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Dr. Josef Füssl forscht an der TU Wien an Simulationsmodellen für Holzwerkstoffe © Lorenz Pfungen

Lasten simulieren

Ein Artikel von Lorenz Pfungen | 09.07.2015 - 08:00
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Dr. Josef Füssl forscht an der TU Wien an Simulationsmodellen für Holzwerkstoffe © Lorenz Pfungen

Wie viel Last halten BSH-Träger aus, bevor sie versagen? Wie beeinflussen Verbindungsmittel ein Holzbauteil? Ist es möglich, die Anzahl von Versuchen zu reduzieren, um ein Bauteilverhalten vorhersagen zu können? Mit der Arbeit von Forschern der Technischen Universität Wien werden bald Antworten auf diese Fragen möglich sein.
Dr. Josef Füssl vom Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen der Technischen Universität Wien erklärt seine Forschungsarbeit so: „In Zukunft ist es möglich, dass Steifigkeits- und Festigkeitsprofile von BSH-Lamellen automatisiert ermittelt werden und mit Finite Elemente Simulationen das mechanische Verhalten bestimmt wird.“ Bei der Finite Elemente Methode wird ein Objekt in endliche kleine Abschnitte unterteilt. Den Elementen werden Eigenschaften zugeordnet, um das Gesamtmodell näherungsweise zu berechnen.

Notwendigkeit der Simulation

Ziel ist es, die Forschungsergebnisse für konstruktive Anwendungen heranzuziehen. Die Simulation soll teure und zeitaufwändige Versuche reduzieren. Vor allem bei großen Bauteilen sind Experimente schwierig. Nicht nur aus Zeit- und Geldgründen, sondern auch aus Platzmangel stoßen die Forscher mit großen Versuchsaufbauten an ihre Grenzen.

Brettschichtholz und Brettsperrholz

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Modellierte Versagensprozesse in Holzprodukten auf unterschiedlichen Betrachtungsebenen © Josef Füssl

Untersucht werden beispielsweise Brettsperr- und Brettschichtholz. Ein Vorteil der Simulation gegenüber experimentellen Versuchen ist, dass die Rahmenbedingungen einer Untersuchung leicht variiert werden können. „Praktische Versuche sollen damit aber nicht ersetzt, sondern ergänzt werden“, erläutert der Wiener Forscher. Die Ergebnisse werden zur Validierung des Modells herangezogen. Ziel ist es, dass Simulationen ein Versuchsprogramm begleiten, um einen Entwicklungsprozess zu beschleunigen.
In der Fahrzeugindustrie werden Bauteile schon seit einigen Jahren modelliert. Ebenso in der Konsumgüterindustrie. Dort werden viele Produkte in Modellen abgebildet, bevor sie hergestellt werden. In der Holzindustrie besteht noch Aufholbedarf.

Simulation einer Einheitszelle

Die Simulation eines Holzwerkstoffes basiert auf einer Einheitszelle. Diese beschreibt eine regelmäßig auftretende Struktur in einem Bauteil. Bei Brettsperrholz ist so eine Zelle mehrere Bretterdicken groß. Sind die Prozesse innerhalb einer solchen Zelle bekannt, werden die Ergebnisse auf die Gesamtstruktur angewandt. Dadurch wird das Verhalten eines ganzen Bauteils simulierbar.

Einfluss von Verbindungsmitteln

Bei Verbindungsmitteln wurden Positionsänderungen unter Belastung bestimmt. Früher wurde mit höheren Sicherheitswerten gerechnet, um diese Verschiebung zu kompensieren. Heute wird dieser Effekt in speziellen Programmen berücksichtigt.
Großes Potenzial für die Simulation von Holzprodukten sieht Füssl im Zertifizierungsprozess. Betonplatten für Straßen werden bereits von Finite Elemente Simulationen begleitet. Dadurch sind weniger Versuche nötig. Das Verfahren wird schneller und kostet weniger Geld, was auch in der Holzindustrie anwendbar ist.
„Mit der genauen Vorhersage des Materialverhaltens, kann das Potenzial von Holz weiter ausgeschöpft werden“, ist sich Füssl sicher. Die Methoden zur Simulation von Systemen haben in den letzten Jahren ihren Reifegrad erreicht.

Forschungprojekt Mechwood

Im Rahmen des Forschungsprojektes Mechwood untersuchten Forscher der Technischen Universität (TU) Wien unter der Leitung von Univ.-Prof. Josef Eberhardsteiner, wie Holz unter Belastung reagiert. Seit 2008 wird an einer Mehrskalen-Modellierung von Holz gearbeitet. Die Simulation von Holzwerkstoffen und Verbindungsmitteln folgte. Das Projekt war in zwei Subprojekte untergliedert. Mechwood 1 beschäftigte sich mit dem Verhalten von Holz vom molekularen Aufbau bis hin zur ganzen Zelle (s. Holzkurier Heft 28/10, S.10). Im zweiten Projekt – Mechwood 2 – wurde ein numerisches Simulationsprogramm über das Verhalten von Holzwerkstoffen und Verbindungsmitteln unter Belastung erstellt. Finanziert wurde das Projekt von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und dem Fachverband der Holzindustrie Österreichs.