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Säger des Jahres 2016: Joachim (li.) und Ignaz Erhart haben sich in ihrem Sägewerk auf den Einschnitt von Starkholz konzentriert © Martina Nöstler

Mit Herz und Hirn

Ein Artikel von Martina Nöstler | 15.12.2015 - 07:42
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Säger des Jahres 2016: Joachim (li.) und Ignaz Erhart haben sich in ihrem Sägewerk auf den Einschnitt von Starkholz konzentriert © Martina Nöstler

„Es ist seit jeher unser Bestreben, es den Waldbesitzern so einfach wie möglich zu machen und ihnen ein möglichst breites Sortiment hinsichtlich Holzart und Durchmesser abzunehmen“, eröffnet Ignaz Erhart das Gespräch. Gemeinsam mit seinem Bruder Joachim leitet er seit 1999 die Geschicke des Sägewerkes im Großen Walsertal. Joachim ist für Rundholzeinkauf, Personal und Buchhaltung zuständig, während Ignaz Technik und Verkauf managt.

Alles kaufen, was Große nicht wollen

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Absolut feinjährig: Erhart Holz setzt beim Einschnitt auf Gebirgsholz mit starken Durchmessern © Martina Nöstler

Die beiden sehen es als ihre Kernkompetenz, das zu den Produkten passende Rundholz bestmöglich zu verarbeiten und den zusätzlichen „Ballast“ an andere Spezialisten im runden Zustand weiterzuverkaufen. Beispielhaft nennt Joachim hier Schwach- oder Laubholz. Zum Einschnitt gelangt überwiegend starkes Holz, wofür klassische Großsägewerke keine Verwendung haben. Die Jahresmedia gibt er mit 47 cm an. Aus diesem Grund hat man seit den 1950er-Jahren Erfahrung mit der Bandsägentechnologie. „Schon unser Vater hat sich mit dieser Einschnittvariante beschäftigt“, erzählt Ignaz. „Besonderheiten des Starkholzes – und gleichzeitig Herausforderungen – sind dessen Struktur und die unterschiedlichen Qualitäten innerhalb eines Stammes. Am einfachsten wäre es für uns natürlich, nur sehr schönes Holz zu kaufen. Dann sind auch die Verarbeitung und die Vermarktung einfach“, meint er.
Die Brüder haben es sich aber zum Ziel gesetzt, alle Starkholzqualitäten zu schneiden und aus dem gegebenen Holz das Beste herauszuholen. An dieser Prämisse orientierten sich auch die Investments in den vergangenen zehn Jahren. Dazu gehörten etwa die neue Block- und Trennbandsäge von Bongioanni, die für die Bedürfnisse der Erharts adaptiert wurden: Von Schnitt zu Schnitt lassen sich individuelle Produkte herstellen. Vor einigen Jahren wurden die Besäum- und Nachschnitteinrichtung sowie die Schnittholzsortierung erneuert. Die großzügige Lösung ermöglicht es, viele Qualitäten und Sortimente gleichzeitig zu erzeugen und entsprechend einzuteilen. „Das bringt auch einen höheren Durchschnittserlös“, weiß Ignaz. 63 mechanisierte Sortierboxen sowie 20 händische Stapelplätze stehen zur Verfügung. Dennoch sei man hier an die Grenzen gestoßen. „Darum sahen wir hinsichtlich der Qualitätsausbeute nur mehr Verbesserungspotenzial im genaueren Vorsortieren des Rundholzes“, erläutert Ignaz und verweist auf die jüngste Investition in Sonntag: einen neuen Rundholzplatz samt Portalbagger und 3D-Vermessung. „Die Anlage ist seit einem Jahr in Betrieb und wir sind damit sehr zufrieden. Sauteuer – aber sie wirkt“, meint er schmunzelnd.

Große Lager – entgegen den Tipps

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Der Beginn: Der Mitarbeiter am Rundholzplatz prüft die Stämme nach der Einkaufsqualität und Sortierentscheidung gemäß innerbetrieblichen Kriterien © Martina Nöstler

„Gegen die üblichen Tipps von Consultern für kleine und mittelgroße Unternehmen sind wir beratungsresistent“, wie es Ignaz formuliert. Da große Lager gleich hohe Kapitalbindung bedeuten, sollten diese laut Beratern klein gehalten werden. Bei Erhart Holz ist aber genau das Gegenteil der Fall: „Wir kaufen Rundholz, wenn es verfügbar ist, und müssen damit im frühen Herbst die idiotische Rundholz-Überbezahlung nicht mitmachen“, sagt Joachim trocken. Die Menge, welche ständig auf Lager ist, beziffert er mit rund 15.000 fm.
Beim Schnittholz sieht es ähnlich aus: Hier sind immer bis zu 5000 m³ vorrätig. „Damit können wir unsere Funktion als prompter Gemischtwarenhändler erfüllen“, führt Ignaz aus. Der jährliche Einschnitt in Sonntag beträgt bis zu 60.000 fm. Produkte, die man selbst nicht produzieren kann, lässt man im Sägewerk Josef Steurer in Schwarzach erzeugen. Die beiden Betriebe verbindet eine lange und gute Partnerschaft. „Für gewisse Schnittbilder hat Josef Steurer die geeignetere Technik. Zudem können wir durch die Zusammenarbeit noch kurzfristiger auf Sonderbestellungen in kleinen und großen Mengen reagieren“, erklärt Ignaz. „Wir genießen bei unseren Kunden den Ruf, sie schnell und individuell bedienen zu können. Unsere Kunden sind von unserer raschen Lieferfähigkeit und der breiten Produktpalette immer wieder überrascht. Das geht aber nur, weil wir eine flexible Produktion, ebensolche Partner und ein großes Lager haben“, verdeutlicht er. Potente Betriebe in der Region sowie die Nähe zur Schweiz tun ein Übriges.
Die Hauptmenge verlässt das Sägewerk in Richtung industrieller Holzweiterverarbeiter, welche hochwertige Produkte (Fensterkanteln, Leisten, Türen oder Sonderzuschnitte) erzeugen beziehungsweise Rift-/Halbriftware, überbreite Rohhobler in Spitzenqualitäten oder Sonderabmessungen benötigen. Außerdem beliefert Erhart Verpackungshersteller mit Standardsortimenten und Sonderzuschnitten sowie Industriebetriebe mit geringen Lagerkapazitäten und hohem Lieferserviceanspruch. Mit dem eigenen kleinen Hobelwerk sowie starken Partnern für Keilzinkungen, Imprägnier- und Dämpfbehandlungen wird das Portfolio für Sonderprodukte abgerundet.

Bekennung zum Standort

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Umfangreiches Schnittholzlager: Ignaz Erhart bezeichnet sein Unternehmen selbst als "Gemischtwarenladen" © Martina Nöstler

Vor knapp zwei Jahren planten die Brüder, in ein neues Sägewerk in der Schweiz zu investieren. Dieses Projekt wurde damals von der Bürgerversammlung abgelehnt. Mittlerweile sind die beiden darüber nicht unglücklich: „Bei der derzeitigen Frankenstärke ist es unrealistisch, dort ein Sägewerk auf die grüne Wiese zu bauen.“ Trotz des gescheiterten Projektes wollen Ignaz und Joachim den Einschnitt in Sonntag nicht erhöhen. „Wir möchten das aus dem Stamminneren erzeugte Schnittholz, wo mit Ästen und Rissen gekämpft wird, als weiterverarbeitetes Produkt anbieten.“ Ideen dazu gebe es schon. Über Details schweigen die beiden aber. Im nächsten Jahr will man auf jeden Fall das Produktionsgebäude erneuern und mehrstöckig ausführen – natürlich in Holz, „alles andere ist kein Thema“. Darin sollen auch der Schärfraum, Sozialräume sowie Mitarbeiterwohnungen Platz finden.
„Es wird immer verschieden große Sägewerke brauchen. Die Mischung macht es aus“, ist Ignaz überzeugt. „Viele Menschen, die uns kennen, fragen sich, warum man in Sonntag ein Sägewerk betreibt. Sicher, durch die abgeschiedene Lage müssen wir hohe Transportkosten in Kauf nehmen und der Winter ist eine Herausforderung. In einem Seitental haben wir aber den Vorteil, dass wir Mitarbeiter mit Bodenständigkeit und Hausverstand finden. Und um ein Sägewerk mit hohem Raumbedarf in Vorarlbergs Gunstlagen zu bauen, fehlt schlicht und einfach der Platz.“

Erhart Holz

Gründung: 1954
Geschäftsführer: Ignaz und Joachim Erhart
Mitarbeiter: 30
Einschnitt: bis zu 60.000 fm/J
Produkte: Sortimente für die Industrie, Tischler, Holzbau; Keilzinkrohware; Verpackungsware
Absatz: 20 % Inland, 50 % Schweiz, 15 % Deutschland, 5 % Italien, 10 % Diverse