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Alt und neu: vorne die alte Fräsanlage, im Hintergrund die Winline One von Biesse © Martina Nöstler

Doppelt so schnell

Ein Artikel von Martina Nöstler | 02.09.2015 - 07:54
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Alt und neu: vorne die alte Fräsanlage, im Hintergrund die Winline One von Biesse © Martina Nöstler

Auszeichnungen, beispielsweise vom Passivhausinstitut Darmstadt, beweisen die Technologieführerschaft von Freisinger Fensterbau, Ebbs, bei energieeffizienten Fenstern und Türen. Da man sich in Tirol aber nicht auf seinen Lorbeeren ausruht, werden die Fenstersysteme – gemeinsam mit dem zur Freisinger-Gruppe gehörenden Lizenzgeber Optiwin – laufend weiterentwickelt. Unlängst brachte Freisinger eine neue Generation der Optiwin-Fenster auf den Markt. „Diese überzeugt mit mehreren Vorteilen“, wie Herbert Noichl, gemeinsam mit Josef Freisinger Gesellschafter, beim Holzkurier-Besuch in Ebbs berichtet. Dazu zählen eine zweite Entwässerungsebene für eine optimierte Schlagregendichtheit, vier statt der sonst üblichen drei Dichtungen für eine gute Luftdichtheit und damit verbundene hohe Schallwerte sowie die gewohnt hohe Qualität.
Die Fenster werden ausschließlich in Holz beziehungsweise in Holz-Alu-Kombinationen gefertigt. In Ebbs setzt man auf heimische Hölzer, speziell auf Tanne, Lärche, Fichte und Eiche. Gedämmt wird mit Schafwolle. Rund 5000 Fenster- und Türeneinheiten verlassen jährlich die Produktion und begeben sich mitunter auf eine weite Reise. „Wir liefern bis nach Kanada und in die USA“, unterstreicht Noichl die Internationalität.

Neue Anlage war erforderlich

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Der Multilevel-Puffer dient als selbstständige Be- und Entladestation für die Winline One © Martina Nöstler

Um die neuen Fenstersysteme so effizient wie möglich zu fertigen, entschloss man sich bei Freisinger, in die Produktion zu investieren. „Unsere bisherigen Maschinen waren nicht mehr am Stand der Technik. Für unsere neue Eckverbindung, welche unter anderem eine hohe Stabilität bei gleichzeitig geringerem Klebstoffeinsatz gewährleistet, war eine CNC-Anlage unumgänglich“, erklärt Noichl. Das Freisinger-Team hat mehrere Anlagen unter die Lupe genommen und sich letztlich für die Winline One des italienischen Herstellers Biesse entschieden.
Noichl nennt drei Hauptgründe für diese Wahl:
    Die Winline One bearbeitet extrem schlanke Profile bis 6 m Länge.Das CNC-gesteuerte Multi-Zentrum schafft hohe Stückzahlen.Biesse konnte einen großen Pufferspeicher vor der Anlage integrieren.
Die Umbauarbeiten in Ebbs begannen im April. Seit gut einem Monat ist das neue CNC-gesteuerte Multi-Bearbeitungszen-trum bei Freisinger in Betrieb – und zwar zur vollen Zufriedenheit der Ebbser Mannschaft. Um die Anlage installieren zu können, mussten zuerst die vorhandenen Maschinen in der Halle umgestellt werden. „Das CNC-Bearbeitungszentrum von Biesse benötigt aber weniger Platz gegenüber vergleichbaren Anlagen“, berichtet Klaus Weiss, Projektleiter bei Freisinger Fensterbau. Eine Herausforderung war der Umbau bei gleichzeitiger Produktion, um die Stillstandszeiten so gering wie möglich zu halten. Die alten Produktionsanlagen – ein Winkelanlage sowie eine Flügelumwälzmaschine – sind noch im Einsatz. Bis Jahresende sollen diese aber nach 20 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand geschickt werden.
Die Programmierung der Anlage erfolgt bei Freisinger mit der Software NC Hops. Die Biesse-Winline verarbeitet die Programme und optimiert die Bearbeitungsreihenfolge über mehrere gleichzeitig gespannte Werkstücke selbstständig. Mit den generierten Daten lassen sich noch vor der Bearbeitung der Fensterkanteln 3D-Simulationen erzeugen. So werden vorab etwaige Kollisionen erkannt und ausgeschlossen.

Die schlanke Fabrik

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Am Display sieht der Bediener, welche Dimensionen aufgegeben werden müssen © Martina Nöstler

Der Steuerung der Winline One zeigt dem Mitarbeiter an, welche Fensterkanteln (Länge und Querschnitt) in den modularen Multilevel-Puffer eingelegt werden müssen. Der Pufferspeicher ist Ein- und Ausgang gleichzeitig, wobei die Steuerung die einzelnen Etagen selbstständig im chaotischen Prinzip belegt. Von da an läuft die Produktion mannlos nach dem Prinzip „first in, first out“, sodass die Reihenfolge der Fertigteile stets jener der Belegung entspricht. Der Multilevel-Puffer nimmt Werkstücke bis 4,5 m Länge auf. Die Beschickung erledigt die Winline One automatisch. Lediglich Elemente von 4,5 bis 6 m Länge werden händisch eingespannt.
Mehrere Beladezangen, ähnlich wie eine Hand konstruiert, transportieren die Fensterkanteln und legen sie in der programmierten Spannsituation präzise ab. Die beiden Frässpindeln und mehrere fix gerüstete Fräs- und Bohraggregate führen sämtliche Fräsungen und Bohrungen in nur einem Arbeitsgang durch. Das Werkstück ist stets mit mindestens zwei Spannzangen fixiert. Der Sensor „Safe Locker“ überprüft die Aufspannung und verhindert Kollisionen. „Wir erhalten ein fertiges Profil, inklusive der Entwässerungsschlitze und Montagebohrungen“, führt Weiss aus. Dies macht unter anderem das große Werkzeugmagazin möglich. Bei den Werkzeugen selbst setzt Freisinger auf Oertli.
Die Winline One bearbeitet aber nicht nur gerade Fensterkanteln. Bei Freisinger wurde der EPS-Tisch in die CNC-Anlage integriert, mit dem die Aufspannung von Bögen und Rundfenstern mit automatischer Positionierung der Spannelemente möglich ist.

Investition macht sich bezahlt

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Projektleiter Klaus Weiss zeigt die perfekt gefrästen und gebohrten Fensterkanteln © Martina Nöstler

„Wir haben in den vergangenen fünf Jahren sehr viel investiert“, informiert Noichl. Die Kosten für die neue CNC-Anlage inklusive aller Umbauten samt neuer EDV beziffert Noichl mit rund 1 Mio. €. Mit der neuen Winline One könnte Freisinger aber theoretisch den Ausstoß verdoppeln. „Die Effizienz der neuen Anlage ist enorm“, freut sich Weiss. „Benötigten wir bisher für die vollständige Bearbeitung eines zweiflügeligen Fensters über eine Stunde, geht das jetzt in unter 30 Minuten.“
Die neuen Winline One von Biesse war bei Freisinger ein wichtiger Schritt hin zu mehr Produktivität. Der Optimierungsprozess geht aber weiter: „Im nächsten Jahr nehmen wir die Lackierung in Angriff“, meint Noichl abschließend.