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Dr. Gerhard Grüll, Holzschutzexpertebei der Holzforschung Austria © HFA

Details ohne Abstriche

Ein Artikel von Kathrin Lanz (für Timber-Online bearbeitet) | 16.10.2015 - 17:29
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Dr. Gerhard Grüll, Holzschutzexpertebei der Holzforschung Austria © HFA

Mit welchen Herausforderungen hat es Holzschutz heute zu tun?
Dr. Gerhard Grüll: Konstruktiver Holzschutz begegnet seit jeher großen Herausforderungen. Heute gilt es, eine immer größere Spanne abzudecken – vom denkmalgeschützten Sanierungsobjekt bis hin zu moderner Flachdacharchitektur. Zudem wird es aufgrund des vielschichtigen Marktes zunehmend schwierig, generelle Aussagen zu treffen.

Welchen Aufgaben muss dabei im Holzbau nachgekommen werden?
Dringlichste Aufgabe ist die sorgfältige Ausführung von baulichen Details bei immer komplexeren Bauweisen. Diese Linie muss ohne Abstriche konsequent verfolgt werden. Seit Inkrafttreten der adaptierten Holzschutznorm (Önorm B 3802 „Holzschutz im Bauwesen – Teil 1 – 4“, Anm. d. Red.) zu Jahresbeginn hat sich die Situation insofern entspannt, dass nur mehr statisch tragende und/oder aussteifende Bauteile reglementiert sind. Die Holzfensternorm befindet sich noch in Überarbeitung. Festgeschrieben ist nun stärker, dass bauliche Maßnahmen vorrangig zu behandeln sind. Damit beschreiten wir zunehmend den Weg weg vom chemischen hin zum konstruktiven Holzschutz.

Ist die Holzbaubranche dieser Aufgabe gewachsen?
Die Fertighausindustrie kommt seit Jahrzehnten ohne chemischen Schutz aus. Natürlich muss individuell entschieden werden, welche Maßnahmen zu treffen sind. Moderne Holzarchitektur erfordert hochgradiges Fachwissen von Holzbauunternehmen und technisches Know-how. Wir veranstalteten ja eine Reihe von Seminaren. Hier zeigte sich, dass in der Branche gewaltiges Wissen vorhanden ist. Ja, die Branche ist der Herausforderung gewachsen.

Trotzdem, aus Ihrer Erfahrung: Welche Fehler passieren am häufigsten?
Erhöhte Aufmerksamkeit muss verständlicherweise allen Anschlussdetails gewidmet werden. Im Bereich Dachterrassen und Regenwasserableitungen ist ebenso Vorsicht geboten. Beim komplexen Thema des Fensteranschlusses spielt die Detailausführung eine wesentliche Rolle. Zum Thema Flachdachaufbauten liefert die HFA im Bereich der Bauphysik viele Details, wie man diese richtig ausführt. Rund um diese Bereiche gibt es noch fallweise Mängel.

Gibt es ein Beispiel, wie es richtig funktioniert?
Da gibt es Dutzende. Für mich ist es immer wieder beeindruckend, wenn ich einem 300 Jahre alten Balken gegenüberstehe. Da wird einem erst bewusst, was Holz über Jahrhunderte hinweg leisten kann. Für die moderne Holzbauweise kann ich die Siedlung am Mühlweg nennen. Aber auch der Holzturm am Pyramidenkogel verfolgt ein interessantes Konzept für konstruktiven Holzschutz.

Von der Vergangenheit in die Zukunft: Wo geht die Holzschutzreise hin?
Das Ziel bleibt immer gleich. Nur, Holzschutzmittel werden in Zukunft immer gezielter eingesetzt werden. Die Chemikaliengesetzgebung wird sich weiter verschärfen und darauf muss reagiert werden. Deshalb gilt es, Alternativen zu entwickeln. Sie sprachen Chemikalien an.

Wie lange bleibt Holz nach der Behandlung damit noch ein natürliches Produkt?
Die Menge an Holzschutzmitteln, die man einsetzt, ist im Vergleich zum Holzvolumen sehr gering. Bei Imprägnierverfahren verhält sich dies anders. Grundsätzlich gibt es große Ökologiebestrebungen, die Einsatzmengen zu optimieren. Davon unabhängig gilt sowieso seit Jahrzehnten, Holzschutz so sparsam wie möglich einzusetzen.

Woran wird aktuell geforscht?
Die Suche nach alternativen Holzschutzmitteln stellt sicherlich einen Forschungsschwerpunkt dar. Früher oder später werden bestimmte Mittel vom Markt genommen. Im Sektor Grundlagenforschung hierzu ist sicherlich noch ein längerer Weg zu beschreiten. Sowohl die Industrie als auch die Forschung sind dabei gefordert. Auch im Bereich der farblosen Beschichtungen tut sich einiges. Die laufenden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten lassen in den nächsten Jahren immer dauerhaftere Systeme erwarten, mit denen die natürliche Farbe des Holzes im Außenbereich erhalten werden kann. Zudem gibt es ein Projekt zur Verbesserung des Hagelwiderstandes sowie Arbeiten zu Terrassenbelägen, einem stark wachsenden Markt. An den Wiener Holzschutztagen widmet sich ein gesamter Themenblock „neuen Materialien“. Die Entwicklung von Holzwirkstoffen wird dabei genauso unter die Lupe genommen wie nanofibrillierte Zellulose in Holzbeschichtungen.

Vielen Dank für das Gespräch!