Forstgenetiker am Werk
Ein Plädoyer für die akribische Auswahl von Baumarten hielt Dr. Kurt Ramskogler. Stabile Bestände seien einerseits das Ergebnis selektiven Waldbaus, der unter anderem auf der behutsamen Auswahl der Herkünfte von Pflanzmaterial sowie auf dem Saatgut ausgewählter Erntebäume abstellt, erklärte der Lieco-Geschäftsführer. „Besonders in Ostösterreich nehmen fremde Provenienzen unter Baumarten zu“, fügte er hinzu.Andererseits sprach sich Ramskogler auch für Merkmalsverbesserungen im Wege einer Genreparatur aus. Austriebszeitpunkt, Holzfaserlänge, Geradschaftigkeit, Drehwuchs und Holzdichte seien vorwiegend genetisch festgelegt, Höhen- und Durchmesserwachstum primär standortsbedingt, erklärte er. In Irland wurde etwa unter anderem durch Klonung und anschließende Stecklingsvermehrung die Umtriebszeit bei Sitka-Fichten auf unter 40 Jahre verkürzt und Produktivitätssteigerungen von rund 20 % wurden erzielt. „Heute ist der ehemalige Holz-Nettoimporteur ein Nettoexporteur mit Großbritannien als Hauptabsatzmarkt.“ In Nordamerika werden durch kontrollierte Massenbestäubung und Züchtungen über somatische Embryogenese signifikante Steigerungen der Holzmasse gegenüber offen bestäubten Beständen erreicht. Die Schweden wiederum peilen über geklontes Plantagesaatgut Zuwachssteigerungen von bis zu 35 % an. „Polen verfügt über rund 62.000 ha – davon 2000 ha klonale – Samenplantagen, Österreich gerade mal über 121 ha“, bedauerte Ramskogler. „Die richtige Genetik und Herkunft entscheiden über Qualität, Stabilität und Vitalität unserer Bestände und somit auch über den Holzerlös – erst recht in Zeiten des Klimawandels“, resümierte er.
Vernetzte Totholzbewohner
Demgegenüber diametral war der Ansatz des Umweltschützers Dr. Bernhard Kohler. Er postulierte ein vernetztes System urwaldähnlicher Inseln auf der Fläche sowie forstliche Refugien, in denen bedrohte Arten überleben können und sich „die Evolution selbst genetisch auf das einstellen kann, was uns klimatisch erwartet“.Entscheidend sei, dass gefährdete Käfer, Flechten, Moose und Pilze erst ab einem gewissen Schwellenwert an im Wald verfügbarem Totholz degressiv zunehmen. „Die derzeitige Politik, auf der gesamten Fläche den Totholzanteil von 8 auf 10 m³ anheben zu wollen, bringt daher rein gar nichts“, betonte Kohler. Ab einem Totholzanteil von 40 m³ werde Bewirtschaftung schwierig, gab Kohler zu. „Ganz ohne Außer-Nutzung-Stellung von Teilflächen – etwa in Natura 2000-Beständen – werden wir nicht auskommen.“
Heftig, aber fair
Bei der Plantagen-Forstwirtschaft, den derzeit die Schweden verfolgten, werde ihm „schlecht“, so Kohler in der anschließenden Diskussion. Die in diesem skandinavischen Land aus Nordamerika eingeführte Pinus contorta brenne sehr leicht und bringe viele Schädlinge mit sich, deren Auswirkungen noch nicht abschätzbar seien.Die Repliken der anwesenden Forstleute auf Kohlers Vorschläge waren durchaus heftig. Weder respektiere der WWF Eigentümerstrukturen, noch verstehe er die multifunktionale Waldwirtschaft, lautete der Vorwurf. Wenn auch Konflikte in Graz unaufgelöst blieben: Sachliche Differenzen mündeten erkennbar keineswegs in persönliche und die Gesprächsbasis zwischen den Kontrahenten darf weiterhin als trittfest bezeichnet werden.