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Rückkehr nach Purkersdorf: Seit Anfang April ist Dr. Rudolf Freidhager neuer ÖBf-Vorstandssprecher © Gerd Ebner

Leben mit tieferem Hiebsatz

Ein Artikel von Gerd Ebner | 22.04.2015 - 08:25
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Rückkehr nach Purkersdorf: Seit Anfang April ist Dr. Rudolf Freidhager neuer ÖBf-Vorstandssprecher © Gerd Ebner

„Es ist ein großer Reiz, das sehr lebendige Unternehmen ÖBf zu leiten“, definiert Dr. Rudolf Freidhager einen Beweggrund, nach zehn Jahren Vorstandstätigkeit bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) als Vorstandssprecher zu den doch merklich kleineren Österreichischen Bundesforsten zurück-zukehren. Dass in der jüngeren Vergangenheit nicht alles aufgegangen ist, was die ÖBf versuchten, ist für ihn kein Makel. „Wer ein Unternehmer ist, muss auch etwas unternehmen. Im Rückblick sind immer alle gescheiter.“

Erlöse abseits des Holzverkaufs

Die ÖBf werden unter Freidhagers Ägide den „Horizont 2020“ vollenden. Darin ist definiert, dass der Holzverkauf weniger als die Hälfte zur Betriebsleistung beitragen soll. Immobilien (2014: erstmals über 40 Mio. €), Jagd, erneuerbare Energien oder Dienstleistungen wären Bereiche, die Mehrerlöse bringen sollen – das wurde unter seinem Vorgänger, Dr. Georg Erlacher, schon erreicht.
Die „Spielwiese neben dem reinen Holzverkauf“ ist für Freidhager bei den ÖBf größer als bei den BaySF. So beschäftigt er sich schon drei Wochen im Amt mit Fragen der Fischerei oder mit Kleinwasserkraftwerken. „Ich beabsichtige, Agenden mit geringeren Risiken in Angriff zu nehmen. Bei Wasserkraftwerken ist das Risiko nur die Strompreisentwicklung“, analysiert er.

Mit 30 % weniger Hiebsatz leben

Im eigentlichen Holzverkauf ist Freidhager mit einem beständig gesunkenen Hiebsatz konfrontiert. Dieser lag 1997 noch bei 2,1 Mio. fm, derzeit sind es 1,52 Mio. fm. „Die Stürme von Kyrill über Uschi bis Paula und Emma haben uns fast ein Drittel des Hiebsatzes gekostet“, bedauert Freidhager. \>\>„Umso penibler werde ich nun darauf achten, dass der Einschlag niemals über dem Hiebsatz zu liegen kommt“, betont er im Interview.

ÖBf-Holz auf kürzeren Wegen?

Das in Bayern praktizierte Motto „Holz der kurzen Wege“ hält Freidhager auch für Österreich für eine „vernünftige Strategie. Ich werde mir genau anschauen, wie die Holzlogistik bei uns abgewickelt wird. Dass bei den ÖBf viel zentral verkauft wird, ist per se weder gut noch böse. Ich wünsche mir nur, dass meine Forstmeister mit den Kunden in unmittelbarem Kontakt stehen. Also, dass sie auch gewisse Verkaufskompetenzen erhalten.“ Das heißt vice versa: Die Betriebsleiter sollen in den Verkauf involviert sein, um ein Gespür für den Holzmarkt zu behalten.
Etwas BaySF-Routine kann sich Freidhager diesbezüglich vorstellen: „Dort wird ein Vertrag über gewisse Sortimente abgeschlossen. Jeder nahe Schlagort wird daraufhin abgescannt, welche Vertragsbestandteile erfüllbar wären. So wird tunlichst das richtige Sortiment zum nächsten Kunden geliefert.“

Hohe Kapazität als Preistreiber

Sowohl die BaySF als auch die ÖBf seien in „der globalen Rundholz-Hochpreiszone“ tätig. „Aber den Preis macht immer der Markt, nicht der Rundholzverkäufer“, mahnt Freidhager ein. Sein Hauptargument ist die Einschnittkapazität: „Die stieg alleine in Bayern von rund 8 Mio. fm 2005 auf 14 Mio. fm 2014.“
Einen großen Unterschied zwischen Bayern und Österreich erkennt Freidhager im Umgang mit der Jagd: „Wald vor Wild ist im Freistaat gesellschaftlicher Konsens. Das wird seit 25 Jahren gelebt. Ein Verbisslevel, das in Österreich als ,passend‘ tituliert wird, ist in Bayern ein absolutes ,No-Go‘.“ Bei den BaySF wurden auch 2014 wieder rund 40.000 Rehe geschossen: „Das ist aber keine Wildausrottung, sondern wird seit Jahren auf diesem Niveau praktiziert.“ Wie es bei den ÖBf verbissmäßig aussieht, wird derzeit im Rahmen der Evaluierung zum Horizont 2020 erhoben. „Wir werden bald die jagdlichen Brennpunkte kennen. Da werden wir im Frühjahr 2016 Maßnahmen setzen.“

Erfolgreiche BaySF-Jahre

Dr. Rudolf Freidhager kann bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) auf erfolgreiche Jahre zurückblicken. Unter seiner Ägide – 2005 bis 2015 – hat die Anstalt öffentlichen Rechts über eine halbe Milliarde Euro an Jahresüberschuss erzielt. Das Unternehmen ist schuldenfrei.
Der Nachhaltshiebssatz der BaySF lag zuletzt bei 5,2 Mio. fm/J. Daran kommen die ÖBf mit 1,5 Mio. fm/J nicht heran. Der Umsatz der Bayerischen Staatsforsten lag 2013/14 bei 416 Mio. €. Die Gewinnmarge (Jahresüberschuss durch Umsatz) erreichte 19 %. Die Bundesforste setzten im Vorjahr 227 Mio. € um und erzielten daraus einen Überschuss von 7,8 %.
In Bayern machte sich Freidhager sofort beliebt, indem er „Holz der kurzen Wege“ postulierte. Damit verbunden war für die bayerischen Abnehmer das Vermindern der Rundholzexporte – etwa nach Österreich. In der Holzlogistik sollte gelten, dass die BaySF das Holz frachtoptimiert zu den Kunden bringen.
Die Preispolitik definierte Freidhager in einem Holzkurier-Interview einmal mit den Worten: „Leben und leben lassen.“ Damit wollte er ausdrücken, nicht jeden Euro unbedingt in den Verhandlungen herausquetschen zu wollen. Erst die 2014/15er-Verhandlungen wurden von Kunden als zu hart empfunden: Damals wollten die BaySF Erhöhungen um 2–3 €/fm.
Zehn Jahre war Freidhager nicht ÖBf-Angestellter. Drei Beteiligungen, die Teil der Diversifizierung des ÖBf-Geschäftes sein sollten, gibt es in der Zwischenzeit nicht mehr oder nicht mehr mit ÖBf-Anteil:
    Der 25 %-Anteil bei Mayr-Melnhof Holz war der verlustträchtige Beteiligungsversuch an einer Holzindustrie.Foria Forstmanagement war ein Gemeinschaftsunternehmen mit den finnischen Staatsforsten.Strom und Wärme aus Holz GmbH (SWH) war ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Kelag.

Naturverjüngung rechnet sich

Notwendig ist ein tieferer Wildstand insbesondere, um die gewünschte Naturverjüngung zu erhalten. „Die werde ich bei den ÖBf forcieren. Und zwar in erster Linie aus ökonomischen Gründen. Erntet man einen Hektar Altersklassenwald, kann man von rund 8000 € Aufforstungskosten ausgehen. Das sind, verzinst mit 3 % auf 120 Jahre, 277.000 €/ha. Hinzu kommen Pflegekosten, die man ebenfalls über 70, 80 Jahre verzinsen muss. Erst dann gibt es Erlöse.“ Im Gegensatz dazu leistet die Naturverjüngung, so sie ohne Schutz aufkommen kann, vieles kostenlos. „Die geringsten Aufwände habe ich dort, wo ich das Angebot der Natur annehme“, erklärt Freidhager seine Philosophie. In Bayern wurden bei seinem Eintritt jedes Jahr 2800 ha aufgeforstet. Zuletzt waren es nur noch 1800 ha/J, 1400 ha hält er bis 2023 für realistisch – also die Hälfte der Ursprungsfläche. „Jeweils 8000 €/ha und dann noch die Zinses-Zinsrechnung – das summiert sich.“
Waldbaulich will Freidhager die Wälder so vital bekommen, dass der realistische 2° C-Temperaturanstieg verkraftbar ist. „Österreich wird als Gebirgsland einen viel höheren Nadelholzanteil behalten. Die trockenresistente Douglasie wird wohl vermehrt eingebracht – an den richtigen Standorten in der richtigen Baumartenmischung.“
Dass die ÖBf eine eigene Forsttechnik brauchen, steht für Freidhager „schon aus strategischen Gründen“ außer Frage. „Seilgeräte sind nicht in dem Umfang am Markt vorhanden wie etwa Harvester. Hier müssen wir auf uns schauen“, erklärt er. „Welche Größe die Forsttechnik künftig haben soll, werden wir analysieren.“

Je länger, desto lieber …

In Bayern setzte Freidhager auf langfristige Rundholzverträge mit entsprechenden Klauseln, etwa im Sturmfall. Die ÖBf-Verträge wären ebenfalls in der Regel Jahresverträge. „Nur in homöopathischen Dosen“ gibt es Quartals- oder Halbjahresverträge. „Das passt ganz gut so“, findet er.
Um die 90 % der ÖBf-Mengen werden schon frei Werk abgeschlossen – mehr gehe kaum, heißt es.