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Der Schwebebettreaktor - das Herzstück der Anlage © Günther Jauk

Gegen den Strom

Ein Artikel von Günther Jauk | 30.04.2015 - 08:02
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Land-, Forst- und Energiewirt Tobias Ilg © Günther Jauk

Besichtigt man mit Tobias Ilg seinen Holzvergaser in Hatlerdorf bei Dornbirn, wird einem schnell klar, dass der Land- und Energiewirt mit sehr viel Wissen, aber auch Idealismus an seine Projekte herangeht. Nicht jedem ist der Mut gegeben, in zwar vielversprechende, aber noch sehr neue Technologien zu investieren. Ilg hat sich viele unterschiedliche Holzvergasersysteme angesehen, bevor er sich für den Typ Craftwerk von SynCraft entschieden hat. Die Anlage verfügt über eine Brennstoffwärmeleistung von 650 kW und leistet 180 kWel und 350 kWth. „Es ist die einzige Anlage in diesem Leistungsbereich, die auch Biomasse mit höheren Feinanteilen problemlos in Gas umwandelt“, erklärt Ilg. Genau diese Flexibilität bezüglich des Rohstoffeinsatzes war für Ilg kaufentscheidend.

Der Schwebebettreaktor

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Der Schwebebettreaktor - das Herzstück der Anlage © Günther Jauk

Im Prinzip handelt es sich bei der SynCraft-Technologie um einen gestuften Gleichstrom-Festbettvergaser. In der ersten Stufe, der Pyrolyse, werden die Hackschnitzel in Holzkohle umgewandelt. Für die eigentliche Vergasung gelangt die Holzkohle dann in einen Schwebebettreaktor. Anders als bei klassischen Festbettreaktoren wirkt der Gasstrom nicht nach unten, sondern entgegen der Schwerkraft nach oben. „Dadurch bleibt die Holzkohleschüttung im Vergaser unabhängig vom Feinanteil locker und durchlässig“, beschreibt Ilg den Vorgang. Fremdkörper, wie Steine, lassen sich durch Aufwärtsstrom einfach ausscheiden. 

Das im Reaktor entstehende teerfreie, aber staubige Holzgas gelangt im nächsten Schritt in einen Heißgasfilter, welcher die Staubpartikel aussortiert. „Diese Biokohle ist neben Strom und Wärme das dritte Produkt der Anlage und verhilft uns zu einer negativen CO2-Bilanz“, erläutert Ilg. Biokohle wird in der Landwirtschaft als Bodenverbesserer eingesetzt. „Betrachtet man die Verbrennung von Biomasse als CO2-neutralen Prozess, wird unser Kraftwerk durch die Ausbringung der Biokohle CO2-negativ, was natürlich etwas Positives ist“, so Ilg.

Das entstaubte Gas wird abgekühlt, gewaschen und dem 2G-Gasmotor zugeführt. Dieser verstromt das Gas mit einem Wirkungsgrad von 30 %el und 50%th. Die hohen Wirkungsgrade waren für Ilg weiters kaufentscheidend.

Stimmiges Konzept

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Anlagenschema des SynCraft-Holzvergasers
© SynCraft

Was vor 15 Jahren mit einer Biogasanlage begann, hat sich mittlerweile zu einem florierenden Energieunternehmen entwickelt. Ilg versorgt 250 Objekte mit einem 12 km langen Wärmenetz. Die dafür benötigten Hackschnitzel trocknet das Unternehmen selbst und lagert sie in zwei, auf 15.000 Srm ausgelegten Hallen. Durch den Bau des Holzvergasers direkt neben einer seiner bestehenden Heizanlagen kann Ilg den Biomasse-Heizkessel im Sommer drei Monate stilllegen. „Um kleinere Störungen des Holzvergasers überbrücken zu können, haben wir einen 100 m3-Pufferspeicher angelegt. Zum Glück läuft die Anlage jedoch sehr störungsarm“, erzählt Ilg. Im ersten Jahr erwartet Ilg 7000 Volllaststunden, in den Folgejahren dann um 1000 h mehr.

„Es ist zwar eine Demonstrationsanlage, aber sie funktioniert verfahrenstechnisch trotzdem einwandfrei“, gibt sich Ilg zufrieden. Nach seiner Kalkulation müsste sich die Anlage in 15 Jahren rechnen. „Danach werden sich die Einspeisetarife ändern – vermutlich nicht zu unseren Gunsten“, erklärt Ilg und führt weiter aus: „Aber bis dahin ist der SynCraft-Holzvergaser längst serienreif und dann kann man ganz anders kalkulieren.“