Holzbau-Nachholbedarf

Ein Artikel von DI Michael Reitberger (für Timber-Online bearbeitet) | 12.06.2012 - 13:55
"Wir wirtschaften grüner“, lautete das Motto von den Verbänden der Waldbesitzer und der Holzwirtschaft in Bayern im Vorfeld des deutschen Aktionstages Nachhaltigkeit am 4. Juni. Mit Blick auf die bevorstehende internationale UN-Konferenz „Rio + 20“ appellierte man an Politik und Gesellschaft für eine bessere Anerkennung der heimischen, nachhaltigen Forstwirtschaft als Zukunftsmodell für die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie.

Holz-Fördermaßnahmen gefordert

„Wenn weltweit eine grüne Wirtschaft zur Lösung vieler Probleme gesucht wird, kann die Forst- und Holzwirtschaft in Deutschland voller Selbstbewusstsein ihr Modell präsentieren, das Antworten auf die Fragen des Klimaschutzes, der sozialen Gerechtigkeit und eines verträglichen Wirtschaftswachstums gibt“, betonten die Präsidenten des Waldbesitzerverbandes, des Bauernverbandes, der Sägeindustrie und des Zimmererhandwerks in Bayern. Die Klimaschutzpolitik auf nationaler wie auch internationaler Ebene blende die Bedeutung dieser Leistung jedoch aus. „Damit werden die Möglichkeiten verkannt, durch eine verstärkte Verwendung des CO2-neutralen Werkstoffes und Energieträgers Holz diesen für Klimaschutz und Wirtschaftswachstum zu nutzen“, sagten die Verbandsvertreter. Sie forderten von Politik und Gesellschaft die Schaffung von Rahmenbedingungen, die Holzerzeugung, seine Verarbeitung und Verwendung fördern und optimieren.

13 m3 Totholz pro Hektar

Die Waldfläche in Deutschland, wie auch jene im Freistaat, nehme kontinuierlich zu und leiste neben ihrer Rolle als Wirtschaftsfaktor einen umfassenden Beitrag zur biologischen Vielfalt, heißt es. „In Bayerns Wäldern gibt es über 60 Baumarten. Der Laubholzanteil nimmt stetig zu. Die ökologisch wertvollen Altbestände haben sich in den vergangenen 40 Jahren fast verdoppelt. Auf jedem Hektar Wald sind in Bayern 13 m3 Totholz zu finden, was Grundlage für eine hohe Biodiversität ist. Diese Entwicklung kann in die multifunktionale Forstwirtschaft integriert werden, die Arbeitsplätze schafft sowie den Waldbesitzern ein finanzielles Auskommen und der Holzwirtschaft die ausreichende Versorgung mit heimischem Holz ermöglicht. Eine zu starke Reglementierung der Waldwirtschaft oder gar Flächenstilllegungen würden das Interesse der Waldbesitzer an ihrem Eigentum dagegen schwächen und damit das Prinzip einer umfassend nachhaltigen Waldwirtschaft gefährden“, informierte Sepp Spann, Präsident des bayerischen Waldbesitzerverbandes.

Pro-Kopf-Verbrauch soll gesteigert werden

Der Vizepräsident des Bezirks Oberbayern des bayerischen Bauernverbands, Wolfgang Scholz, hob die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft als unverzichtbar für die ländliche Entwicklung und eine hohe Lebensqualität in Bayern hervor: „Der Wald ist für viele Landwirte eine wichtige Ergänzung und liefert den auch in der Landwirtschaft wichtigen Werkstoff und Energieträger Holz. Die Bewirtschaftung der Bauernwälder ist nur gesichert, wenn hiermit auch ein Einkommen erzielt werden kann.“ Der 1. Vorsitzende des Sägewerksverbandes, Peter Fickler, betonte: „Holzverwendung bedeutet aktiven Klimaschutz. Der Pro-Kopf-Verbrauch muss daher von knapp 0,2 m3 deutlich gesteigert werden, wenn ein europäischer Schnitt von 0,3 m3 erreicht werden soll. Hierfür gibt es mehr Möglichkeiten, als der Verbraucher denkt. Der moderne Werkstoff und Energieträger ist nahezu universell einsetzbar.“
Der Präsident der bayerischen Zimmererinnung, Peter Aicher, erklärte: „Das Holz verarbeitende Gewerbe bietet viele Arbeitsplätze, vor allem im ländlichen Raum. Rund 190.000 Menschen leben von der Forst- und Holzwirtschaft sowie dem daran angelagerten Handwerk und Handel. Der Gesetzgeber muss Rahmenbedingungen schaffen, um die Verwendung von Holzprodukten zu fördern.“ Univ.-Prof. Dr. Gerd Wegener wies auf die unterschätzte Rolle von Wald und Holz als Kohlenstoffspeicher hin: „Alleine Bayerns Wälder mit ihrem Holzvorrat von 1 Mrd. m3 speichern 900 Mio. t CO2, was der Emission von ganz Deutschland entspricht.“ Nach der Verarbeitung zu Holzprodukten werde die klimaschützende Funktion fortgeführt. „Wer in einem modernen Holzhaus wohnt, könne seine Klimabilanz über das dort gespeicherte CO2 acht Jahre ausgleichen“, erklärte Wegener. Durch den Einsatz von Holz könnten zudem energie- und kohlenstoffintensive Baustoffe eingespart werden. Angesichts dieser Eignung als „Klimaschützer“ müssten politische Entscheidungsträger auf allen Ebenen den Einsatz von Holzprodukten forcieren – am besten in der Holzbauquote, wo im Vergleich noch Nachholbedarf bestehe. „Auch, wenn in Bayern mittlerweile jedes fünfte Gebäude in Holzbauweise errichtet wird, besteht hier noch Entwicklungsbedarf“, bekräftigte Wegener.