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In einer Kombination aus Tisch und Lampe wird das omnipräsente Kupfer gezeigt © Gollackner

Neue Gemütlichkeit

Ein Artikel von Barbara Gollackner aus Köln | 12.03.2015 - 08:01
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Voglauer zeigt "Alpine Style" © Voglauer

Zusammengefasst mit ein paar Schlagwörtern, ließe sich die aktuelle Strömung wohl so beschreiben: Wir wollen Natürlichkeit in den Materialien, Gemütlichkeit in der Ausstrahlung, ein bisschen Retrofeeling in der Formgebung – und das alles kombiniert mit modernster Technik. An der alle zwei Jahre parallel zur imm stattfindenden „Living Kitchen“ ließ sich der Trend zur Natürlichkeit wohl am besten ablesen. Kräftige Farben musste man hier mit der Lupe suchen, die Küchenwelt 2015 zeigt sich in Weiß, Grau und Anthrazit. Trotzdem sind die Modelle alles andere als langweilig: Kombiniert wurde mit kräftigem Naturholz (noch immer vor allem mit der allgegenwärtigen Eiche) oder aber auch mit auffälligen Oberflächen, wie Betonimitaten oder Metalliclacken. So zeigte beispielsweise Ewe, Wels, colorlackierte Fronten in Lederoptik- und -haptik.
Technische Raffinessen, wie höhenverstellbare Arbeitsplatten, eingebaute Soundmodule und versenkbares Zubehör, sind inzwischen Standard in der Küche. In puncto Design herrschen klare, strenge Linien vor – Arbeitsplatten schweben hauchdünn auf den ­Korpen, die grifflose Küche ist State of the Art. Spannende Details, wie beispielsweise in die Arbeitsfläche inte­grier­te Kräutertöpfe, geben der Küche den Kick. In der Küche wie in der gesamten Einrichtungswelt ist zu beobachten, dass Lebensbereiche miteinander verschmelzen. Zwischen Küchenschränken finden Bücherregale Platz, Sideboards schließen direkt an die Kücheninsel an oder ganze Küchenblöcke verschwinden hinter Regalblenden.
Ein gänzlich neues Konzept wurde auf der Living Kitchen mit ­Vooking präsentiert: eine Küche speziell für vegetarisches Kochen. Das Studio Form­qua­drat, Linz, zeigte die modulare Küche, die für Vegetarier alle Stücke spielt: So bietet das Konzept beispielsweise Platz zum Ziehen von Keimlingen oder eine eingebaute Getreidemühle. Die Küche wurde in Kooperation mit einem Kochprofi entwickelt.

Retro ist top

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In einer Kombination aus Tisch und Lampe wird das omnipräsente Kupfer gezeigt © Gollackner

Der eingangs erwähnten Retrooptik entkommt man auf der gesamten Messe nicht. Besonders aus den 1950er- und 1960er-Jahren scheinen die Designer die Inspiration geholt zu haben, um sie dann aber in zeitgemäße Gestaltung umzumünzen. Menu, Fredensborg/DK, zeigte diesen „Retro- und doch modernen Look“ gekonnt auf der imm – Holz wird mit Pastell gemischt, schlichte, runde Formen sind vorherrschend und pfiffige Details zeichnen die Kollektion aus. Das Regal Stick besteht aus Holzstäben, die mittels metallener Verbinder zu einem ­stabilen Möbel zusammengesteckt werden.
Die hohe handwerkliche Qualität sticht auch bei Gazzda, Sarajevo/BA, ins Auge. Obwohl deren Fawn Chair auf die Serienproduktion ausgelegt ist, bleibt er ein Spiegelbild reiner Handarbeitsqualität, realisiert in klassischer Tischlertechnologie. Aus massivem Eichenholz gefertigt, wiegt der Stuhl nur wenig und besteht aus einer stabilen Kon­struk­tion.
Das bereits im vergangenen Jahr auf­gekommene Material Kupfer war heuer auf der imm allgegenwärtig. Ob als Tischbeine, Wohnaccessoires, Lampenschirme oder Griffdetails – verstärkt mit anderen Metallicnuancen, ist das Material omnipräsent. Die Franzosen Ligne Roset setzten diesen Trend in Kombination mit Massivholz und Pastelltönen gekonnt um.
Um eine Tischplatte über dem Boden zu halten, war jahrelang die einzig gängige gestalterische Lösung, die Tischbeine ­senkrecht an der Außenkante anzubringen – es scheint, als ob sich die Gestalter und Produzenten nun diesem Detail widmen würden. Unzählige kreative ­Lösungen waren auf der Messe zu entdecken. Sehr oft rustikal und massiv wie bei einem einfachen Bauerntisch, aber auch als kunstvoll verdrehte Dreibeiner mit zahlreichen verstreuten Beinen oder als mehrfach verkreuzte Skulpturen ausgeführt, scheinen der Fantasie in diesem ­Bereich heuer keine Grenzen gesetzt zu sein.

Österreichische Internationalität

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Ewe zeigt eine Lederoptikoberfläche in stilsicherer Kombination © Ewe

Der Trend „Gemütlichkeit“ war für die ­österreichischen Aussteller, wie Haapo 1910 (Achenkirch), Joka-Werke Johann Kapsamer (Schwanenstadt), Team 7 Natürlich Wohnen (Ried im Innkreis), Viteo (Graz), Wittmann Möbelwerkstätten (Etsdorf am Kamp), Sedda Polstermöbelwerke Hans Thalermaier (Wallern), Ewe Küchen (Wels), ­Voglauer Möbelwerk Gschwandtner und Zwilling (Abtenau) sowie Gruber und ­Schlager Möbelwerkstätten (Ort im Innkreis), quasi ein Heimspiel. Allen voran Team 7, gleich drei Mal auf der Messe vertreten. Der Hersteller traf mit seinem Naturholzkonzept heuer besonders ins Schwarze. Die Wandverkleidung Waldkante beispielsweise gibt Räumen innenarchitektonisch eine ­besondere Atmosphäre. Mit seinem mittlerweile fast durchgängig ausgezeichneten Design braucht Team 7 die internationale Konkurrenz nicht zu scheuen – im Gegenteil, der Herkunfts­faktor scheint hier besonders wichtig zu sein.
Dieser Herkunftsfaktor spielte bei Voglauer eine noch größere Rolle – im alpinen Stil mit ­modernen Anleihen präsentierten sich die Salzburger auf einem auffällig ­gestalteten Messestand. Die vielfältig gestaltbare Wohnwand V-Solid zeigt als Hingucker stets einen gehackten Balken, welcher nicht nur dekorativ, sondern auch als Träger von Holz- und Glashängeelementen fungiert.
Komplett gegensätzlich im Stil zeigte sich der österreichischer Outdoormöbel-Hersteller Viteo. Auf einem komplett in Weiß gehaltenem Messestand gab‘s beispielsweise die Kollektion Slim zu sehen, welche mit einem extrem fragilen, schmalen Erscheinungsbild besticht und aus thermogeformtem Corian gefertigt wird.

Interior Innovation Awards

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Ausgezeichnet mit dem Interior Innovation Award wurde die Badewanne Shell © Nina Mair, Forcher

Die besten Innovationen am Einrichtungssektor werden auf der imm jedes Jahr mit den Interior Innovation Awards ausgezeichnet. Auch hier waren die Österreicher sowohl als Gestalter wie auch Produzenten beeindruckend zahlreich vertreten.
Neben Team 7, Ewe und Voglauer wurde die von der Innsbrucker Designerin Nina Mair gestaltete und von der Lienzer Tischlerei Forcher produzierte Massivholzbadewanne Shell ausgezeichnet. Das Porsche Design Studio, Zell am See, gestaltete für Poggenpohl, Herford/DE, die Küche P’7350 und gehört damit ebenfalls zu den Ausgezeichneten.