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Die Wissenschaftler Dr. Andreas Holm (TU München) und Dr. Sebastian Pohl (LCEE), Architekt Dietmar Walberg sowie Vertreter der DGfM Dr. Hans Georg Leuck und Dr. Roland Rast präsentieren auf der BAU in München die Vorteile von Mauerwerksbau (v. li.) © Kathrin Lanz

Mauerwerksverband stellt Holzbau ins Eck

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 23.01.2017 - 10:58
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Die Wissenschaftler Dr. Andreas Holm (TU München) und Dr. Sebastian Pohl (LCEE), Architekt Dietmar Walberg sowie Vertreter der DGfM Dr. Hans Georg Leuck und Dr. Roland Rast präsentieren auf der BAU in München die Vorteile von Mauerwerksbau (v. li.) © Kathrin Lanz

Zur Imageaufwertung des Mauerwerksbaus wurde auf der BAU eine Studie zur Nachhaltigkeit von Mauerwerk präsentiert. Im Auftrag der DGfM stellte die Life Cycle Engineering Experts GmbH (LCEE), ein Ableger der Technischen Universität Darmstadt, Mehrfamilienhäuser aus Mauerwerk, Stahlbeton und in Holzständerbauweise gegenüber. Fazit aus der Untersuchung ist: Zieht man eine Ökobilanz über den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes von 50 bis 80 Jahren, bestünden zwischen einem Mehrfamilienhaus aus Mauerwerk und einem in Holzbauweise faktisch keine Unterschiede.

Holzbau mit hohen Umweltwirkungen?

Zu diesem Ergebnis kam Dr. Sebastian Pohl, ein als unabhängig präsentierter Wissenschaftler, der bis 2014 am Darmstädter Institut für Massivbau tätig war. Er bilanzierte die Mauerwerksarten Ziegel, Kalksandstein, Poren- und Leichtbeton und bildete daraus einen Mittelwert. Für die Holzständerbauweise unterschied Pohl zwischen einem Modellgebäude aus einheimischem und einem aus importierten Holz. Dabei setzte er einen Mix von Holz und Holzwerkstoffen aus den vier größten Bezugsländern Frankreich, Estland, Polen und Tschechien an. Die Gesamtökobilanz zeigt laut LCEE, dass eine Außenwand in Holzständerbauweise in fast allen Kategorien „mit Abstand die höchsten Umwelteinwirkungen aufweist“.

Hintergründe der Berechnung

Folgende Faktoren bewertete LCEE: Den Primärenergiebedarf über die gesamte Lebensdauer, das Versauerungspotenzial durch Emissionen wie Schwefeldioxid, das Potenzial, die Ozonschicht abzubauen und zur Ozonbildung beizutragen, die Überdüngung und das Treibhausgaspotenzial. Explizit vermerkt die Studie, dass die Nutzungsdauer von Holzbauteilen kürzer sei als der Betrachtungszeitraum der Studie von 80 Jahren und die Bauteile im Verlauf dieser Zeit einmal ersetzt werden müssen - mit entsprechenden Auswirkungen auf das ökobilanzielle Gesamtergebnis. Setzt man voraus, dass Holzbauteile öfter ersetzt werden müssen, nähern sich die Ergebnisse bezüglich des Treibhauspotenzials zwischen den Mauerwerks- und den Holzvarianten faktisch gänzlich an, schreibt Pohl.

Holzbranche reagiert

Dass solcherlei Behauptungen von der Holzbranche nicht unkommentiert bleiben, versteht sich von selbst. Unter anderem meldete sich der Deutsche Holzwirtschaftsrat (DHWR) kritisch zu Wort. „Die Leistungen von Holz als Baustoff in Frage zu stellen, ist aus DHWR-Sicht weder zeitgemäß noch zukunftsträchtig. Zahlreiche Richtlinien und Gesetze haben bislang den Holzbau rechtlich benachteiligt. Angesichts zunehmender Urbanisierung und Wohnungsknappheit hat die Branche [...] darauf gedrängt, endlich eine Gleichstellung der Baustoffe zu erreichen und die Vorteile von Holz zu nutzen.“ Das Argument der LCEE, dass Ressourcenknappheit aufgrund des hohen Verbrauchsniveaus von Holz in allen Anwendungsbereichen der Energie-, Möbel-, Papier- und Bauindustrie eine „ökologische Gefahr“ darstelle, wie es vor der Veranstaltung in einer Mitteilung zugespitzt hieß, hörte man live nicht mehr. Auch die Warnung vor dem „Raubbau am Forst“ war so nicht mehr zu vernehmen. Sehr wohl aber die Warnung vor dem Rückgang der Fichte in deutschen Wäldern. Der DHWR kontert, dass Deutschland mehr Nadelholz exportiert, als es importiert, sodass es Potenzial zur Nachfragebefriedigung bei gesteigerter Holzbauquote gebe. Darüber hinaus stünden Bemühungen an, mehr Laubholzprodukte im konstruktiven Baubereich einzusetzen. Alles in allem gebe es hier also keinen Grund zur Sorge. Dass der WWF, der naturgemäß für Umweltschutz und effiziente Nutzung von Ressourcen steht, gemeinsam mit dem Cluster Forst&Holz ein Bündnis namens „Zukunftsoffensive Holzbau“ startete, darf als weitere Entkräftigung der „Mauerwerks-Argumente“ gelten.

Versöhnlich in Richtung Mauerwerk

„Dass Holz nicht dogmatisch als alleiniger Baustoff genutzt werden muss, versteht sich von selbst“, stellt Marlene Wollenweber vom DHWR fest. „Große Erfolge können etwa mit einer Hybridbauweise erreicht werden, bei der die jeweils verwendeten Baustoffe danach ausgewählt werden, für welche Eigenschaften sie an entsprechender Stelle am besten geeignet sind. Aus unserer Sicht ist es daher unerlässlich, dass die Branche den Herausforderungen der Zukunft gemeinsam begegnet.“ Es gilt also, eigene Stärken zu nutzen und in den Vordergrund zu rücken sowie dem Mitbewerb dies auch zuzugestehen. Nur in diesem Sinne lässt sich eine Lösung für die Wohnungsknappheit finden. Ein Motto, das sich für bevorstehende Pressekonferenzen gut eignen würde.