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In Perg befindet sich der Hauptsitz der Synthesa-Gruppe © Synthesa

Elefantenmarke mit Gewicht

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 30.11.2016 - 11:24
Synthesa bringt man zuallererst mit Malereibedarf in Verbindung. Zu Recht, denn das Perger Familienunternehmen ist der größte Baufarbenhersteller Österreichs. Der Begriff „Familienunternehmen“ könnte allerdings so manchen Leser in die Irre führen. Die nahe liegende Assoziation mit einem beschaulichen Handwerksbetrieb trifft nämlich nicht annähernd auf das Unternehmen zu. Zur deutschen DAW-Gruppe, Ober-Ramstadt/DE, gehörend, vereint die Synthesa-Gruppe sechs Unternehmen unter einem Dach. Neben Synthesa Chemie selbst kam 1990 das Perger Traditionsunternehmen Fries, Burgholzer & Companie, heute bekannt als Capatect, hinzu. Der Fokus liegt auf Wärmedämm-Verbundsystemen. Glemadur ist seit 1992 Teil der Synthesa-Gruppe und vertreibt Farben und Lacke für den Do-it-yourself-Bereich. Avenarius-Agro, Spezialist für Bautenschutz, kam 2006 hinzu, das Dalmatherm-Dämmstoffwerk 2013, Naporo mit Hanffaserdämmplatten vor zwei Jahren.

100 Lkw pro Tag mit Beschichtungsmittel

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In Perg befindet sich der Hauptsitz der Synthesa-Gruppe © Synthesa

Beim Betriebsbesuch in Perg fällt vorerst einmal die Beschichtungsmittelproduktion ins Auge – und diese ist wirklich mächtig. Täglich verlassen 100 voll beladene Lkw das Produktionsgelände, pro Jahr stellt die Mannschaft in Perg 40 Mio. m2 Beschichtungsmaterial her. Bei dieser Menge tragen Computersteuerung, standardisierte Prozesse und Robotertechnik maßgeblich zu einem reibungslosen Ablauf bei. „In die Automatisation investieren wir laufend“, erklärt Produktionsleiter Johannes Wakolbinger, als man bei der Betriebsführung vor dem Palettierroboter zu stehen kommt. „Die Abfüllung findet ebenfalls vollautomatisch statt. Bis vor Kurzem klebten wir die Labels noch händisch auf die Deckel“, erläutert er den jüngsten Automatisierungszuwachs. Dose für Dose rauscht befüllt, verschlossen und etikettiert am Förderband an uns vorbei. Personalreduktion hätte es aufgrund dieser Entwicklung aber keine gegeben. Ohne tatkräftige Mitarbeiter geht es auch nicht. Das wird vor allem im Labor der Produktentwicklung augenscheinlich. Alle Lasuren der DAW-Gruppe finden hier ihren Ursprung. Der Chemiker Christian Kammerer hat von Tischlermeister Reinhard Käferböck Unterstützung. Die Dritte im Bunde, Eva-Maria Wasserfall, kümmert sich um administrative Dinge. Personell genau die richtige Mischung für Innovationen.

Neuer Markt, neuer Anspruch

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Sie entwickeln Produktneuheiten: Christian Kammerer, Eva-Maria Wasserfall und Reinhard Käferböck (v.li.) © Kathrin Lanz

„Die Anforderungen an ein neues Produkt stellt meist der Markt. Von Produkten für Profibrettbeschichtungs-Maschinen bis hin zum Do-it-yourself-Bereich decken wir ganz verschiedene Ansprüche ab. Bei Expansionen in neuen Gefilden sind ebenfalls Adaptionen vonnöten. Wir müssen das raue Klima in Tirol, die intensiven Sonnenstunden in Istanbul und auch die Kälte in Schweden in die Produktentwicklung einbeziehen“, bringt Kammerer das Spannungsfeld Produktentwicklung näher. Zudem trug der Chemiker in den vergangenen zehn Jahren dem Vergrauungstrend Rechnung. Kammerer macht den Job seit 36 Jahren. Aus dieser Lehrzeit schöpft man auch. „Meist gibt es ein Basisprodukt, auf dem wir aufbauen. Der Rest ist Erfahrung. Käferböck und Wasserfall sind sehr stark an der Produktentwicklung beteiligt und bringen zusätzliche Erfahrungen aus ihren erlernten Berufen mit.“

Ökogedanke ist Gebot der Stunde

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Im Segment Wohnbau setzen immer mehr Bauherren auf den natürlichen Holzschutz © Synthesa

Dabei schaut das Entwicklerteam stetig über den „Tiegelrand“. „Das Gebot der Stunde in der Beschichtungsbranche geht ganz klar in die ökologische Richtung“, lautet das Resümee im Labor. Ebenfalls in diese Kerbe schlägt die Produktion des jüngsten Unternehmenszuwachses, bei dem ein zartes grünes Pflänzchen im Mittelpunkt des Interesses steht. Die Rede ist von Industriehanf. Das Hanfthema wird in der Unternehmensgruppe gelebt, das spürt man. Und man sieht es auch – beispielsweise als Logo auf der Motorhaube des Firmenwagens.

„Hanf dämmt grüner“

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In Haugsdorf findet die Produktion der Hanffaserdämmplatten statt © Synthesa

Das Dämmplatten produzierende Unternehmen Naporo wurde 2014 in die Gruppe integriert. Architekt Robert Schwemmer gründete es 2009, am Vertrieb haperte es allerdings. „Wir hätten das alleine nicht auf die Beine stellen können“, spricht er damalige Defizite offen aus. Alle anderen Hürden hat der Unternehmer vorweggenommen. „Die Verarbeitung ist nicht leicht, Maschinenteile nutzen sich schnell ab. Da sind wir dem Mitbewerb im Know-how ein Stück voraus“, sagt Schwemmer. Derzeit gibt es 80 Verarbeiter in ganz Österreich, die eine besondere Ausbildung genossen und mit Spezialwerkzeug ausgestattet sind. Im Bereich der Gefachdämmung tritt man gegen Mitbewerber aus Deutschland und Österreich an, im Bereich der Fassadendämmung besitzt Naporo ein Alleinstellungsmerkmal. „Die Hanffaserdämmplatte ist ein absoluter Zukunftsmarkt“, ist sich auch Horst Knögler, Verkaufsleiter Holz, sicher. 2013 erhielt das Produkt den Klimaschutzpreis. 2016 wurden über 100.000 m2 Hanfdämmung an österreichischen Fassaden verbaut. Speziell das Feedback von Holzbau-Meistern sei positiv. Darüber hinaus fühle man sich gemeinsam mit den Holzschutzprodukten für die ökologischen Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt, ist man sich einig.

Synthesa-Gruppe

Hauptsitz: Perg
Gründung: 1946
Geschäftsführer: Hermann Baschinger (Finanzen), Gerhard Enzenberger (Marketing), Josef Hackl (Vertrieb/Export), Dr. Paul Lassacher (Technik)
Mitarbeiter: 700 in Österreich
Produkte: Farben, Lacke, Lasuren, bauchemische Beschichtungen sowie Materialien für die Fassaden- und Dämmtechnik