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"Der Holzbau-Branche fehlt die Courage, den höheren Quadratmeter-Errichtungspreis zu argumentieren."Josef Haas, Geschäftsführer Kampa © Kathrin Lanz

Forschung trifft Industrie

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 19.10.2016 - 15:30
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170 Teilnehmer zog es heuer zu den Holz-Haus-Tagen nach Bad Ischl © Holzforschung Austria

„Welchen Nutzen haben Menschen, die in einem Holzhaus wohnen?“ Diese Frage warf Josef Haas, Geschäftsführer des Fertighausunternehmens Kampa, Aalen-Waldhausen/DE, in seinem Eröffnungsvortrag auf den diesjährigen Holz-Haus-Tagen in Bad Ischl in den Raum. Holzbauunternehmen würden um die Vorteile sehr wohl Bescheid wissen, nur transportieren sie jene nach Haas’ Meinung nicht ausreichend an den Endverbraucher.
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"Der Holzbau-Branche fehlt die Courage, den höheren Quadratmeter-Errichtungspreis zu argumentieren."Josef Haas, Geschäftsführer Kampa © Kathrin Lanz

„Wir verlieren Kunden an bessere Verkäufer“, richtete er seine Überzeugung an die am 6. Oktober in Bad Ischl befindlichen Holzbau-Meister. Vorteile gegenüber der mineralischen Bauweise müssten viel stärker in den Fokus gerückt werden und bereits im Angebot Ausdruck finden. Die kürzere Bauzeit, die an sich schon energieeffizientere Holzbauweise oder die Amortisierung der Mehrkosten bei Errichtung können als Argumente gelten. „Wir dürfen uns gar nicht so sehr auf die Preisdiskussion reduzieren lassen, sondern vielmehr ein Leistungsversprechen mit einem deutlichen Mehrwert argumentieren. Das umgeht man, indem man die Rechnung der Amortisierung der Lebenszykluskosten gleich zu Beginn mitbringt.“
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"Wir Holzbauer sind es ja ohnehin gewohnt, mit höchster Präzisionzu arbeiten."Prof. Thomas Rohner, Berner Fachhochschule © Kathrin Lanz

Thomas Rohner, CAD-Work-Gründer und gelernter Zimmermann, hatte ebenfalls etwas zur Zukunft des Holzbaus zu sagen. Als Professor für Holzbau und Building Information Modeling (BIM) an der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau sprach er als Experte zum Thema „BIM - gelebte digitale Vernetzung im Holzbau“. Rohner führte dem Auditorium generelles Verbesserungspotenzial im Umgang mit der Methode vor Augen. Als extrem wichtige Details nannte er die Festlegung einheitlicher Definitionen und die Bestimmung eines zentralen BIM-Managers, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.
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"Bis zu 10% Objekt-Wertsteigerung sinddurch bauliche Maßnahmenfür Barrierefreiheit möglich."Hans Wiesinger, Sachverständiger © Kathrin Lanz

Ein ganz anderes Thema griff Hans Wiesinger in seinem Vortrag „Barrierefreies Bauen für alle“ auf. „Ich bin gesund und werde behindert“, eröffnete der im Rollstuhl sitzende Sachverständige für barrierefreies Bauen und wollte damit auf Hürden im Alltag aufmerksam machen. In seinem Vortrag ging es um menschengerechtes Bauen, um den Mehrwert des Gebäudes zu steigern – gar bis zu 10 % seien möglich.
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"Die Übernahme von Planungsaufgaben birgt ein hohes Haftungsrisiko zulasten des Auftragsnehmers."Prof. Christian Niemöller, Rechtsanwalt © Kathrin Lanz

Der nächste Vortragende nahm sich rechtlicher Aspekte des Planungsprozesses an. Prof. Christian Niemöller von der Rechtsanwaltsgesellschaft SMNG warnte unter anderem vor der Bauausführung ohne Planer. Sei an jener kein Architekt oder Planer beteiligt, sei der Auftragnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, auch Planungsaufgaben wahrzunehmen. „Die Erfahrung zeigt, dass sich so mancher einerseits des Haftungsrisikos nicht bewusst und andererseits oft nicht in der Lage ist, die Aufgaben eines Fachplaners ordnungsgemäß wahrzunehmen“, warnte der Experte. Ein ansatzweiser Ausweg aus dieser Misere sei, auf die fehlende Fachplanung hinzuweisen, riet er.
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"Ich empfehle, diverse Benutzerfibeln mit den Wartungsnormen abzugleichen. Oft fehlen wichtige Punkte."Dr. Walter Löbl, Rechtsanwalt © Kathrin Lanz

Der Linzer Rechtsanwalt Dr. Walter Löbl, befasste sich daraufhin mit dem rechtlichen Aspekt der „Pflege und Wartung als Pflicht des Kunden“. „Ich habe noch nie einen Ölwechsel gratis bekommen. Jener obliegt als Wartungsleistung meiner Verantwortung. Warum sollte das beim Holzbau anders sein?“, konstatierte Löbl. Dem Kunden sei dies aber nicht bewusst. Deshalb empfahl der Jurist die Verwendung des Holzhaus-Servicehefts. Dabei fügte er allerdings in einem Nachsatz hinzu, dass ein Abgleich mit den Wartungsnormen trotzdem von Vorteil wäre, da oft wichtige Punkte fehlen.
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"Wir sind nicht generell gegen dasFlachdach. Wir zeigen nur die Vorteile auf, die ein Steildach mit sich bringt."Reinhold Steinmaurer, Holzbau Austria © Kathrin Lanz

Der Frage, wo Potenziale des Steildachs liegen, um jenes wieder attraktiver zu machen, widmete sich Reinhold Steinmaurer, Geschäftsführer von Holzbau Austria. Vorteile seien unter anderem die Schaffung von mehr Wohnraum, insbesondere bei schmalen Grundstücken – vorausgesetzt, der Dachraum werde genutzt. Zudem entstehen geringere Quadratmeter-Herstellungskosten und Lebenszykluskosten. Das besage die Studie von Dr. Iva Kovacic von der TU Wien, die sich diesem Thema gewidmet hat.
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"Der Holzbau kann nicht sagen: Wirmachen das prinzipiell nicht. Wir müssen Lösungen anbieten."Sylvia Polleres, Holzforschung Austria © Kathrin Lanz

Ebenfalls um architektonische Ansprüche ging es im Vortrag von Seminarleiterin Sylvia Polleres. Unter dem Titel „Abdichtung hoch 3“ veranschaulichte sie, welche Lösungen es für den Bauherrenwunsch der Sockellosigkeit geben könne. Details dazu finden sich in der „Richtlinie Sockelanschluss im Holzhausbau“, die auf der Website der Holzforschung Austria zum Download bereitsteht.
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"Wenn wir es schaffen, dieRaumtemperatur in Städten um1°C zu reduzieren, sparen wir zwischen 5 und 10% der Energie, die für Kühlung notwendig wäre."Prof. Dr. Werner Jager, ai3 Ingenieure © Kathrin Lanz

Dem Thema des Bevölkerungswachstums in Städten widmete sich Dr. Werner Jager in seinem Beitrag. Als Hochschulprofessor in Augsburg und Experte für energieeffiziente Fassaden stellt er mit seiner Tätigkeit die Schnittstelle zwischen Architektur und Bauphysik dar. Aufgrund der zunehmenden Bevölkerungsdichte in der Stadt müssen Gebäudehüllen seiner Meinung nach zusätzliche Anforderungen erfüllen. Auf Luftverschmutzung, Lärmbelästigung und Überhitzung bis hin zur Energiegewinnung können Fassaden im urbanen Raum Einfluss nehmen. Mithilfe von Fassadenbeschichtung und -begrünung, aber auch Stadtplanungskonzepten, die beispielsweise zulassen, dass Wind durch die Stadt bläst, könne für Kühlung gesorgt werden, ohne dabei zusätzlich Energie in Anspruch nehmen zu müssen.
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"Die geeignete Luftdichtheithängt immer von den zuerfüllenden Anforderungen ab."Peter Schober, Holzforschung Austria © Kathrin Lanz

Den Abschluss des zweiten Veranstaltungstages bildete Peter Schober von der Holzforschung Austria, der sich der Luftdichtheit widmete. Sein Resümee: Hundertprozentig dichte Fenster, Außentüren und Fenster- beziehungsweise Bauanschlüsse gebe es nicht. Ebenso keine hundertprozentig dichte Gebäudehülle. Die geeignete Luftdurchlässigkeit müsse auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt werden.

Wie in den vergangenen Jahren fanden die Holz-Haus-Tage wieder in Kooperation mit der Bundesinnung Holzbau und dem Österreichischen Fertighausverband statt. Auch aufgrund dieser Konstellation ergibt sich Jahr für Jahr ein vielfältiges und abwechslungsreiches Programm. Nächstes Jahr ist der Termin am 5. und 6. Oktober in Bad Ischl angesetzt.