Holzverwendung für Klimaschutz

Ein Artikel von Gerd Ebner | 16.11.2016 - 08:19
„Die ganze Welt beneidet Mitteleuropa um 300 Jahre nachhaltige, multifunktionale Forstwirtschaft. Und selbst das reicht einigen nicht: Sie wollen unsere Wälder unter Schutz stellen. Die Waldbesitzer haben die Wälder so bewirtschaftet, dass sie im Jahr 2016 schützenswert sind – das wird von den Unterschutz-Stellern nicht erkannt“, eröffnete ein sichtlich bewegter Georg Schirmbeck, Präsident Deutscher Forstwirtschaftsrat, das 9. FHP-Gespräch am 10. November in Salzburg. Das Motto der Veranstaltung –„Flagge zeigen“ – könnte man laut Schirmbeck als Aufforderung verstehen: „Reden wir über unsere nachhaltige, multifunktionale Forstwirtschaft – die ist Weltklasse.“

Vorschriften über EU-Umweg

Für Deutschland gilt laut Schirmbeck mitunter: Was Umweltschützer in Berlin nicht schaffen, das spielt man über Brüssel aus: etwa die Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie. „Das FFH ist grundsätzlich nicht schlecht, nur müsste uns deren Anwendung abgegolten werden.“ Doch dafür fehle vielfach das Geld.
„Ich selbst bin zu 100 % unter Schutz gestellt: Mein Hof ist denkmalgeschützt, meine Wälder schützt das FFH. Alles ist seit 200 Jahren in Familienbesitz – 200 Jahre haben wir es ohne Schutz geschafft“, formulierte es Schirmbeck. „Unser Holzhaus steht seit 200 Jahren, die lokale Stahlbetonbau-Schule seit 30 – und wurde seither um den Preis eines Neubaus saniert.“

… wider alle Erkenntnisse

Außernutzungstellen von Waldfläche ist laut Schirmbeck hinsichtlich des Klimaschutzes „gegen jegliche wissenschaftliche Erkenntnis“: Nur junge, wachsende Wälder binden CO2. Holznutzung hält CO2 für Generationen fest. „Bauen mit Holz ist daher die wirksamste Klimaschutz-Möglichkeit. Ich erwarte von der Politik ganz wenig, aber wissenschaftliche Erkenntnisse muss sie akzeptieren. Dann haben Wälder eine gute Zukunft.“

Forstwirtschaft ohne Stimme

Schirmbeck beklagte, dass in Berlin die Forstwirtschaft keine wirkliche Stimme habe. „Weil wir es in der Vergangenheit versäumt haben, geschlossen aufzutreten.“ Mit dem in Salzburg anwesenden Xaver Haas, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrats, „haben Forst und Holz eine Plattform“, erkennt Schirmbeck.
In der internationalen Klimapolitik brauche es dringend auch die Einbindung Russlands, verwies Schirmbeck auf die schiere Größe der russischen Waldfläche.

Holzbaurate in Bayern steigern

Der bayerische Forstminister, Helmut Brunner, erkannte in Holz ein „Multitalent par excellence“. Er freute sich über eine mittlerweile verdoppelte Holzbaurate, wollte aber als wichtigstes deutsches Holzland weiterhin „Österreich im Holzbau nacheifern“.
Die 2,6 Mio. ha bayerischen Waldes bewirtschaften unglaubliche 700.000 Waldbesitzer. Ihnen will Brunner ein Vorbild sein und forderte, dass „alle Bauten unter meiner Verantwortung aus Holz sein müssen“. Und weiter: „Bauen mit Holz ist ein Gewinn für die Ökobilanz. Ich habe mich daher in Berlin immer als Gegenpol zu Flächenstilllegungen erwiesen. Schützenswerte Wälder sind erst durch die Bewirtschaftung entstanden“, urteilte auch Brunner.
Dass der Waldlehrpfad Steigerwald 250.000 Besucher im Jahr anlockt, ist für Brunner Teil der Öffentlichkeitsmaßnahme.

100 /fm Maßstab

Für lautstarkes Gemurmel sorgte der Schlusssatz des Kleinwaldbesitzers Brunner: „Alles unter 100 €/fm ist kein guter Holzpreis. Das sollte der Maßstab für alle sein, die im Cluster aktiv sind.“

Holz braucht Computer-Modelling

Wien war heuer Austragungsort der mit 1200 Teilnehmern größten Holzbau-Konferenz der Welt. Zu Recht stolz verwies Organisator Univ.-Prof. Josef Eberhardsteiner unter anderem auf 750 Präsentationen und die bisher größte Begleitausstellung, die es jemals auf einer Holzbau-Konferenz gab. Eberhardsteiner sah Österreich bei der Holzforschung international führend. Allgemein erkannte er aber bei computerbasierten Fertigungsmethoden Defizite gegenüber Konkurrenzprodukten. „In allen anderen Sparten sind wir schon weit“, formulierte es Eberhardsteiner.
In Wien wird ab Mitte 2017 das klassizistische, 1883 errichtete Parlamentsgebäude restauriert. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass das Parlament jederzeit zusammentreten können muss: Hierfür werden interessante Ausweichgebäude in unmittelbarer Nähe des Parlaments errichtet.
Zwei temporäre Gebäude am Heldenplatz und die Übersiedlung des Plenarsaals in die Hofburg wurden ausgeschrieben: Gewonnen hat die Strabag mit Partner Lukas Lang, Wien. „Wir haben nicht in Holz ausgeschrieben. Wir sind komplett systemoffen an die Sache herangegangen. Selbst eine Containerbauweise wäre nicht günstiger gewesen. Gewonnen hat das beste Angebot“, erläuterte Erich Schöfbeck, Projektleiter Parlamentsübersiedlung. „Es kommt ein viergeschossiger Holzbau, der auch wieder abbaubar ist. Alle vorgeschriebenen Qualitätskriterien, wie Ökologiepass, funktionale Stützenfreiheit, Raumhöhe, wurden mit Holz am besten erfüllt.“
In den Redoutensaal der Hofburg wird der Plenarsaal des Nationalrats eingebaut. „Hier ist das Podium ebenfalls aus Holz, weil das die praktikabelste Lösung ist. Das Podium wird millimetergenau vorher aufgebaut, ab- und dann im Redoutensaal wieder aufgebaut – und das alles binnen dreier Monate unter komplexen Baubedingungen.“
Wie gebaut wird, erläuterte Christian Leitner, Geschäftsführer Lukas Lang Building. Sein 20 Mitarbeiter zählendes Unternehmen ist auf eine Holzsystembauweise spezialisiert, die jederzeit einen Umbau ohne Zerstörung der Bausubstanz ermöglicht. „Wie Matador: Wir haben einen umfangreichen Baukasten aus Elementen, die sich dann auf der Baustelle kraftschlüssig zusammenbauen lassen, von der Tragkonstruktion bis zur technischen Gebäudeausstattung“, erläuterte Leitner. Genau diesen Vorteil wolle man nun auf der Prestigbaustelle „Parlamentsumbau“ ausspielen.
„Die Ausweichquartiere sind für drei bis fünf Jahre Nutzung ausgelegt. Es sind aber vollwertige Gebäude, die höchste Energieeffizienz und sehr gute Tritt- und Luftschallwerte haben. Nach der Nutzung können diese abgebaut und wiederverwendet werden. Diese Wertbeständigkeit war ein wesentlicher Vorteil für uns“, erläutert Leitner in Salzburg.

Standard in Produktion, Unikat am Bau

Das System Lukas Lang steht laut Leitner für technische Vielfalt, die hohe Flexibilität erlaubt – gleichzeitig sind alle Verbindungen lösbar. „Bei uns entsteht das Unikat auf der Baustelle, die Produktion selbst ist Standard“, schwärmte er. Im Fall der Parlamentsquartiere sind es 1300 m3 an Holzteilen – unter anderem 481 Holzsäulen, 5500 Holzträger und 6600 Deckenteile, 1300 Fassadenelemente. Die Übergabe soll Ende April 2017 erfolgen. Strabag-Eigentümer Dr. Hans Peter Haselsteiner ist am Unternehmen beteiligt.

Vieles erreicht, aber Holzzeitalter kommt erst

Wir zeigen Flagge – war das Motto des diesjährigen FHP-Gesprächs. „Es gilt, der Bevölkerung zu vermitteln, was Holz zu leisten imstande ist“, forderte der wiedergewählte FHP-Obmann, Rudolf Rosenstatter. „In Salzburg werden etwa alle landwirtschaftlichen Schulen als Holzbauten errichtet, überall sind Holz- aufstockungen sichtbar, bald steht das höchste Holz-Hochhaus in Wien – all das sind Dinge, die wir vor Kurzem nicht zu träumen gewagt hätten“, formulierte es Rosenstatter in Salzburg. „Wir verspüren eine Aufbruchstimmung.“

Es müsste laut Rosenstatter aber vermittelt werden, dass genutzte Wälder am „klimafittesten“ seien. „Die Waldfläche in Europa wächst, es sind Reserven da.“ Angesichts der Erderwärmung helfe jeder genutzte Festmeter Holz, da darin CO2 gespeichert sei.

„Das Pariser Klimaabkommen sorgt für ein gesteigertes Bewusstsein für erneuerbare Rohstoffe – sicher nicht zum Nachteil der Holzbranche“, formulierte es Rosenstatter, der bereits „eine Renaissance des Holzzeitalters“ prophezeite.

Die Holzpreise seien derzeit auskömmlich für jedermann. „Wir sollten aber nicht nur den Umsatz, sondern die Wertschöpfung erhöhen.“ „Außernutzungstellungen von Waldflächen – wie vereinzelt gefordert – würden nur Sand ins Getriebe streuen“, schloss Rosenstatter sein Impulsreferat.