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6 m hoch und 13,5 m breit ist dieses PBA-3- Bearbeitungsportal von Hundegger © Hundegger

Der flinke Riese

Ein Artikel von Günther Jauk | 21.04.2016 - 16:15
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6 m hoch und 13,5 m breit ist dieses PBA-3- Bearbeitungsportal von Hundegger © Hundegger

Es ist mit Sicherheit ein gutes Zeichen für die gesamte Branche, wenn eines der ganz großen deutschen Bauunternehmen, die Ed. Züblin AG, beginnt, das Potenzial des Holzbaus zu erkennen. 2011 wurde der mittlerweile zur Strabag zählende Konzern Stephan Holzbau, Gaildorf/DE, integriert. Zwei Jahre später folgte Merk Timber, Aichach. Gemeinsam agieren die beiden Unternehmen mittlerweile als Züblin Timber und erzielten 2014 einen Umsatz im Ingenieurholzbau von 55 Mio. €. Erklärtes Ziel des Zusammenschlusses: führend im europäischen Ingenieurholzbau mitzumischen.
Auf eine Großinvestition in Gaildorf – eine BSH-Presse für Sonderbauteile – folgte der Bau einer neuen Abbundhalle für großformatiges Brettsperrholz in Aichach. Unter großformatig versteht man bei Züblin Timber bis zu 4,8 m hohe, 20 m lange und 30 cm starke Elemente. Die BSP-Herstellung erfolgt seit mittlerweile knapp 20 Jahren mit einer eigens konstruierten Presse. Den Abbund erledigen eine PBA 1 – ein Hundegger-Plattenbearbeitungszentrum der ersten Stunde – sowie ein KUKA-Abbundroboter.
Züblin Timber bedient nicht nur einen breiten Kundenstamm an Holzbaubetrieben und Fertighausherstellern, sondern agiert auch innerhalb des Strabag-Konzerns als Generalanbieter, vornehmlich für Großprojekte. Um auch in Zukunft den Ansprüchen seiner Kunden gerecht zu werden – oft sind es Aufträge aus dem anspruchsvollen Ingenieurholzbau –, war die Anschaffung einer neuen Abbundanlage unausweichlich. Am Ende eines langen Entscheidungs-prozesses stand wiederum eine Hundegger. Es ist die größte und vermutlich auch die ausgeklügeltste, die von den Hawangenern jemals gebaut wurde.

Eine neue Dimension: 25 t-Portale

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Die beiden Portale arbeiten nicht neben-, sondern miteinander © Hundegger

Leise wie ein Staubsaugerroboter gleiten die beiden 25 t schweren Portalbearbeitungszentren über die Schienen. Schwer vorstellbar, dass die Stahlkolosse, jeder misst 4,5 mal 13,5 m in der Fläche und 6 m in der Höhe, großformatiges Brettsperrholz millimetergenau abbinden. Auf der über 130 m langen Anlage finden bis zu sieben Elemente gleichzeitig Platz. Drei davon in der Warteschleife, zwei in Bearbeitung und zwei weitere fertig bearbeitete Platten in der Verladestation. Im Inneren der Portale, auf 100 mal 100 cm starken Stahlträgern aufgehängt, befinden sich die Aggregatsupporte. Auch sie übertreffen in Ausführung und Dimension alles bisher Dagewesene.

Soziale Arbeitsteilung

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Ausreichend Platz: Problemlos kann man die einzelnen Portale betreten. Im Bild: Dietmar Widmann von Hundegger und Andreas Amorth von Züblin Timber (v. li.) © Günther Jauk

Das wirklich Bemerkenswerte an der Anlage sind allerdings nicht die Dimensionen, sondern es ist die Idee, die dahintersteckt. Die beiden selbstständig agierenden Portale arbeiten nicht neben-, sondern miteinander. Grundsätzlich erledigt dabei Portal eins die Haupt- und Portal zwei die Feinarbeiten, wobei diese Aufteilung nicht streng getrennt ist. Bei Bedarf „hilft“ ein Portal dem anderen. „Genau in diesem Automatisierungsschritt lag für uns die große Herausforderung“, erklärt Hundegger-Marketingleiter Dietmar Widmann.

Die Hochleistungsaggregate

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Besonders massive und großformatige Werkzeuge an Hochleistungsaggregaten ermöglichen eine rasche und präzise Bearbeitung © Günther Jauk

Betritt man das Hauptportal (ohne sich zu bücken, s. Bild 3), findet man vier Aggregatsupporte. Zwei davon mit Fünfachsspindeln ausgestattet, greifen auf einen verfahrbaren 35-fach-Werkzeugwechsler zu. Eine davon, ein 55kW-Hochleistungsaggregat mit maximal 13.000 Upm, wurde für besonders hohe Vorschubgeschwindigkeiten bei der Bearbeitung mit großen Finger-Walzenfräsen konzipiert. Spindel zwei mit 38 kW Leistung und 6000 Upm erledigt vornehmlich Kreissägenarbeiten mit bis zu 40 cm Schnitttiefe. Beide Spindeln können mittels 720 °Drehung jegliche Freiformen problemlos bearbeiten. Außerdem ist die Bearbeitung der Werkstückunterseite bis 30 cm Tiefe möglich, ohne die Platte zu bewegen. Hierfür sorgt ein fächerartiger Bearbeitungstisch, der bei Bedarf zusammengefahren wird und so die Ränder der Plattenunterseite für die Bearbeitung freigibt. „Die vollständige Bearbeitbarkeit, ohne die Platte bewegen zu müssen, war für uns ein wichtiges Kriterium“, erklärt Züblin-Produktmanager Andreas Amorth.
Der dritte Aggregatsupport verfügt über ein 1,25 m-Tiefenlochbohrgerät. Ebenfalls um 360 ° drehbar, wird Züblin damit Ausnehmungen für Gewindestäbe und Installationsbahnen vorfertigen. Aggregatsupport vier – ein Kombisupport – ist mit zwei Bohraggregaten, einer schwimmenden Fräse und einer Laservermessung ausgestattet. Die schwimmende Fräse dient unter anderem zur Bearbeitung gekrümmter Sonderbauteile. Der Laser vermisst jedes Bauteil vor der Bearbeitung und ermittelt so die für die Bearbeitung nötigen exakten Bauteildimensionen.

Der Feinschliff

Portal zwei ist in erster Linie für Feinarbeiten zuständig. Eine 24 kW-Hochleistungsspindel hat Zugriff auf 35 Werkzeuge und wird bei Züblin Timber vornehmlich Fräsarbeiten in hoher Oberflächenqualität ausführen. Zur genauen Dimensions- und Lagebestimmung besitzt auch dieses Portal ein Laseraggregat. Ein dritter Support, ausgestattet mit einem Restholzpicker, greift die ausgeschnittenen Teile und trennt sie in thermisch und stofflich verwertbar. Gutholz gelangt zur Kommissionierung und der Rest direkt in den Hacker.
Derzeit arbeiten Hundegger und Züblin gerade an der Inbetriebnahme des Monsterprojektes. Lange wird es also nicht mehr dauern, bis das gigantische Abbundzentrum seine Arbeit aufnimmt. Auf die Frage, ob es für einen ersten Anwenderbericht in dem im Herbst erscheinenden Brettsperrholz-Special noch zu früh sei, antwortet Widmann wie folgt: „Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen, da dürfen Sie bestimmt gerne wieder in Aichach vorbeikommen.“