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Biomassekraftwerk Baran: Die Anlage versorgt die 11.000-Einwohner-Stadt mit Strom und Wärme © Polytechnik

Energieträger aus dem Boden

Ein Artikel von Günther Jauk | 24.02.2015 - 15:22
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Biomassekraftwerk Baran: Die Anlage versorgt die 11.000-Einwohner-Stadt mit Strom und Wärme © Polytechnik

Energie ist in Weißrussland ein knappes Gut. Das Land ist von Energieimporten aus seinen Nachbarländern abhängig. Wegen hohe rSteigerungsraten des Energieverbrauchs in den vergangenen Jahren hat sich die Energiesituation der osteuropäischen Republik weiter verschärft. Steigende Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot führte zu höheren Energiepreisen, diese wiederum zu geringerem Wirtschaftswachstum. Aufgrund dessen wurde bereits 2007 eine Anordnung des weißrussischen Präsidenten, Aljaksandr Lukaschenka, über bestmögliche Nutzung von lokalen Brennstoffarten verabschiedet. 2012 sollte der Anteil der Bioenergie an der Strom- und Wärmeproduktion mindestens 25% betragen. Zu diesem Zweck startete das Land unter dem Motto: „Erdgasimporte ersetzt durch lokale Brennstoffe“, ein umfangreiches Energieprogramm. Ein mithilfe dieses Programmes realisiertes Projekt ist das Heizkraftwerk (HKW) Baran. Die Leistung der Anlage beträgt 17,2 MWth und 3,25 MWel. Auftraggeber des Projektes war das staatsnahe Unternehmen Witebskenergo, Generalauftragnehmer der niederösterreichische Energiespezialist Polytechnik, Weissenbach. Für Polytechnik war es nicht das erste Projekt, welches es im Zuge dieses Energieprogrammes realisierte.

Energie unter den Füßen

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Die hydraulische Vorschubrostfeuerung des Kraftwerks Baran in Weißrussland © Polytechnik

Als Rohstoff dienen dem Kraftwerk die lokal vorhandenen Brennstoffe Torf und Hackschnitzel. Beide Materialien können für den Betrieb der Anlage beliebig miteinander vermischt werden. In Betrieb genommen wurde die Anlage im Dezember 2013. Die Jahresenergieerzeugung beträgt 17,8 Mio. kWhel wärmebezogen, wodurch 14.500 t/J Erdgas durch Biomasse substituiert werden konnten. Die Investitionskosten beliefen sich auf 15,5 Mio. €.

Über 3000 Anlagen weltweit

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Innenansicht der Thermoölkesselanlage: Sie erbringt eine Heizleistung von 17,2 MW © Polytechnik

Einer der Hauptgründe, warum sich der Auftraggeber für Polytechnik entschieden hat, ist die Anspruchslosigkeit der Anlage hinsichtlich des Brennstoffs. Das Unternehmen hat die Feuerung der Anlage so konstruiert, dass wechselnde Rohstoffeigenschaften, wie etwa Feuchtigkeitsunterschiede oder größere Fremdkörper, keine Rolle spielen. „Im Allgemeinen zeichnen sich unsere Anlagen mit Zuverlässigkeit und langer Lebensdauer aus. Ein weiteres Argument, das für Polytechnik spricht, ist die jahrzehntelange Erfahrung im Anlagenbau“, erklärt Geschäftsführer Leo Schirnhofer. In den vergangenen 50 Jahren realisierte das Unternehmen weltweit über 3000 Projekte im Leistungsbereich von 300 kW bis 30 MW. Eine 30 MW-Anlage ist in der Lage, eine 60.000-Einwohner-Stadt, wie etwa Wels, mit Energie zu versorgen. Bereits 2011 errichtete Polytechnik, ebenfalls im Zuge des Energieprogramms, ein Biomassekraftwerk in Weißrussland. Die Anlage in Retschiza bei Gomel versorgt seither 20.000 Einwohner des Wohnbezirks Noworetschitzky mit Wärme (s. Holzkurier Heft 29/14, S. 14). Der erzeugte Strom des 4,2 MW-Generators wird, gleich wie in Baran, in das öffentliche Netz eingespeist.

Thermoöl statt Wasserdampf

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Der Elektrofilter sowie die Container für die automatische Ascheaustragung der Anlage © Polytechnik

Technisch betrachtet, ist das HKW-Baran eine Thermoöl-Kraft-Wärme-Kopplung mit ORC-Modul zur Fernwärmeerzeugung. Es besteht aus Thermoölkesseln mit einer Heizleistung von 17,2 MW sowie ORC-Modulen, deren Turbogenerator auf 3,25 MW elektrische Leistung ausgelegt ist. Als Wärmemedium kommt Thermoöl zum Einsatz. Mit der neuartigen elektrischen Regelung wird ein effizienter Betrieb im Heizlastbereich von 10 bis 100% gewährleistet.

Erweiterung der Produktpalette

Ursprünglich konzentrierte sich Polytechnik auf Feuerungsanlagen für Holz verarbeitende Handwerks- und Industriebetriebe. Nach wie vor stellt dieser Bereich einen Kernmarkt des Unternehmens dar. Als weiteres Standbein ist in den vergangenen 20 Jahren die kommunale Wärmeversorgung in Nah- und Fernwärmenetzen hinzugekommen. Bei Bedarf bietet das Unternehmen auch Brennstoffaufbereitung und -zerkleinerung an. In der Holzindustrie sind auch Polytechnik Absauganlagen, Filteranlagen sowie Funkenlöschanlagen zu finden. Niederlassungen in Ungarn, der Schweiz, in Frankreich, Polen, Russland, Rumänien, Weißrussland, Australien und Neuseeland ermöglichen Polytechnik eine weltweite, individuelle Kundenbetreuung. Im Rahmen von Projektbetreuungen unterstützt das Unternehmen seine Kunden auch bei der Erstellung behördlicher Genehmigungsunterlagen, bei Behördenwegen sowie Kommissionierungsverhandlungen.

Polytechnik

Gründung: 1964/65
Mitarbeiter: 250 weltweit in Produktion und Vertrieb
Produkte: Biomasse-Kraftwerksanlagen für Wärme- und Stromerzeugung, KWK
Exportrate: 98%
Installierte Anlagen: über 3000 weltweit
Unternehmenssitz: Weissenbach/NÖ
Projektstandort: Baran/BY