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40-Jahre-Feier: Die Mitglieder aus Deutschland, Tschechien, der Schweiz und aus Österreich trafen sich am 7. und 8. Juli in Wien © Gerd Ebner

Megatrends helfen, aber …

Ein Artikel von Gerd Ebner | 14.07.2016 - 08:33
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40-Jahre-Feier: Die Mitglieder aus Deutschland, Tschechien, der Schweiz und aus Österreich trafen sich am 7. und 8. Juli in Wien © Gerd Ebner

Dass sich seit Gründung des VEH nicht nur die Automobilindustrie (am Beispiel des VW Golf), sondern auch die Hobeltechnik entsprechend weiterentwickelt hat, zeigte Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger anhand der Weinig-Hobelautomaten aus den 1970er-Jahren versus jenen aus 2016. „Holz war Ende des 20. Jahrhunderts in der Liste der Baustoffe für tragende Teile faktisch nicht mehr existent. Innovation war daher dringend notwendig“, so seine Schlussfolgerung. „Der Höhenflug von BSH und BSP steuerte dem Bedeutungsverlust von Holz im konstruktiven Bereich entgegen. Heute gibt es Konzeptstudien für 300 m-Hochhäuser in London – was machbar ist, realisiert der Mensch irgendwann“, prophezeit Teischinger.

Holz ist angenehm, demontierbar und wiederverwertbar

Architekt Ernst Giselbrecht sieht eine „enorme Zuwendung“ seiner Zunft zu Holz. „Die Welt wird immer abstrakter. Holz ist angreifbar, seine Haptik wird als angenehm empfunden.“ Giselbrecht verwies auf die Life-Cycle-Rechnung: „Das Abtragen des Chrysler Buildings wird aufgrund der Entsorgung teurer als die Errichtung. Holz ist demontierbar und wiederverwertbar – das ist ein Riesenvorteil.“
Die Lebensgefühle einzelner Gesellschaftsgruppen erläuterte Dr. Günther Grall, FH Salzburg. Der Holzverwendung komme entgegen, dass es einen Trend „weg von Kunststoff gibt“. Eine gesellschaftliche Avantgarde lebe das schon, jetzt reagiere die Industrie und es könne zu einer neuen Normalität werden.

Struktur und Echtheit – Naturprodukt unterstreichen

Der Trend zu mehr Kontrasten wird ebenfalls den Holzbedarf steigern. Sichtbeton als Ergänzung zu Holz würde Letzterem neue Marktpotenziale eröffnen. Struktur ist gefragt – etwa durch die Tiefe der Holzoberfläche. Das beweist Echtheit, die Holz als Naturprodukt hat.

Mit Lowtech eine Stadt verändern

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Stadtveränderung mit Hobelware: das Team von Mostlikely, bevor es mit dem „Sudden Workshop“ begann © Mostlikely

Ein Paket Hobelware vom Holzcenter Weiss, eine Kappsäge und ein Akkuschrauber – damit realisierte das Architekturbüro Mostlikely in Wien mobile Werkstätten, baute zusammenklappbare Stühle und mobile Verkaufsstände. Mostlikely wolle nichts weniger, als „die Stadt verändern“. Mark Neuner von Mostlikely: „Hobelware ist das ideale Material. Es ist allen bekannt, unterstreicht den Lowtech-Ansatz und lässt Vielfältiges entstehen.“ Was herauskam, war aufgrund des einfachen Ansatzes (zwei Hobelwarendimensionen) fast schon „industriell“: In zwei Tagen fertigte man etwa 80 Klappstühle.

Konstruktion entscheidend für Lebensdauer

Branchenwissen vermittelten auf der 40-Jahre-Feier drei Mitarbeiter der Holzforschung Austria. Claudia Koch präsentierte Forschungsergebnisse für Holz im Außenbereich. Die Ergebnisse seien oft erschütternd. Speziell leicht vermeidbare Fehler in der Konstruktion sorgen dafür, dass Terrassenhölzer bereits nach zwei bis sechs Jahren getauscht werden müssen. „Der Schlüssel zu einer langlebigen Terrasse ist eine gute Konstruktionsqualität“, weiß Koch.
Als Leiterin von Dataholz.com stellte Sylvia Polleres die Wissensplattform vor. Ein Highlight wäre es, wenn deren Bauteilberechnungen auch in Deutschland die – in Österreich schon lange vorhandene – baubehördliche Anerkennung erlangen würden. Vom Gastgeber VEH wurde außerdem initiiert, dass bald 70 neue Bauteile ins System einfließen.

Holz verändert sich – Kunden vorab Realität zeigen

Von Klaus Peter Schober kam der Hinweis an die Branche, dass man dem Kunden ehrlich kommunizieren müsse, dass sich Holz verändere: „Das schöne Rot der Lärche wird bald grau.“ Diese Veränderung könne man bereits in digitalen Renderings vermitteln.
Schober forderte dazu auf, nicht nur auf „die bekannte Fi/Ta-Optik und etwas Eiche“ zu setzen. Die Architekten bräuchten strukturiertere Materialen. „Strukturiert und bunt – statt Grau in Grau.“

Plug-in-Systeme vorfertigen

Holz sei für die Vorfertigung prädestiniert. „Wir machen aber noch zu wenig daraus, andere Branchen sind weiter.“ Funktionierende Plug-in-Systeme nannte der HFA-Experte als Must-haves. „Werkstoffkombinationen werden immer mehr. Warum nicht einmal eine Holzfassade mit einer Metallunterkonstruktion versehen?“