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EOS-Präsident Sampsa Auvinen © EOS

Hauptproblem Überangebot

Ein Artikel von Gerd Ebner | 11.11.2015 - 08:00
Die mittelfristigen Bedarfsaussichten seien bei Nadelschnittholz eher verhalten, das war das Grundresümee der Internationalen Nadelschnittholz-Konferenz ISC, die in der Vorwoche in Amsterdam stattfand. Den Nadelschnittholz-Produzenten wurde dort ans Herz gelegt, die Vorschubgeschwindigkeit der Einschnittlinien zu reduzieren. Heuer bestimmten im Wesentlichen die Rohstoffversorgung und die Währungsrelation das Einschnittverhalten. 2016 sollte dem Bedarf noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Heuer auf verhaltenem Niveau

Österreich war 2014 das einzige große Produzentenland mit rückläufiger Produktion. Von diesem Tiefststand der vergangenen 15 Jahre wird man heuer auf rund 8,4 Mio. m3 wachsen – das entspricht dem Durchschnitt der vergangenen sieben schwachen Jahre.
Das EOS-Land mit der größten Produktionssteigerung wird heuer Schweden sein. 17,8 Mio. m3 wurden in Amsterdam hochgerchnet. 2016 könnte die 18 Mio. m3-Jahresmarke überschritten werden. Schweden profitiert von stabiler Versorgung und einer vergleichsweise schwachen Krone.

Schweden viel, Finnland heuer wenig

Als das Land mit der stärksten Outputreduzierung machte Sampsa J. Auvinen, EOS-Präsident, Finnland aus. Von 10,9 Mio. m3 im Vorjahr sinkt die Produktion auf 10,4 Mio. m3. 2016 wird sich die finnische Sägeindustrie nur minimal auf 10,5 Mio. m3 erholen.
Deutschland, die größte Sägewerksnation Europas, war erneut nur mit einem Unternehmen auf der Nadelschnittholz-Konferenz vertreten. Der heurige Produktionsrückgang heuer auf 20,3 Mio. m3 (–400.000 m3) wurde im Länderreport gemeldet. Optimistisch waren die deutschen Produzenten für 2016 – man will erneut 20,7 Mio. m3 erreichen.

Theoretisch hoher Levantebedarf

Mit Sorge blickten die europäischen Schnittholzproduzenten auf ihren Überseemarkt: die Levante. Ein tiefer Ölpreis bremst die dortigen Volkswirtschaften – es wird weniger gebaut. Hinzu kommt die permanente politische Unsicherheit. „Wenn die Politik es zulassen würde, wäre der Bedarf aber weiter sehr hoch“, fasste es Carl-Eric Torgersen als österreichischer Holzhandelsvertreter zusammen.
Akute Probleme bereitet den Anbietern das größte Levante-Abnehmerland Ägypten. Über ein Dutzend Schiffe sollen vor Alexandria auf die Entladung warten, wurde zur Illustration geschildert. Libyens und Algeriens Probleme sind den mitteleuropäischen Exporteuren bestens bekannt. „In Algerien wurde bisher viel über das Maß verdient. Jetzt übertreiben es die Zollbehörden bei der Kontrolle mit nicht einhaltbaren Maßtoleranzen“, erkannte Hans Michael Offner, EOS-Ehrenpräsident, eine weitere Markterschwernis.

EOS-Präsident Sampsa Auvinen:

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EOS-Präsident Sampsa Auvinen © EOS

„The problem is not demand but oversupply.“

Überangebot Hauptproblem

„Der Rotholzbedarf der Levante ist stark rückläufig. Daher fehlt es in den skandinavischen Ländern an Alternativen für den Absatz von schlechterer Ware“, analysierte Offner weiter. Aber auch für mitteleuropäische Produktionen gelte: „Wenn die Anfallware nicht mehr unterzubringen ist, kann man nur den Einschnitt zurückfahren.“ Oder wie es EOS-Präsident Auvinen ausdrückte: „Das Problem ist nicht die Nachfrage, sondern das Überangebot. Da die europäische Sägeindustrie immer stärker von volatilen, aufstrebenden Märkten abhängig ist, muss sie ihre Produktion schneller an Bedarfsänderungen anpassen.“
Auvinen sagte für das europäische Baugeschehen 2016 einen leichten Anstieg voraus. In dessen Sog könnte auch der europäische Bedarf etwas steigen. Heuer werden in Europa rund 85 Mio. m3 Nadelschnittholz verbraucht. Wächst der Bedarf linear mit dem Baugeschehen, wären es 2016 rund 87 Mio. m3.

Italien mit höherem BIP, aber …

Keine große Hoffnung konnten die italienischen Teilnehmer an der Nadelschnittholz-Konferenz den Produzenten vermitteln. Es wurde lediglich auf das heuer zu erwartende BIP-Wachstum von +1 % verwiesen. Es sei aber noch zu früh, um auf einen steigenden Bedarf am Bau zu schließen. Der öffentliche Bau würde aber zusehends auf Holz setzen – das sei positiv. Tiefe Lagerstände und leicht sinkende Preise seien zwei weitere Charakteristika des italienischen Marktes im Herbst 2015.

Russland in China immer erfolgreicher

Seine geografische Nähe, traditionelle Handelskontakte und jüngst den Währungsvorteil nutzt Russland in China. 43 % der russischen Nadelschnittholz-Menge gingen im 1. Halbjahr nach China. Das waren bereits 4,6 Mio. m3. Auch in Richtung Levanteraum konnten die Exporte auf rund 1,6 Mio. m3 erhöht werden. In Summe erhöhte Russland die Exporte im 1. Halbjahr um 3 %, erklärte Slava Bychkov, Ilim Timber, den ISC-Teilnehmern.
Der gesamte Nadelschnittholz-Import Chinas war heuer rückläufig. Die vergangenen zehn Jahre brachten aber eine Vervierzehnfachung desselben. Offner erkannte Anstrengungen für eine CO2-Verringerung in China. „Vermehrte Holzverwendung am Bau wäre eine Lösung.“ Deswegen könnte es nun zu einer Wiederbelebung der „European Wood Initiative“ kommen. Diese europäische Holzwerbeinitiative wurde zuletzt nur noch von skandinavischer Seite forciert. „Dort wurde mit wenig Aufwand viel erreicht. Es wäre sinnvoll, wenn sich alle EOS-Länder ab 2017 daran beteiligen würden“, formulierte es Offner.

No supercycle ahead

War die US-Delegation 2014 noch sehr optimistisch für das heurige Jahr, so hat sich diese Zuversicht mittlerweile abgekühlt. Die Baubeginne sind zwar hoch, doch profitiert die Holzbranche nicht vom boomenden Mehrwohnungsbau. Das klassische Holzeinfamilienhaus hat mengenmäßig noch nicht angezogen.
Die (kanadische) Nadelschnittholz-Menge, die heuer weniger in China benötigt wurde, drückte auf den US-Markt.
Von US-Seite war zu hören, dass vor zehn Jahren erst drei lokale Sägewerke unter chinesischem Einfluss standen – heute sind es bereits 40. Auch so verändert sich die Nadelschnittholz-Welt.