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Zwei Klebeköpfe pressen den Schmelzkleber in die Astrisse © Günther Jauk

Mehr Wertschöpfung

Ein Artikel von Günther Jauk | 27.08.2015 - 09:32
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Zwei Klebeköpfe pressen den Schmelzkleber in die Astrisse © Günther Jauk

Mehr Wertschöpfung bei der Erzeugung von Hobelware war das übergeordnete Ziel von Eisenring-Geschäftsführer Peter Marty. „Im Grunde haben alle Hobelwerke dasselbe Problem. Man erzeugt zwangsläufig unterschiedliche Qualitäten und hat dann Probleme, Minderqualitäten gewinnbringend aufzuarbeiten“, erklärt Marty beim Besuch des Holzkurier. Die beste Lösung schien ihm, derartige Hobelqualitäten erst gar nicht anfallen zu lassen. Im deutschen Sägetechnikspezialisten H.I.T., Ettringen, fand Marty den idealen Partner für dieses Projekt. Der bayerische Maschinen- und Anlagenbauer beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit dem Thema Kosmetik in der Weiterverarbeitung und errichtete in Gossau in enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Eisenring die erste vollautomatische Astkosmetikanlage für Hobelware (s. Holzkurier Heft 19, S. 38). Unter Fehlstellenkosmetik versteht H.I.T. das Einspritzen von Schmelzkleber in Astrisse, Fehlstellen, Harzgallen und Risse im Holz, um lose Äste zu fixieren und Fehlstellen auszufüllen. Im Gegensatz zur gängigen Methode – fräsen und einkleben von Astflickstücken – stechen bei dieser Art von Astkosmetik die behandelten Äste bei „ruhigen“ Sortierungen nicht hervor. Der Schmelzkleber wird in Gossau mit 50 bar und 160° C von zwei Bearbeitungsköpfen in die Risse gepresst. In nur einer Sekunde trocknet und härtet der Kleber aus. Die Anlage ist für Brettstärken von 15 bis 75 mm konzipiert. Je nach Anforderungen kommen spezielle Kleber zum Einsatz, weshalb die Anlage auf 72 bar und Temperaturen bis 210° C ausgelegt ist.

Erkennen und behandeln im mannlosen Betrieb

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Die Bretter laufen in 1,5m breiten Lagen durch den Scanner © Günther Jauk

Eine wichtige Anforderung, die Marty an die Anlage stellte, war, dass sie mannlos im Automatikbetrieb funktioniert. „Nur so erzielen wir unterm Strich auch die gewünschte zusätzliche Wertschöpfung“, begründet der Geschäftsführer. Betriebszustände können mittels PC oder Smartphone übermittelt werden. Im ersten Schritt nimmt sich die Maschine von einem Eingangspakt mit einer Breite von 0,8 bis 1,2 m und einer Höhe von bis zu 1,2 m Brettlagen und vereinzelt diese. Danach werden die Brettseiten bestimmt (Lage der Jahrringe) und Bretter bei Bedarf gedreht. Für die Brettseitenerkennung sind drei Kameramodule (oben, unten und vorne) installiert. Mit diesen Modulen werden die Schüsselung sowie die Jahrringlage von drei Seiten erkannt. Diese Neuentwicklung stammt von den Südtirolern Bidac und Alpiscan. „Dadurch ersparen wir uns einen Kappschnitt an der Stirnseite“, erklärt H.I.T.-Geschäftsführer Franz Anton. Danach werden die maximal 6 m langen Bretter zu 1,5 m breiten Lagen auf ein Förderband geschichtet und durch den Scanner geführt. Dieser hochauflösende Scanner stammt ebenfalls aus der Kooperation Bidac-Alpiscan und liefern Daten über Holzmerkmale, wie etwa Breite, Länge oder Tiefe der Risse. Während sich die Brettlage danach weiter in Richtung Kosmetikstation bewegt, werden die Scannerdaten an selbige weitergegeben. „Die Scannertechnologie öffnet der Holzindustrie sicherlich noch einige Türen. In unserem Fall könnten die Daten etwa an eine Kappsäge mit anschließender Keilzinkstation weitergegeben werden“, blickt Marty in die Zukunft. In der eigentlichen Kosmetikstation steuern zwei Klebeköpfe unentwegt zu „verschönernde“ Äste an und pressen Schmelzkleber in die Astrisse. „Der Schmelzkleber fixiert lose Äste, welche beim Hobeln dann nicht mehr aus dem Brett fallen können. Es brechen bei der Weiterverarbeitung auch keine losen Astteile mehr heraus. Geschlossene Astrisse ergeben eine schöne Optik und verhindern das Eindringen von Wasser bei Fassadenbrettern“, beschreibt Anton die Vorteile. Je nach gewünschter Anlagenkapazität kann die Stückzahl der Pressköpfe variieren. Derzeit läuft die Anlage noch in der Optimierungsphase. Im Vollbetrieb geht Anton dann von 3 bis 6 m/min kontinuierlicher Vorschubgeschwindigkeit aus. Nach der Kosmetikstation werden die Bretter aufgrund der Scannerdaten mit einer Qualitätskennzeichnung versehen und mit der Vakuumanlage gestapelt.

Gelungenes Pilotprojekt

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Ein Vakuumheber vereinzelt den Stapel © Günther Jauk

Für Eisenring und H.I.T. ist das gemeinsame Projekt ein voller Erfolg. „Nur mit einem Unternehmen, das auch wirklich etwas leisten möchte, ist so ein Projekt umzusetzen. Unser Pflichtenheft war dick, aber H.I.T. hat alle unsere Anforderungen erfüllt“, zeigt sich Marty zufrieden. Bei der Einschätzung der zusätzlichen Ausbeute tut sich Marty nach so kurzer Zeit noch schwer, geht jedoch von rund 20 % aus. Für ihn stand aber nicht nur die Ausbeute im Vordergrund, sondern auch die vielen für ihn zurzeit noch nicht quantifizierbaren Vorteile, die sich durch die neue Anlage ergeben. „Unsere Gesamtanlage kommt dadurch auf weniger Arbeitsstunden, wir müssen weniger nachbearbeiten und können nun unseren Lieferanten subjektiv beurteilen“, zählt Marty die Benefits auf. Durch die Scannerdaten weiß das Unternehmen jetzt, wer welche Qualitäten liefert und kann da- raus Preiskalkulationen erstellen. Besonders freut es den Geschäftsführer, dass man die bessere Qualität der Bretter nun unmittelbar wahrnehmen kann. „Es gibt jetzt praktisch keine Astspinnen mehr. Der Zimmermann muss nicht mehr sortieren oder spachteln und der Kunde sieht den Vorteil.“ Preislich wird sich bei seiner Hobelware nichts ändern. „Die Anlage ist für uns ein klarer Wettbewerbsvorteil. Nicht ein höherer Produktpreis, sondern die Mehrausbeute finanziert die Anlage.“ Anton sieht für seine patentierte Kosmetikstation ein breites Anwendungsspektrum in der Holz verarbeitenden Industrie. „Dass die Anlage funktioniert, wissen wir jetzt. Unsere Kosmetikanlage wird in Zukunft sicher auch bei Seitenware, BSH- oder BSP-Elementen sowie Parketthölzern zum Einsatz kommen“, ist er überzeugt. Über mangelndes Interesse an der Kosmetikstation kann sich Anton seit der Ligna nicht mehr beklagen. „Seit wir die – jetzt in Gossau stehende – Anlage in Hannover vorgestellt haben, bekommen wir viele Anfragen.“