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48 kW-Spindel holt sich selbstständig die benötigten Werkzeuge © Günther Jauk

Einarmiger Mitarbeiter             

Ein Artikel von Günther Jauk | 29.04.2015 - 15:51
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Der KUKA-Roboterarm, hier mit dem Kreissägenaggregat, hat eine Reichweite von 3,5 m © KUKA

Georg Moser, Geschäftsführer von Moser Holzbau, Taisten/IT, ist einer, der in die Zukunft blickt. Bereits 2008 nahm das Unternehmen einen Abbundroboter in Betrieb. Jetzt, sieben Jahre später, entschied sich der Südtiroler wieder für einen einarmigen Mitarbeiter. Abermals stammt der Roboter von KUKA Roboter, Augsburg/DE, und die Automatisierung von Bidac, Kaltern/IT. Um auch bei voll ausgefahrenem Roboterarm (3,5 m) eine exakte Bearbeitung großformatiger BSP-Platten zu garantieren, holte man den Maschinenbauer SMB, Vöhringen/DE, mit ins Boot. Dieser entwickelte eine besonders präzise und staubgeschützte Linearführung.

Platzsparende Abbundlösung

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48 kW-Spindel holt sich selbstständig die benötigten Werkzeuge © Günther Jauk

Anders als bei Konkurrenzprodukten läuft der Roboter auf nur einer Schiene parallel zur Längsseite der Platte. „Dadurch wird die Anlage wesentlich kompakter“, informiert Bidac-Geschäftsführer Dr. Bernhard Hofer. Aufgestellt auf 7,3 mal 23 m, beträgt die mögliche Bearbeitungsfläche 4 mal 15 m. Die 15 m fährt der Roboter entlang der Bearbeitungszone auf der SMB-Linearführung. 4 m Reichweite mit einem 3,5 m langen Arm werden mit einer über das Werkstück kragenden Konstruktion erreicht. Was auf den ersten Blick wie eine einfache Schiene aussieht, ist laut SMB eine eingehauste, besonders präzise Kugelumlaufführung. Präzise bedeutet in diesem Fall, dass Genauigkeiten ±1 mm bei ausgestrecktem Arm keine Probleme darstellen. Bedenkt man die wassergekühlte 48 kW-Spindel samt Kreissägenaggregat am Ende des Arms, ist dies eine beachtliche Leistung. Neben der Präzision war die staubige Arbeitsumgebung ein wichtiges Entwicklungskriterium. Dieser wurde mit robuster Ausführung und passgenauer Einhausung Rechnung getragen.

Genauso exakt wie die Linearführung arbeitet der Roboter vom Typ KR 340 R3330 Fortec aus der Familie der neuen KUKA-Schwerlastroboter. 3,5 m Armlänge und 340 kg Maximallast am Ende des Arms hat die massivste Ausführung für diese Reichweite, die es von KUKA gibt. Die sparsamen Elektromotoren, der schwere Stahlguss und die präzisen Gelenke wurden über Jahrzehnte in der Automobilindustrie perfektioniert. Die Energieeffizienz und -optimierung der KUKA-Achsensteuerung sind beachtlich und bewirken somit geringen Energieverbrauch bei der Achsenbewegung der Gesamtanlage.

Keine zehn Minuten

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Die großformatige BSP-Platte wird auf den Bearbeitungstisch angehoben … © Günther Jauk

Auf Basis von CAD-Planungsdaten der Holzbauplanungssoftware werden mithilfe einer von Bidac entwickelten Software die zu bearbeitenden Platten im BTL-Format vorbereitet und genestet. Das bedeutet, dass die CAD-Daten in das Maschinenformat (KUKA-Robot-Language) umgewandelt werden. „Wir haben diese Implementierung auf BSP-Platten hin optimiert. In Zukunft sollen aber auch gebogene Leimbinder damit abgebunden werden“, informiert Hofer.

Der Bediener kann sich diese Dateien an der Anlage laden und rasch vorbereiten. Dabei werden mithilfe einer Simulationssoftware Kollisionen verhindert und ein 3D-Modell wird erstellt (siehe Abb. 2). Weiters hat der Bediener die Möglichkeit, die Reihenfolge der Bearbeitungsschritte beliebig zu wählen. Außerdem kann der Bediener die Bearbeitungen ändern oder manuell Bearbeitungsschritte ergänzen. Nach der Bedienerfreigabe wird das Roboterprogramm gestartet. Selbstständig nimmt der Roboterarm das benötigte Werkzeug an der Spindel auf und beginnt mit der Bearbeitung. Die Leerwege zwischen den einzelnen Säge-, Bohr- oder Fräsvorgängen wurden dabei minimiert. Die Achsgeschwindigkeiten der Anlage sind beeindruckend. Selbst die Linearachse mit dem Roboter kann sich mit 1,8 m pro Sekunde bewegen. In weniger als zehn Minuten bindet der Roboter eine 15 mal 4 m BSP-Hauswand ab. Begrenzt wird er dabei nur von den maximalen Schnittgeschwindigkeiten der Werkzeuge. Selbst komplexere Teile sind für die Anlage keine Probleme. „Für den Südtirol-Stand auf der Expo in Mailand mussten wir ein paar besonders komplizierte Teile abbinden. Für den Roboter war dies kein Problem“, erzählt Moser (siehe Bild 7).

Umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen

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… und in weniger als zehn Minuten fertig abgebunden © Günther Jauk

Derzeit verfügt der Roboter über mehrere Bohraggregate, eine Planfräse, einen Fingerfräser, einen Scheibenfräser ein Kettensägenaggregat und drei Kreissägenaggregate mit bis zu 1 m Durchmesser. Ausgelegt ist die Anlage auf 15 Bearbeitungsaggregate. „Ein Schleifaggregat oder ein Markiergerät wären zum Beispiel problemlos zu ergänzen“, informiert Hofer. Am Kreissägenaggregat installierte Bidac einen verstellbaren Werkzeugschutz, der sich immer über der Plattenebene befindet und bei Bedarf auch als mechanischer Anschlag fungieren kann. Die mit dem Roboter mitfahrende Schutzkabine schützt vor Staub und Lärm und bietet den Bedienern zusätzliche Sicherheit. Weiters umfasst das Sicherheitspaket eine Simulations- und Kollisionssoftware, eine Getriebemomentüberwachung an den Achsen des Roboters und eine Leistungs- und Drehzahlkontrolle. Weichen die überwachten Werte von der Norm ab, wird der Vorschub reduziert oder die Anlage gestoppt. Zusätzlich kann der Bediener mithilfe einer am Roboter angebrachten Kamera alle Vorgänge genau überwachen.

Erst der Anfang

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Georg und Alois Moser, die Geschäftsführer von Moser Holzbau, Bernhard Hofer und Daniel Scarperi von Bidac sowie der Maschinenführer, Georg Schwingshackl von Moser (v. li.) © Günther Jauk

Für Moser bedeutet die Anlage einen weiteren Schritt nach vorne: „Es ist wichtig, bei technischen Entwicklungen am Ball zu bleiben. Roboter haben mich immer schon fasziniert und der störungsfreie, unkomplizierte Betrieb des ersten Roboters hat uns die Kaufentscheidung leicht gemacht.“ Hofer sieht für die Robotertechnologie in der Holzbearbeitung enormes Potenzial. „Im Prinzip ist der Roboter eine Allzweckmaschine. Neben diversen Abbundarbeiten könne man mit Mess- und Scannersystemen ausgestattete Roboter für vielfältige Anwendungen, wie Sortierung und Manipulation, einsetzen“, ist Hofer überzeugt. In Kürze wird die Moser-Anlage auch mit einem neuartigen Messsystem ausgestattet, das die Werkstücklage auf dem Bearbeitungstisch sofort ohne jegliche Verstellung vollflächig erfasst. Ein zusätzlicher, hochgenauer, mitfahrender Messkopf am Roboterarm wird das „intelligente Auge“ der Anlage komplettieren.