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Möbel-Mekka Mailand
Wer auf der 54. Mailänder Möbelmesse kein Holz sehen wollte, musste wirklich die Augen schließen.
Ein Artikel von Dinah Urban | 04.06.2015 - 16:37
Kaum einer der 1363 Aussteller hatte in der italienischen Designmetropole nichts Hölzernes auf dem Stand oder zumindest im Katalog zu präsentieren. Ob in Kombination mit anderen Materialien oder pur, Eiche, Esche, Nuss und Kumpanen machten in diversen Einrichtungsstilen eine gute Figur.
Von 14. bis 19. April traf sich die Möbelbranche zum 54. Mal in Mailand. Von den 1363 Ausstellern stammte rund ein Viertel aus dem Ausland. Unter ihnen fanden sich etwa Hersteller aus Skandinavien, Spanien und Polen. Von der Büroausstattung bis hin zur Beleuchtung war Holz ein allgegenwärtiges Material. Es schien fast, als ginge es nicht mehr ohne. Ob der praktische Bürostuhl oder der repräsentative, massive Esstisch mit Waldkante: Holz wurde für jeden Zweck und Stil herangezogen. Funktionalität hatte einen besonderen Stellenwert an den Ständen. Die beeindruckenden Konferenztische von Bauline, Massafra/IT, lassen sich wie Akkordeons auseinanderziehen und bieten dank zahlreicher Zusatzplatten auch für große Gesprächsrunden eleganten Platz. Das Projekt „Memory of Objects“ von Lorens & Lorens, Warschau/PL, begeisterte die Besucher mit praktischer Technik in ausgefeiltem Design. Die Frage: „Wo habe ich doch gleich diese Unterlagen hingelegt?“, kann dieser Schreibtisch einfach beantworten. Alles, was sich in einer der wabenförmigen Tischeinheiten mit Deckel befindet, wurde vor dem Verstauen fotografiert und per App dem entsprechenden Fach zugewiesen. Um es wiederzufinden, braucht der Besitzer nur das Bild auszuwählen und der passende Deckel öffnet sich automatisch.
Silencio
Praktische Möbel hat man gern immer um sich. Fast rundherum geht auch das Silence Sound Center von Designer Antti Evävaara. Mit seinem in die Decke integrierten Lautsprecher sorgt der gekapselte Wohlfühlsessel für klangvolle Darbietungen, während die Außenwelt davon nichts mitbekommt. So ermöglicht er Konzertgenuss im Wohnzimmer oder Büro. Ist akustischer Komfort für größere Räume gefragt, bietet etwa Mascagni, Casalecchio di Reno/IT, schallisolierende Trennwände an. Verkleidet mit perforiertem Furnier, ermöglichen sie optische Gestaltungsfreiheit.
Sitzgelegenheiten
Für spontane Platznehmer hatte Mailand viel zu bieten. Sitzgelegenheiten, wie der Hocker Haedra von Gabriella Mastrangelo und Artemis Papageorgiou, zogen mit Design und Funktionalität die Blicke auf sich. Einfach zusammengefaltet, bleibt dieser durch Magnetkraft stabil.
Der Hocker „Glimm“ von Lith Lith Lundin, Torsåker/SE, trägt dem wachsenden Umweltbewusstsein der Konsumenten Rechnung. Er besteht einzig aus Holz, Leder und einer Wachsbeschichtung. Sind die Tischbeine in die Platte gesteckt, sorgt das Lederband für stabilisierende Spannung. Den passenden Tisch gibt es auch – „Dome“.
Massiv anziehend
Ob wirklich aus einem Stück oder bloß so erscheinend, das war auf der Möbelmesse nicht immer eindeutig erkennbar. Eine Optik, wie aus einem einzigen Stamm gefertigt, zog die Besucher jedoch in der Regel an. Massive Holzsitzmöbel und -tische stellte die Designerplattform Riva, Cantú/IT, aus.
Neben Hockern, beispielsweise in Form von Anspitzern, fehlten auch maritime Elemente, wie Möbel aus mit Bohrmuscheln gespickten Pollern nicht. Tische muteten ebenso robust an, auch gern mit Waldkante. Ein Beispiel dafür ist die Tafel „Tavola“ von Dale, Ca’ degli Oppi/IT.
Scheinen und schweben
Dünne Furniere, zu lichttransparenten Lampenschirmen verarbeitet, stellte Massmi in Mailand aus. Als Decken- oder Nachttischvariante besticht „Infinito“ mit einer warmen Ausstrahlung und einer kecken Schieflage. Ebenfalls für Massmi entwarf Nacho Timón die schlichte Nachttischlösung Lamparella aus Formsperrholz.
Mit Licht lockte auch Hülsta, Stadtlohn/DE, zahlreiche Besucher an seinen Stand. Die scheinbar frei schwebenden Möbel mit rustikaler bis glänzender Front werden so an der Wand befestigt, dass sie etwas von ihr abstehen und hinterleuchtet werden können.
Jeder mischt mit
Neben Glas und Metall fand man Holz vielfach in Verbindung mit Leder, Glas, Plexiglas, Kunststoff, Vlies und Beton wieder. Massive Beton- oder Marmorfüße trugen nicht weniger derbe Tischplatten, vorzugsweise aus Eiche oder Walnuss. Stahlgestänge oder Glaselemente fusionierten damit zu eher filigranen Objekten, wie Tischen oder unzähligen Varianten von Formsperrholzstühlen. Letztere durften auch gleich vor Ort konfiguriert werden.
Diese Vielfalt freut den Holzfreund einerseits, da das natürliche Material in der Einrichtungswelt allgegenwärtig scheint. Vom Einzelstück bis zur Serienproduktion lässt es vieles aus sich machen. Dazu ist aber ausreichend Wissen um den Werkstoff vonnöten. Wenn neben hervorragender Drechslerkunst schlecht verarbeitete Einzelstücke gezeigt werden, stellt sich die Frage, ob sich wirklich jeder Hersteller an Holz wagen sollte.
Ein positives Beispiel für ein ausgefeiltes Design, das für unterschiedliche Werkstoffe durchdacht zu sein scheint, ist das Tischbein „Quadror“ von Horm, Pasiano di Pordenone/IT. Einem Bock ähnelnd, verbirgt sich hinter dem schlicht wirkenden Möbelteil eine pfiffige Idee. Die beiden Quadrate – wahlweise aus Metall oder Eschenholz – kippen von allein in die richtige Position, da sie nur so fest zusammenhalten und sich ineinander verkeilen. Je nach Verwendungszweck – als Tischbein oder Regalwand – und Material sind die Elemente passend dimensioniert.
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