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Bei Übergabe des 100. Exemplars war Mastermind F. X. Maier (li.) dabei © Fill

Holz und Industrie

Ein Artikel von Hannes Plackner | 23.12.2014 - 13:07
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Bei den Holzwerken Pröbstl wurde heuer eine Phalanx an vier Fill-Bandsägen für das effiziente Auftrennen von Decklagen (s. Bild li.) angeschafft (Details s. Holzkurier 17, S. 13) © Hannes Plackner

Auf der Kundenliste des oberösterreichischen Maschinenbauers Fill, Gurten, finden sich bekannte Namen, wie BMW, Mercedes, die Holzwerke Pröbstl oder Pollmeier Massivholz. Fill baut Motorengießmaschinen für Edelkarossen ebenso wie Dünnschnittbandsägen für die Lamellenproduktion. Dass ein Unternehmen, welches den strengen Standards der deutschen Automobilindustrie genügt, auch Maschinen für die Holzindustrie herstellt, ist ein Sonderfall – und zwar ein glücklicher.
Aufgrund seiner hochwertigen Bandsägen und des flexiblen Sondermaschinenbaus für die Holzbranche wird Fill von der Holzkurier-Redaktion als Holzindustrieausstatter des Jahres 2015 ausgezeichnet.

Beginnen wir mit Kritik

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Oberösterreichischer Hightech für Amerikas Holzindustrie: Diese fast fertiggestellte Anlage wird künftig für tadellose Oberflächen von Sperrholzplatten sorgen © Hannes Plackner

Fill ist in mehrere Kompetenz Center eingeteilt. Die heißen „Metall“ oder auch „Composite“. Erwin Altendorfer ist für „Holz “ verantwortlich, kümmert sich aber ebenso um die Profiltechnik, welche oft im Fahrzeugbau zum Einsatz kommt. Er kann also den Vergleich zwischen beiden Branchen ziehen. Und er ist durchaus kritisch (als Vertreter eines „Betriebe des Jahres“ sei es ihm ausdrücklich erlaubt). Die Holzbranche beschreibt er als „zurückhaltend“, wenn es um Investitionen geht. Die Automobilindustrie dagegen werde von Innovation getrieben. Jeder neue Werkstoff brauche neue Anlagen. Karbon müsse etwa ganz anders bearbeitet werden als Aluminium. Dass man über Jahrzehnte mit denselben Maschinen immer gleiche Bearbeitungen durchführt, wäre in Wolfsburg oder Ingolstadt undenkbar. Beim Holz dagegen werde neue Technik zögerlich eingesetzt.
Doch es gibt auch gute Seiten an unserer Branche. Die viel zitierte „Handschlagqualität“ wird hier noch gelebt. „Es ist weniger bürokratisch. Es gibt mehr Gespür und Hausverstand.“ Altendorfer spricht aus Erfahrung. Mit seinen Dünnschnittbandsägen hat Fill über die Jahre hochrangige Referenzen gesammelt. Plattenproduzenten, wie Tilly oder Pröbstl, zählen ebenso dazu wie der Fußbodenspezialist Hamberger oder jüngst der Buchen-LVL-Hersteller Pollmeier.

Fill – Facts

Standort: Gurten
Geschäftsführer: Andreas Fill, Wolfgang Rathner
Mitarbeiter: 650
Produkte: Maschinen- und Sonderanlagenbau für die Automobil-, Luftfahrt-, Windkraft-, Sport- und Holzindustrie
Exportanteil: 85 %

40.000 m3/J Holz gespart

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Wolfgang Rathner, Erwin Altendorfer und Andreas Fill (v. li.): die beiden Geschäftsführer (außen) und der Leiter des Kompetenz Centers Holz bei Fill © Fill

Fill legt seine Anlagen auf den harten Industrieeinsatz aus. Die Maschinen müssen Jahre im Dreischichtbetrieb laufen. Ersatzteilverfügbarkeit ist selbstverständlich, der Einsatz hochwertiger Komponenten ebenso. Dazu kommt Projektmanagementkompetenz auf Topniveau. Das zahlt sich bei Serienprodukten genauso aus wie im Sondermaschinenbau. Fills erfolgreichstes Produkt für die Holzindustrie ist die erwähnte Dünnschnittbandsäge. Im September wurde die 100. Maschine an einen japanischen Kunden ausgeliefert. Diese Säge verdient eine etwas ausführlichere Betrachtung. Entwickelt wurde sie vom Oberösterreicher Franz Xaver Maier. 1995 begann er, eine Bandsäge zu entwickeln, welche dieselbe Qualität wie Kreissägen erreichte, aber eine wesentlich dünnere Schnittfuge hatte. Seit 2006 wird diese Säge von Fill gebaut – und laufend verfeinert. „Wir haben Dünnschnitt und Hochleistung unter einen Hut gebracht“, sagt Maier heute. Drei Schritte waren dazu nötig. Zunächst stieg mit Fills Know-how und Anlagenausstattung die Präzision des Maschinenbaus. Zweitens wurden die Laufrollen beidseitig gelagert. Das war nötig, um – drittens – die Blattspannung auf 400 N/mm2 zu verdreifachen. Heute zertrennt Fills „Speedliner“-Bandsäge nasse Eiche mit 20 m/min bei 1,25 mm Schnittfuge und 0,2 mm Toleranz. Mit jedem Schnitt werden rund 0,7 mm gespart. Das lädt zu einer Hochrechnung ein. „Wenn unsere 100 Sägen im Zweischichtbetrieb laufen, spart die Fill-Technologie jährlich rund 40.000 m3 Holzvolumen ein“, kalkuliert Altendorfer. Diese Säge ist präzise genug, dass sie sogar im Motorenbau eingesetzt wird, um Gießansätze von Motorblöcken abzutrennen. „Vor fünf Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass das möglich ist“, schüttelt Maier beim Rundgang durch die Werkshallen den Kopf.

Roboter und Sondermaschinen

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Drei Industrieroboter warten bei Fill auf ihre Einsätze in einer Motorengießereistraße © Hannes Plackner

Wer die Gelegenheit hat, Fill zu besuchen, sollte das tun. Maschinenbau auf so hohem Niveau sieht man nicht aller Tage. An hellen Montage-inseln werden Hightechanlagen assembliert. Hier entsteht eine Motorengussanlage mit mehreren Industrierobotern, da eine automatische Legeanlage für Windkraftflügel. Daneben arbeiten Ingenieure an einer Anlage für die Holzindustrie. Ein nordamerikanischer Sperrholzhersteller hat bei Fill zwei Ausbesserungsanlagen bestellt. Vorne werden die Sperrholzplatten aufgegeben. Ein Microtec-Scanner erkennt Fehlstellen. Sechs parallel arbeitende Füllautomaten reparieren Löcher und Risse in der Oberfläche mit Ein- oder Zweikomponentenpolymer. Dabei strömen die Sperrholzplatten ohne Stopp mit durchschnittlich 25 m/min durch die Anlage.
„Die ungewöhnlichste Sonderanlage war eine Spezialdrechselmaschine“, erzählt Altendorfer schmunzelnd. Sie erzeugt hochwertige Zahnstocher für die First-Class-Passagiere einer asiatischen Airline. Das ist eine Kuriosität, keine Frage. Es beweist aber, dass selbst wenn die Anforderungen noch so kompliziert sind, die Oberösterreicher eine Lösung finden.
Woran Altendorfer weniger glaubt, ist, dass Innovationen, die vom Anlagenhersteller kommen, in der Holzbranche freudig aufgenommen werden. Das ist verständlich, wenn man etwa an Industrieroboter denkt. Hunderte orange Alleskönner hat Fill schon verbaut. Doch in der Holzverarbeitung werden sie kaum nachgefragt.

100. Dünnschnittsäge nach Japan

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Bei Übergabe des 100. Exemplars war Mastermind F. X. Maier (li.) dabei © Fill

Der Trend Nassschnitt beflügelt den Absatz der neuen Speedliner Hybrid-Bandsägen. Diese trennen frisches Holz auf. Das spare Zeit, Energie und Kapazität der Trockenkammer ein, was die Lamellenfertigung wirtschaftlicher mache. Produktivität und Holzausbeute sollen steigen. Laut dem Hersteller zählen „nahezu alle namhaften europäischen Platten- und Parkettproduzenten und zahlreiche Betriebe in Übersee zu den zufriedenen Kunden“. Vor Kurzem wurde das 100. Bandsägemodul ausgeliefert. Über Vermittlung von DKSH Japan erhielt Fill den Auftrag von Karimoku. Die Vorabnahme des Jubiläumsmoduls erfolgte am 10. September durch eine Delegation von Karimoku und DKSH in Gurten.

Ausbildung und Betriebsklima

Warum sich Fill diese Auszeichnung auch verdient, ist dessen Bemühen um seine Mitarbeiter. Schon die Lehrlinge werden in einer top ausgestatteten Lehrwerkstätte ausgebildet.
Für die Mitarbeiter gibt es eine Kantine und einen Gratis-Fitnessraum. So wird die Expertise aufgebaut und nachhaltig gehalten.
Das verdient ein Extralob.

Die Geschichte von Fill

Es begann 1966. Josef Fill wurde Unternehmer mit einer Tankstelle samt Schlossereibetrieb. Schon bald stattete er Holz verarbeitende Betriebe und die nahe Fischer-Skierzeugung aus. Ab 1979 kamen die Kunststoff- und die Automobilindustrie dazu. 1991 begann man, mit CAD zu planen. Drei Jahre später wurde die erste Anlage an einen Gießereibetrieb ausgeliefert. Seit 2001 wird Fill als Industriebetrieb geführt. 2006 kamen patentierte Dünnschnittbandsägen und Ausbesserungsanlagen für Holzoberflächen ins Sortiment. 2012 kündigte das Unternehmen im Rahmen des Projekts „Fill 2020“ Investitionen im Umfang von 25 Mio. € an. Über mehrere Jahre wird der Standort in Gurten ausgebaut.