftigt sich mit dem britischen Energiemarkt. Der Energiekonzern Drax hat in den vergangenen Jahren zwei seiner Kohlemeiler auf Pellets umgestellt und benötigt dadurch 5 Mio. t/J Presslinge. Almuth Ernsting von Biofuelwatch behauptete, dass „Pellets für die industrielle Verwendung im großen Stil ungeeignet sind“.
Industriepellets sind sehr wohl dafür geeignet. Drax stellt dies in Nordengland unter Beweis. Trotz der Brennstoffanlieferung aus den USA und aus Kanada weisen diese Pellets klar eine positive Umweltbilanz auf. Gegenüber der Kohleverfeuerung reduziert sich die CO2-Emission um 70 bis 80 %, wodurch 10. Mio. t/J dieses Treibhausgases eingespart werden können.

Ein Großteil der bei Drax verstromten Pellets stammt aus Nordamerika. Der ORF behauptet, dass im Südosten der USA ganze Wälder für den britischen Energiemarkt sterben müssen.
Das entspricht nicht den Tatsachen. Im vergangenen Jahr wurden in den USA etwa 100 Mio. t weniger Faserholz als noch vor 15 Jahren geerntet. Gründe dafür sind die rückläufigen Papierverkaufszahlen und die daraus resultierende Produktionsschließung. Kiefernholz aus Plantagen, gepflanzt für die Papierindustrie, steht nun den Pelletsproduzenten zur Verfügung. Verglichen mit dem Schwund der Papierindustrie, sind die Zuwächse der Pelletsbranche sehr gering. Bedenkt man die gesamte als Energieträger genutzte Menge an Biomasse in Europa, machen die rund 5 Mio. t/J importierter Pellets aus Übersee nur 2 % aus.

Angesprochen wurde auch Sustainable Biomass Partnership (SBP), wodurch sich Drax und andere große Biomasseverstromer freiwillig verpflichten, ihre Rohstoffe ausschließlich aus legalen und nachhaltigen Quellen zu beziehen. Ein Sprecher der amerikanischen Umweltschutzorganisation Dogwood Alliance kommentierte SBP wie folgt: „Sustainable Biomass Partnership ist nur ein weiteres Zertifikat, gemacht von der Industrie für die Industrie. Es erlaubt, dass die schlimmsten der schlimmen Praktiken in der Forstwirtschaft auch weiter angewandt werden.“
Im Wesentlichen fußt SBP auf den seit zehn Jahren anerkannten Forstzertifizierungssystemen FSC und PEFC. Ich verstehe nicht, wie man derart dramatische und falsche Aussagen unkommentiert übernehmen kann.

Ebenfalls beleuchtet die Sendung den Poloniny Nationalpark im Osten der Slowakei. Es wird behauptet, dass aufgrund von Biomassesubventionen Urwald illegal geschlägert und gerodet werde und es 1500 Jahre benötige, um nach einem Kahlschlag ein Waldökosystem vollständig wiederherzustellen.
Es ist schon möglich, dass es sehr lange dauert, um Urwald wiederherzustellen. In der Regel sprechen wir aber nicht von der Vernichtung von Urwäldern, sondern von nachhaltig bewirtschafteten Wäldern mit Umtriebszeiten von rund 100 Jahren. Wird tatsächlich illegal geschlägert oder gerodet, ist dagegen natürlich vorzugehen.

Wohin entwickelt sich die Pelletsbranche in den kommenden Jahren?
Die Pelletsindustrie verzeichnet leider rückläufige Wachstumsraten. Der Pelletsverbrauch in Kraftwerken wird nicht mehr so stark steigen. In Großbritannien stehen nur mehr die Inbetriebnahme des dritten Blocks von Drax sowie eventuell ein weiteres kleineres Kraftwerk auf dem Programm. In den Niederlanden ist es unsicher, ob es aufgrund der sehr hohen Anforderungen hinsichtlich vollständiger FSC-Zertifizierung des Rohstoffs genügend Pellets für einen Kraftwerkseinsatz geben wird. In Dänemark setzt man neuerdings eher auf Hackschnitzel. Am Wärmemarkt ist die Nachfrage eingebrochen. Zurückzuführen ist dies auf das milde Klima und den derzeit niedrigen Erdölpreis, wodurch die Kesselverkäufe deutlich zurückgegangen sind.