14460426738692.jpg

Franz Kirnbauer (hinten, li.) spricht als Obmann der niederösterreichischen Fachgruppe Holzindustrie zu den Mitgliedern © Hannes Plackner

Ein „Zertifichaos“

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 28.10.2015 - 15:35
Klar waren Überkapazitäten und Käferholz auch Themen auf der Jahrestagung der Fachgruppe Holzindustrie der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Emotionaler wurden die Teilnehmer der turnusmäßigen Veranstaltung aber bei Reizwörtern, wie „Zertifizierung“, „Registrierkassenpflicht“ oder „Lkw-Maut“.
Unter der routinierten Leitung ihres Obmanns, Franz Kirnbauer, versammelten sich 55 Holzverarbeiter am 15. Oktober beim Schalungsbauer Doka in Amstetten. Das war ein mehr als passender Ort angesichts des riesigen Massivholzverbrauchs des Unternehmens. 150.000 bis 200.000 m3/J werden dort zu Schalungsträgern und -platten veredelt. Nach einer Schauraumführung widmeten sich die Säger ihrer Interessenvertretung.

20% weniger Budget als 2014

14460426738692.jpg

Franz Kirnbauer (hinten, li.) spricht als Obmann der niederösterreichischen Fachgruppe Holzindustrie zu den Mitgliedern © Hannes Plackner

An Rundholz mangelt es in den niederösterreichischen Sägewerken derzeit nicht. Der Borkenkäfer sorgt für regen Einschlag. Landesweit schätzt Kirnbauer den Käferholzanteil gegenwärtig auf 50 bis 60 %. Im Südosten Niederösterreichs erreicht er sogar bis zu 80 %. Die Nachfragesituation wurde als „normal“ beschrieben. Lediglich die Levante hinke den Erwartungen hinterher. Preisdruck sei auf allen Märkten zu spüren.
Die anhaltende Strukturbereinigung der Sägeindustrie spiegelt sich auch in der Budgetplanung des Fachverbands wider. Die Einnahmen aus der Grundumlage sind für 2016 um 20 % niedriger veranschlagt als noch für 2014. „Hier macht sich natürlich das Wegfallen des Sägewerks Sollenau bemerkbar“, erklärt Kirnbauer im Hintergrundgespräch.

Säger haben keine Lust auf Zertifizierung

Nach wie vor wenig Freude haben die Sägewerke mit Nachhaltigkeitszertifizierungen aller Art. „So ein unnötiger Aufwand“ oder „Papierkrieg“ wurde gemurmelt, als Kirnbauer über mögliche Förderungen der PEFC-Zertifizierung sprach. Jüngster Stein des Anstoßes: Eigentlich entsprechen Österreichs Waldflächen im Zuge einer Regionenzertifizierung als Ganzes den PEFC-Regeln. Trotzdem muss von jedem Rundholzlieferanten ein Schreiben eingeholt werden, in welchem der Verzicht auf großflächige Kahlschläge bestätigt wird. Bei der Vor-Ort-Zertifizierung sei das (eigentlich unternehmerfreundliche) PEFC-System mittlerweile in vielen Gesichtspunkten ähnlich mühsam wie das von Umweltschutzverbänden ins Leben gerufene FSC-Siegel. Peter Sattler, der in Personalunion Holzfachberater für proHolz Niederösterreich und Auditor bei Quality Austria für die beiden Nachhaltigkeitszertifikate ist, stellte fest: „FSC ist nicht so schlimm, wie viele denken.“ Einen Haken habe die Sache trotzdem, wie er bestätigte. Die Rohstoffversorgung mit FSC zertifiziertem Holz aus Österreich ist nicht gegeben. Dies ist der große Vorteil von PEFC. Obwohl PEFC-Rundholz ungleich leichter erhältlich ist, ist auch dieses Zertifikat noch weit von einer Marktdurchdringung entfernt. „Von den 360 Sägewerken in Niederösterreich sind nur 17 nach PEFC zertifiziert“, bemängelte Kirnbauer. Insbesondere bei Geschäften mit der öffentlichen Hand und im Export könne das zum Problem werden. Beim Verkauf von Sägenebenprodukten an die Zellstoff- und Papierindustrie sei das Label ebenfalls von Vorteil. Die Fachgruppe plant daher im Winter eine PEFC-Infoveranstaltung.

Registrierkassenpflicht und Mautpläne

Um Steuerhinterziehung zu vermeiden, hat Österreichs Regierung die sogenannte „Registrierkassenpflicht“ beschlossen. Ab 2016 muss jeder Barverkauf über eine genormte Kasse geschehen. Ein Jahr später will das Finanzministerium über eine obligate „Sicherheitseinrichtung“ online auf die Barverkaufssummen zugreifen können. „Die Registrierkassenpflicht gilt für Betriebe mit über 15.000 €/J Umsatz oder über 7500 €/J Bareinnahmen. Da fallen fast alle Sägewerke darunter“, klärte Kirnbauer auf.
Die Investitionskosten sind nicht unerheblich. Normale Registrierkassen kosten 600 bis 3500 €, bei Aufrüstung mit der Sicherheitseinrichtung zusätzlich 5000 bis 7000 €. Wenn die Kasse and die Betriebs-IT angeschlossen wird, können sogar fünfstellige Beträge fällig werden.
Mehrkosten drohen auch durch die angedachte Ausweitung der Lkw-Maut (je nach Emissionsklasse und Achsanzahl 15,6 bis 44,31 Cent/km) von Autobahnen und Schnellstraßen auf alle Straßen. Niederösterreichische Betriebe wären davon besonders betroffen. „Ein Sägewerk im nördlichen Waldviertel kommt beim Rundholzeinkauf kaum auf eine Autobahn. Der wäre von der Maut natürlich massiv betroffen“, erläutert Kirnbauer. Für seinen eigenen Säge- und Weiterverarbeitungsbetrieb hat der Prigglitzer Mautmehrkosten von rund 50 % berechnet. „Gegen diese Benachteiligung müssen wir auf allen Ebenen lobbyieren“, rief Kirnbauer bei der Fachgruppentagung in Amstetten auf.