Hauptsache Natur

Ein Artikel von Dinah Urban | 03.03.2016 - 15:13
Die wohl größte Spritzgussform für Naturfaser-Verbundwerkstoffe (NFC) steht in den Niederlanden. Onora stellt in ’s-Hertogenbosch ökologische Särge aus organischen Abfällen zu moderaten Preisen her. Für diese ausgefallene Idee und die professionelle Umsetzung erhielt Unternehmensgründerin Marieke Havermans den ersten Preis des Wood and Natural Fibre Composite Award 2015. Den zweiten Platz belegte ein Blumentopf aus biologisch abbaubarem Bioverbundwerkstoff mit Agro-Restfasern von Millvision, Raamsdonk/NL. Damit lässt sich die Pflanzung beschleunigen und die Jungpflanzen werden vom verrottenden Topf gleich mit Dünger versorgt. Ebenfalls auf das Siegertreppchen schafften es Blasinstrumente aus Flachsfaser-Polymer-Verbundwerkstoffen der finnischen Unternehmen Aqvacomp und Flaxwood. Diese Beispiele haben zwar maximal entfernt etwas mit Gartenhölzern zu tun, doch der Trend wird deutlich: Fasern aus Agrarreststoffen mischen ordentlich mit.

Bei Terrassendielen steigt das Angebot aus Materialien mit Reisschalen- oder Bambusanteil. Auf dem vergangenen Branchentag Holz in Köln und auf den Online-Auftritten von Herstellern und Händlern findet man immer häufiger Alternativen zur pflegeleichten holzhaltigen Holzalternative. Zwar machen diese noch einen kleinen Anteil aus, aber die Präsenz erhöht sich stetig. Hersteller wecken das Verbraucherinteresse mit Angaben, wie: „Weinflecken verdunsten innerhalb weniger Wochen rückstandslos.“ Steigende Holzpreise sind also nicht der einzige Grund für eine Erweiterung des Einzugsbereichs.

174.000 t Terrassendielen aus WPC

Den Gesamtmarkt für WPC und NFC hat das nova-Institut, Hürth/DE, gemeinsam mit der Wiener Expertin Dr. Asta Partanen (ehemals Eder) für das Jahr 2012 untersucht. Bei der vergangenen Wood and Natural Fibre Composite Conference in Köln wurde ein Auszug der Ergebnisse vorgestellt. 210.000 t extrudierte Produkte aus WPC – davon 174.000 t Terrassendielen – wurden 2012 in Europa hergestellt. Für die Automobilbranche wurden mittels Extrusion-, Spritzguss- und Formpressverfahren 60.000 t produziert. Auf Fassaden und Zäune entfielen 16.000 t.
Der Anteil von Fasern variierte stark, betrug im Mittel jedoch 52 % bei Extrusionsprozessen, 42 % bei Spritzgussverfahren und 75 % bei Formpressteilen. Daran hatte Holz den Löwenanteil mit 82, 80 und 92 %. Polypropylen dominierte den Kunststoffanteil deutlich. Biopolymere hatten einen verschwindend geringen Anteil. Die laufende Forschung dürfte deren Beitrag jedoch positiv beeinflussen. Sie wird auf der kommenden Konferenz zu biobasierten Materialien Anfang April in Köln erneut eine Rolle spielen. Die Holzkomponente Lignin wird dazu ebenfalls genau beleuchtet. Mit der Extrusion beschäftigten sich 62 Hersteller in Europa, Spritzgussproduzenten zählten die Forscher 17 und Formpressteile stellten fünf bis zehn Unternehmen her. Hauptproduzent in Europa war Deutschland mit knapp 50 % der gesamten Menge, gefolgt von Frankreich und Benelux mit jeweils 20 %.
2012 war zwar ein Trend zu massiven Profilen auszumachen. Hohle Varianten machten dennoch 51 % der Herstellung aus. Partanen sprach von einer Konsolidierung der WPC-Branche. Verbraucher informieren sich verstärkt im Internet über die wachsende Zahl von Anwendungsgebieten von WPC.

Tropenholzoptik ohne schlechtes Gewissen

Trotz Zertifizierung und Europäischer Holzhandelsverordnung scheinen Verbraucher, die durchaus willig sind, klima- und naturfreundlich zu kaufen, noch verunsichert, was Produkte aus Tropenhölzern angeht. Die Optik exotischer Arten wollen sie dennoch nicht missen, weswegen neben entsprechenden Verbundwerkstoff-Produkten auch thermisch und anderweitig modifizierte Hölzer an Beliebtheit gewinnen.