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Die neue Sägelinie von SCA-Timber in Tunadal namens T700 ist für 700.000 m3/J trockenes Schnittholz ausgelegt © Günther Jauk

Die Beste der Welt?

Ein Artikel von Günther Jauk | 11.08.2016 - 15:07
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Die neue Sägelinie von SCA-Timber in Tunadal namens T700 ist für 700.000 m3/J trockenes Schnittholz ausgelegt © Günther Jauk

„Schweden ist einfach zu klein“, scherzt SCA Tunadal-Betriebsleiterin Katarina Levin beim Besuch des Holzkuriers auf die Frage des ungewöhnlichen Standorts der neuen Sägelinie. Für das Großprojekt namens T700 schuf das Unternehmen zusätzliche 2 ha Küste nahe der nordschwedischen Stadt Sundsvall. Der wahre Grund für die Aufschüttung ist aber ein strategisch-logistischer. Der Konzern betreibt in Tunadal seit Langem ein Fichten-Sägewerk und nutzt die angeschlossene SCA-Logistics für den Export. In den vergangenen Jahren investierte SCA 130 Mio. € in den Standort, darunter ein Hobelwerk, eine Trockensortierung und ein Rundholzplatz.
Nachdem das Unternehmen den ursprünglichen Plan – der Einbau einer neuen Linie in die bestehende Halle, während zwei weitere Linien produzieren – verwarf, stellte der Papier- und Sägekonzern ein 30-köpfiges Planungsteam zusammen. Diese Mannschaft plante nicht nur eine gewöhnliche Sägelinie, sondern stellte auch einige bewährte Anlagendetails infrage. So sitzt der Bediener jetzt direkt neben der Nachschnittkreissäge oder die Sägelinie wird von unten abgesaugt. Ausgelegt ist die Anlage auf rund 1,4 Mio. fm/J Einschnitt beziehungsweise 700.000 m3/J getrocknetes Schnittholz.

Eine Minute ist viel wert

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Tunadal-Werksleiterin Katarina Levin und Linck-Projektleiter Daniel Betzold bei der Inbetriebnahme in Tunadal © Günther Jauk

Oberstes Gebot bei der Planung war laut Levin eine maximale Rundholzausbeute bei möglichst geringem Kosteneinsatz. Da die Anlage drei bestehende Linien ersetzen muss, waren zudem kurze Durchlaufzeiten mit geringen Leerzeiten sowie eine hohe Anlagenverfügbarkeit unabdingbar. Eine Vorschubgeschwindigkeit von 200 m/min bedeutet 50 Hölzer pro Minute oder anders ausgedrückt: Eine Maschine hat weniger als zwei Sekunden für den jeweiligen Bearbeitungsschritt Zeit.
„Um dieses Tempo zu schaffen, reicht es nicht aus, einfach nur stärkere Motoren einzusetzen. Man muss die gesamte Anlage adaptieren“, erklärt Daniel Betzold von Linck. Er war für die Planung der Profilierlinie verantwortlich. Begonnen hat diese Adaption bereits bei den Eindrehwalzen. Zu den zwei üblichen Paaren montierten die Baden-Württemberger ein Drittes. „So hat die Anlage mehr Zeit, die Stämme gemäß den Scannerdaten einschnittoptimal zu positionieren“, informiert Betzold. Außerdem werden die Bloche bei einem ungeplanten Schnellstopp auf der gesamten Linie fixiert und die Rollengänge mittels Schnellbremssystem zum Stehen gebracht –Maßnahmen, die bei derart hohen Vorschüben unabdingbar sind.

Aus der Papierindustrie

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Mit 200 m/min Vorschubgeschwindigkeit gelangen die Model durch die einzelnen Bearbeitungsstufen © Günther Jauk

Einige Anlagendetails hat SCA aus der Papierindustrie übernommen. So wird die Linie nicht wie in Europa üblich mit 400, sondern mit 690 V Spannung gefahren. Die höhere Spannung bringt dieselbe Leistung bei niedrigerem Stromverbrauch. Linck musste seine Motoren anpassen, kann diese aber mit deutlich dünneren Leitungen verkabeln.
Ebenfalls aus der Papierindustrie kommt die permanente Überwachung aller Werkzeugwellen hinsichtlich Temperatur und Stoßbelastungen. Die aufgenommenen Daten gelangen in die Zustands-Überwachungs-Abteilung des Konzerns, wo künftig Schäden vorausgesagt und Wartungsintervalle berechnet werden. Tunadal ist das weltweit erste Sägewerk, wo dieses System zum Einsatz kommt.

Weniger Staub in der Halle

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Die Absaugrohre wurden kurzerhand zu Einblasrohren umfunktioniert - die nach unten abgesaugte Luft wird gefiltert und im Kreis geführt © Günther Jauk

Völlig neu ist auch das Absaugkonzept. Anders als sonst üblich liegen die Absaugstutzen unter den Aggregaten. Staubpartikel gelangen so, der Schwerkraft folgend, über den Sägeboden in einen Zyklonfilter. Dieser scheidet die Staubpartikel ab und bläst die reine Luft über die ursprünglichen Absaugungsrohre wieder zurück in die Sägehalle genau auf die Aggregate. Durch diesen Kreislauf bekommen die Staubpartikel eine Richtung und warme Luft wird wiederverwertet.

Wo sind die Schmiernippel?

Die Fettschmierung erfolgt nicht über am Außenzaun angebrachte zusammengefasste Schmierpunkte, sondern durch nur einen zentralen Schmierpunkt. „Das ist ein deutlicher Mehraufwand in der Installation, der im Betrieb allerdings Zeit- und Personaleinsparung bringt“, erklärt Betzold.

Sägeboden aus BSP

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Der lärmdämmende Sägeboden aus BSP - jede Leitung musste lange vor der Installation exakt geplant werden © Günther Jauk

Alles andere als gewöhnlich ist auch die Sägehalle. Das auf 800 Betonstützen, auf einer dem Meer abgerungenen Fläche stehende Gebäude ist großzügig dimensioniert. Die Halle ist über 150 m lang (ohne Rundholzzubringung), der Sägeboden aus Brettsperrholz liegt in 6,5 m Höhe. „SCA hat sich aufgrund der besseren Schall- und Vibrationseigenschaften für BSP entschieden“, weiß Betzold. Und tatsächlich fühlt es sich in der Sägehalle etwas leiser als sonst an.
Bei der Bedienzentrale verzichtete SCA auf den obligaten Blick über die gesamte Sägelinie. Stattdessen positionierte das Unternehmen den Maschinenführer direkt neben dem Schärfraum und der Nachschnittkreissäge. Dort muss der Bediener am häufigsten die Werkzeuge tauschen und ist zudem nicht ganz von den restlichen Mitarbeitern abgeschieden, so die Begründung von SCA.

„Wir nehmen uns die Zeit“

Mitte April ist in Tunadal der erste Stamm durch die Anlage gelaufen, derzeit ist man mitten in der Optimierungsphase. Hierfür hat SCA reichlich Zeit eingeplant. „Wir nehmen uns für die Inbetriebnahme absichtlich etwas mehr Zeit. Dafür sind unsere Mitarbeiter dann aber optimal eingeschult und die Anlage ist perfekt eingestellt“, informiert T700-Projektleiter Jimmy Hörnström. Solange die neue Anlage nicht im Vollbetrieb läuft, produzieren die drei alten Anlagen die fehlenden Mengen.
Ziemlich am Ende des Projektes T700 sind SCA und Linck gleichermaßen mit Stolz erfüllt. Betzold spricht von einem gelungenen Projekt und einer der größten Herausforderungen, die Linck jemals bewältigte. Von SCA-Seite ist sogar vom „besten Sägewerk der Welt“ die Rede.