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"Stolpersteine werden Meilensteine.", so Hermann Blumer © proHolz Salzburg

Holzbau hat Zukunft

Ein Artikel von Birgit Fingerlos aus Salzburg | 10.02.2016 - 09:19
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Gregor Grill, Erich Wiesner, Rudolf Rosenstatter, Heinz Plöderl, Tom Kaden, Josef Schwaiger, Astrid Rössler, Jörg Koppelhuber, Hermann Blumer und Friedrich Egger (v. li.) © proHolz Salzburg

„Holzbau findet ein großes Interesse in der Fachwelt“, beobachtet proHolz Salzburg-Geschäftsführer Gregor Grill während der Fachveranstaltung „Fokus Holzbau – Mehrgeschossiger Wohnbau“ am 28. Januar in Salzburg. „Die öffentliche Hand hat nicht nur die Aufgabe, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie soll und muss auch ein Vorbild sein. Das Land Salzburg setzt alles daran, eigene Baumaßnahmen in Holzbauweise zu verwirklichen“, so Landesrat Dr. Josef Schwaiger. „Holzbau kommt immer mehr in die Stadt: Mehrgeschossiges Bauen, Aufstockungen und Umbauten: Das sind Themen unserer Zeit. Auf dieser Veranstaltung wollen wir die Zukunftschancen des Holzbaues aufzeigen“, eröffnete proHolz Salzburg-Obmann Rudolf Rosenstatter. „Der Wohnbau hat sich gesellschafspolitisch und sozial verändert. Es gibt neue Herausforderungen betreffend Raumordnung und Stadtplanung. Im Nachverdichten eröffnet das Material Holz große ­Zukunftschancen“, so Heinz Plöderl, Sektionsvorsitzender der Architekten, Ziviltechnikerkammer. „Wir brauchen noch mehr Architekten, die wirklich etwas mit dem Baustoff Holz anfangen können“, wünschte sich Schwaiger.

Ingenieur mit Holz-Leidenschaft

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"Stolpersteine werden Meilensteine.", so Hermann Blumer © proHolz Salzburg

Mit Hermann Blumer, Creation Holz, Herisau/CH, hatten die Veranstalter einen Holzbau-Ingenieur, der leidenschaftlich am Holzweg ist, nach Salzburg gebracht. „Ich bin in eine sehr schwierige Holzbauzeit hineingeboren. In den 1970er-, 1980er-Jahren waren Stahl und Beton die beherrschenden Baustoffe. Heute ist das ganz anders“, erklärte Blumer. Dass er am Holzbau auch oft verzweifeln musste, veranschaulichte er anhand mancher Beispiele. „Stolpersteine werden Meilensteine. Mit Lignatur haben wir schließlich das heute am Markt erfolgreichte Deckensystem entwickelt“, zeigte sich Blumer stolz.

Holzbau in der Stadt

„Wir bauen seit zwanzig Jahren ausschließlich mit Holz“, bekräftigte Architekt Tom Kaden, Kaden + Lager, Berlin. Er zeigte dem Publikum einige reali­sierte mehrgeschossige Holzbau-Projekte und auch welche, die aktuell in Planung sind. „Mehrgeschossiger Holzbau ist perfekt für städtische Bauprojekte geeignet“, zeigte sich Kaden überzeugt. Er veranschaulichte anhand eine Wohnhausanlage in Berlin: „Das Thema Verdichtung sieht man da ganz gut. Vor zehn Jahren wären auf diesem Grundstück zwei Einfamilienhäuser gebaut worden. Jetzt sind da insgesamt 16 Wohnungen untergebracht.“ Sein Architekturbüro beschäftigt sich auch mit Flüchtlingsunterbringung. „Wir wollen keine Baracken an den Stadtrand stellen. Uns interessiert, was in 20 Jahren mit dem Bau passiert“, so Kaden: „Darum haben wir ein Modulsystem eintwickelt, mit dem eine flexible Nutzung, etwa als Studentenwohnheim oder als Hotel, umgesetzt werden kann.“

Unzureichende Vergleichskriterien

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"Wir brauchen noch mehr Architekten, die wirklich etwas mit dem Baustoff Holz anfangen können."Josef Schwaiger © proHolz Salzburg

„Wegen Unklarheiten in den gesetzlichen Vorschriften, planerischen Unsicherheiten und fehlenden ganzheitlichen Ansätzen der ausführenden Unternehmen nähern sich Bauherrn und Investoren eher zögerlich dem Baustoff Holz“, bedauerte Jörg Koppelhuber, Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft, TU Graz. Er berichtete, dass am Institut eine Projektstudie bearbeitet wurde, die den Holzbau mit mineralischer Massivbauweise verglich. Der Holzbau zeigte zwar erhöhte Herstellungskosten von 6 bis 7 %, allerdings könne mit ihm die Wohn-/Nutzfläche um 3 % erhöht werden. „Bewertet man die zusätzlichen Verkaufserlöse und Mieteinnahmen der größeren Nutzfläche, dann sind die Mehrkosten der Grundkonstruktion mehr als kompensiert,“ verdeutlichte er. Weiters würde die Gewichtsreduktion, die bei Holzbauweise 80 bis 90 % ausmache, zu einer geringeren Dimension des Rohbaus und der Fundamente sowie zu weniger Lkw-Bewegungen führen. Duch die trockene Bau­weise und der rascheren Montage wird auch eine kürzere Bauzeit erreicht. „Diese Forschungsergebnisse bedeuten für den mehrgeschossigen Holzwohnbau, dass eine Anpassung der bautechnischen Verordnungen an Forschungsergebnisse erforderlich ist. In der Kalkulation muss eine standardisierte Leistungsbeschreibung geschaffen werden. Für vereinfachte Planungs- und Genehmigungsabläufe sollten standardisierte Detaillösungen erarbeitet werden. Die Vorfertigung beim Bauen mit Holz soll intensiver und fundierter genutzt werden und Systembauweisen etabliert werden“, so Koppelhuber.